Hohe Lasten für Konzerne
Regierung gibt zu: Deutschland als Steuer-Standort nicht mehr konkurrenzfähig
Die Steuerabgaben für Konzerne sind in Deutschland im Vergleich zu anderen Industriestaaten sehr hoch. Das geht aus Zahlen des Finanzministeriums hervor.
Berlin – Statistiken können schonungslos sein. Weil sie den Finger in die Wunde legen. So unterstreicht eine neue Analyse, wie unattraktiv Deutschland als Steuer-Standort im internationalen Vergleich ist, berichtet die Wirtschaftswoche unter Berufung auf eine Antwort des Finanzministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Das Blatt schreibt in diesem Zusammenhang gar von einer „Katastrophe“.
Hervorgehoben wird die verhältnismäßig hohe Steuerlast für Unternehmen in der Bundesrepublik. Die Steuerquote lag demnach im Jahr 2021 bei 29,8 Prozent. Im Vergleich von 33 Industriestaaten ist das der dritthöchste Wert. Lediglich Japan lag mit 30,4 Prozent noch etwas höher. Spitzenreiter ist Malta mit sogar 35 Prozent, allerdings erstattet der Inselstaat einen Großteil der Steuern zurück. So blieben auf Malta für Unternehmen letztlich nur fünf Prozent Steuerlast, wie unter anderem das Handelsblatt schreibt.
Steuerlast für Unternehmen in Deutschland: Teilweise werden 35 Prozent aufgerufen
Bei den knapp 30 Prozent Steuerquote für Deutschland handelt es sich um einen Durchschnittswert, wie die Wirtschaftswoche betont. So wird auf höhere Gewerbesteuersätze in Städten wie Berlin oder Oberhausen verwiesen, wo bis zu 35 Prozent ans Finanzamt abzuführen sind. Beim Werben für die Ansiedlung neuer Unternehmen kann das ein noch schwererer Klotz am Bein sein.
Denn nicht weit entfernt sehen die Zahlen deutlich freundlicher für die Konzerne aus. Für Frankreich spuckt die Übersicht einen Wert von 26,5 Prozent im Durchschnitt aus. Österreich, die Niederlande und Belgien kommen jeweils auf 25 Prozent, Dänemark steht bei 22 Prozent, die Schweiz (Zürich), Polen und Tschechien wirken mit jeweils rund 19 Prozent im Vergleich wie Steuerparadiese.
Auch der Blick über den Atlantik hebt die Laune nicht. Kanada (Ontario) wird mit 26,5 Prozent Steuerquote geführt, in den USA (Staat New York) liegt der Wert bei 26,1 Prozent. So fällt es aus deutscher Sicht enorm schwer, für internationale Unternehmen als Standort ins Auge gefasst zu werden. Heißt also: Die Bundesrepublik ist im Werben um Konzerne kaum noch konkurrenzfähig.
Steuersenkung in Deutschland? FDP nennt „hohe Unternehmenssteuerbelastung“
Zwar verweist das von FDP-Chef Christian Lindner geführte Finanzministerium dem Bericht zufolge auf die Einführung der globalen Mindeststeuer von 15 Prozent, die ab dem Jahr 2024 „für alle international tätigen Unternehmen und große inländische Gruppen“ mit einem Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro greifen soll. Im Vergleich der Industrienationen macht Deutschland dadurch aber keinerlei Boden gut.
Das Lindner-Haus räumt demnach ein: „Die im internationalen Vergleich hohe Unternehmenssteuerbelastung hat Auswirkungen auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit.“ Zugleich bleibt es jedoch vage hinsichtlich möglicher Entlastungen der kränkelnden, weil in einer Rezession steckenden Wirtschaft. Niedrigere Steuern werden in der Ampel-Regierung kaum durchzusetzen sein, dagegen sträuben sich SPD und Grüne.
Steuerlast in Deutschland: Singles zahlen im Schnitt mehr als 48 Prozent
Doch nicht nur Unternehmen werden es sich wohl zweimal überlegen, sich in der Bundesrepublik niederzulassen. Auch für bestimmte Arbeitnehmer fällt die Steuerlast demnach besonders hoch aus. So würden OECD-Berechnungen ergeben, dass Ein-Personen-Haushalte in Deutschland unter allen verglichenen Industrieländern die zweithöchste Steuerlast tragen, wie das Lindner-Haus weiter schrieb.
Im Schnitt gingen für Singles im Jahr 2021 hierzulande 48,1 Prozent des Bruttoarbeitslohns für Sozialabgaben und Einkommens- sowie Lohnsteuer drauf. Dies toppt lediglich Belgien mit 52,6 Prozent. Darauf folgen Österreich (47,8), Frankreich (47) und Italien (46,5). Deutlich niedriger fällt die Steuerlast in den Niederlanden (35,3), in Großbritannien (31,3), in den USA (28,4) oder in der Schweiz (22,8) aus.
Einen Mittelfeldplatz nimmt Deutschland hingegen bei verheirateten Alleinverdienern mit zwei Kindern ein, die ein durchschnittliches Einkommen beziehen. Hier beträgt der Steuersatz 32,7 Prozent. Bei Verheirateten mit zwei Kindern, bei denen ein Partner ein Durchschnitteinkommen bezieht und der andere 67 Prozent des durchschnittlichen Einkommens, nimmt die Bundesrepublik mit 40,9 Prozent einen geteilten zweiten Platz hinter Belgien (45,2) ein.
Video: Wie kann ich mein zu versteuerndes Einkommen senken?
FDP und Steuersatz in Deutschland: „Investitionsbedingungen für Unternehmen verbessern“
Hier wirbt das Finanzministerium laut dem Bericht geradezu um Steuersenkungen. Denn: „Auf Seiten der Bürgerinnen und Bürger erhöht eine sinkende Abgabenbelastung die Nettolöhne und schafft Anreize zur Beschäftigungsaufnahme oder auch zur Verschiebung des Ruhestands.“ Und wirtschaftlich gelte: Unternehmen würden an „preislicher Wettbewerbsfähigkeit“ gewinnen, wodurch „die Investitionsfähigkeit und Innovationskraft der Unternehmen“ gestärkt werden könnte.
Angesprochen werden auch eine „Beschäftigungsausweitung und höhere Investitions- und Konsumtätigkeit“, die einen „Anstieg von Steuer- und Sozialbeitragseinnahmen und ggfs. Minderausgaben in der Grundsicherung für Arbeitssuchende und in der Arbeitslosenversicherung“ zur Folge hätten. Doch wirklich konkrete Ideen nennt das FDP-Ministerium demnach nicht. Vielmehr lautet das Versprechen sehr allgemein: „Die Bundesregierung arbeitet kontinuierlich daran, die Investitionsbedingungen für Unternehmen zu verbessern.“ (mg)
