Reaktion auf Ukraine-Krieg
Mehr Tempo für die Erneuerbaren - Ampel schafft umfangreiche Gesetzesnovellen
Die Ampelregierung will so schnell wie möglich auf grüne Energien umsteigen. Dafür hat sie umfangreiche Gesetzesnovellen beschlossen.
Berlin – Die Sorge um den Klimawandel ist das eine, der Krieg Russlands in der Ukraine das andere. Diese beiden Motive bringen die Koalition aus SPD*, Grünen* und FDP* dazu, den Ausbau der Erneuerbaren Energien stark zu beschleunigen. Fünf große Gesetzesnovellen hat deshalb das Bundeskabinett am Mittwoch beschlossen. In den nächsten Wochen werden sie im Bundestag und Bundesrat beraten. Hier Erklärungen zu zentralen Punkten.
Ampel-Regierung reagiert auf Ukraine-Krieg: 100 Prozent Ökostrom bis 2035
Bis 2030 will die Ampelregierung* erreichen, dass 80 Prozent des Stroms aus Wind-, Sonne- und Biomassekraftwerken kommen. Im Vergleich zu heute ist das eine Verdoppelung innerhalb von acht Jahren. In 13 Jahren (2035) soll nahezu die komplette Elektrizität aus Erneuerbarer Energie stammen. Dafür sind viel mehr Wind- und Solaranlagen nötig als bisher. Beim Wind werden beispielsweise zehn Milliarden Watt Leistung jährlich neu geplant – fünf Mal so viel wie in manchem früheren Jahr.
Ein wichtiges Mittel, um diese Ziele zu erreichen: Wind- und Solarkraftwerke sind künftig „im überragenden öffentlichen Interesse“ und „dienen der öffentlichen Sicherheit“, wie das Bundeswirtschaftsministerium des Grünen Robert Habeck *definiert. Klagen von Naturschützern oder Anwohnern vor Gericht hätten damit schlechtere Chancen.
Ampel-Regierung tritt bei Energiewende aufs Gas - zwei Prozent der Fläche für Windräder
Zwei Prozent der Fläche Deutschlands sollen für die Windenergie reserviert werden*. Bisher ist es etwa ein Prozent. Das sind Durchschnittswerte. Beispielsweise Schleswig-Holstein könnte 2,5 Prozent seiner Fläche bereitstellen, Bayern nur 1,5 Prozent. Diese Festlegung müssen die Länder dann verpflichtend erfüllen. Eine Variante der Umsetzung: Die Länder entscheiden selbst. Vermutlich träfen sie dann die Wahl, ob sie mehr Windkraftwerke in bisher geschützten Wäldern, in Naturschutzgebieten oder näher an Wohnsiedlungen genehmigen wollen. Bayern müsste seine Regel eventuell aufgeben, dass der Abstand von Wohngebäuden zu Windräder deren zehnfache Höhe nicht unterschreiten darf. Zweite Variante: Der Bund legt den Mindestabstand zwischen Siedlungen und Rotoren im Baugesetzbuch fest. Die Zustimmung des Bundesrates wäre möglicherweise nicht erforderlich. Offenbar weiß die Ampel noch nicht, welchen Weg sie gehen will.
Mehr Tempo für die Erneuerbaren - Hausbesitzer sollen mehr von Solardächern profitieren
Immobilienbesitzer, die selbst produzierten Strom von Solardächern ins öffentliche Netz einspeisen, können sich auf eine höhere Vergütung freuen. Das soll zu einem Boom der Dachanlagen führen. Sogenannte Bürgerenergie-Projekte – beispielsweise Windparks in Eigenregie der Anwohner – werden erleichtert. Stromkunden werden vor schnellen Kündigungen durch ihre Anbieter geschützt. Außerdem will die Ampel die Ökostrom-Umlage in den Elektrizitätsrechnungen abschaffen, was Durchschnittshaushalte um gut 100 Euro jährlich entlastet.
Ampel-Regierung: Beschleunigung auch beim Stromtrassenausbau in Deutschland
Ein besonderes Thema in Deutschland ist der Bau der Stromtrassen, die etwa den Windstrom von den nördlichen Küsten nach Bayern und Baden-Württemberg leiten. 13 Jahre nach dem Beschluss über das Energieleitungsausbaugesetz ist ein Drittel der Leitungen immer noch nicht fertig. Nun versucht es die Regierung erneut mit Beschleunigung. Bei neuen Vorhaben will man auf bestimmte Verfahrensschritte verzichten.
Nach diesem Osterpaket sollen weitere Gesetzesnovellen folgen. Dabei geht es unter anderem um die bessere Dämmung von Neubauten, um Energie zu sparen. Gasheizungen sollen zurückgedrängt und mehr mit Ökostrom betriebene Wärmepumpen in Wohngebäude eingebaut werden. (Hannes Koch) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA