Anklage in den USA
Shopping-Gigant Amazon: Neue Details über Vorwürfe wegen illegaler Methoden
Amazon wird in den USA aufgrund von vermeintlich illegalen Aktivitäten verklagt. Neue Infos über die Vorwürfe werfen ein schlechtes Licht auf den Shopping-Riesen.
Seattle/München - Die Marktmacht von Tech-Konzernen wie Amazon ist Wettbewerbshütern schon länger ein Dorn im Auge. Im September hat die US-Kartellbehörde FTC mit 17 US-Bundesstaaten gegen den Online-Shopping-Riesen eine Wettbewerbsklage eingereicht: Es geht um illegale Methoden, mit denen der Konzern die Konkurrenz geschwächt und seine Monopolstellung verfestigt hat.
Die Vorwürfe handeln von wettbewerbswidrigen und unfairen Strategien, um den Gewinn zu erhöhen und gleichzeitig das gesamte Marktgeschehen zu dämpfen. In der bereits bekannten Anklageschrift sind neue Details ans Tageslicht gekommen, die massiv am kundenfreundlichen Image von Amazon kratzen. Bis dato geschwärzte Passagen des 172 Seiten umfassenden Dokuments sind nun auch der Öffentlichkeit zugänglich, wie Heise.de schildert.
Amazon: Shopping-Riese sieht sich in den USA mit Mega-Klage konfrontiert
Die amerikanische Behörde hat ermittelt, dass Amazon auf illegale Weise die Einnahmen deutlich steigerte, während bei Verbrauchern die Suchergebnisse „vermüllt“ wurden und neben preislichen Nachteilen auch deren Zeit verschwendet wurde. „Akzeptiert mehr Müll“, soll Ex-Amazon-Chef Jeff Bezos gegenüber verantwortlichen Managern befohlen haben und meinte damit den Angaben zufolge irrelevante, aber bezahlte Reklame bei den Suchergebnissen.
Selbst gut bewertete Händler seien so gezwungen worden, bezahlte Werbeplätze zu buchen, damit Kunden sie schnell auffinden können. In der Folge stiegen die Werbeeinnahmen des weltgrößten Online-Shops um Milliarden von US-Dollar. Selbst Amazon-Manager lassen in dem Dokument wissen, dass sie die Flut an irrelevanter Werbung für Verbraucher als schädlich erachten.
Die Anklage der FTC (Federal Trade Commission) gegen Amazon umfasst weitere Vorwürfe, die gerichtlich aufgearbeitet werden. Warum die neuen Details der Klage erst jetzt publik werden: Das Bundesbezirksgericht in Seattle (US-Staat Washington) genehmigte laut dem Bericht mehr Offenlegung in dem Verfahren.
Amazon-Vorwürfe: Algorithmen für die Marktmacht, gegen Händler und Verbraucher
Neben dem Thema Marktplatz und Werbung beinhaltet die Anklageschrift auch den Vorwurf illegaler Methoden zur Festigung einer Monopolstellung. Amazon habe seine Marktmacht dazu genutzt, um irregulär Geschäftsfelder zu kontrollieren: Ein Algorithmus überwachte die Preissenkungen von Konkurrenten und setzte diese prompt auch im eigenen Online-Shop um, die Rede ist vom gleichen Wert bis auf den Cent-Betrag. Ein weiterer Algorithmus („Nessie“) soll bei Amazon systematisch Preise in die Höhe getrieben haben und analysiert, inwieweit die Wettbewerber nachziehen. Die KI-Programmierung habe den Amazon-Gewinn zwischen 2016 und 2018 um über eine Mrd. US-Dollar gesteigert.
Ein weiterer Anklagepunkt dreht sich um hohe Gebühren im Zuge selbst verpackter Artikel (Fullfilled by Amazon): Händler durften nur dann am populären Amazon-Prime-Programm teilnehmen, wenn diese ihre Waren von Amazon verpacken lassen. So konnte der Shopping-Riese nach stetig steigenden Gebühren zuletzt 40 Prozent des Gesamtpreises einbehalten, obwohl andere Dienstleister (Sender Fulfilled Prime) günstiger gewesen wären. Nach einer Pause von der Pflicht auf FBA wurde die Möglichkeit auf Fremdanbieter 2019 erstmal eingestellt - angeblich, weil Händler in diesen Fällen länger für die Lieferung brauchen. Laut Anklage ist dieser Vorwand jedoch erfunden, die Versandauflagen seien zu 99,8 Prozent erfüllt worden.
Amazon verdient durch Gebühren viel Geld mit selbst verpackten Artikeln
Das Management bei Amazon habe zudem erkannt, dass auch der Wettbewerbsdruck steigt, wenn Händler ihre angebotene Ware statt bei Amazon in eigenen oder auch Fremdlagern horten: Denn dann können auch solche Bestellungen bedient werden, die über andere Online-Shops erfolgen. Das SFP reduzierte also zum einen die Einnahmen von Amazon, darüber hinaus fürchtet das Unternehmen Drittanbieter, die in diesem Bereich wachsen, günstiger sind und aufgrund besserer Konditionen die Konkurrenz stärken.
Zu seiner Verteidigung wählt Amazon eine offensive Strategie, wirft der FTC mitunter Irreführung vor und dass Fakten und Rechtslage falsch dargestellt werden. Schon länger sieht sich der Konzern in den Vereinigten Staaten und auch Europa Gegenwind ausgesetzt: In mehrerlei Hinsicht zeigte sich, dass die geschäftlichen Interessen - und das Wohl der Aktionäre - über jenen der Kunden und Kundinnen steht. Dabei geht es auch um Steuervermeidung. Im Zuge dessen werden bzw. wurden auch unlautere Methoden angewendet.
Derweil greift Amazon mittlerweile auch in die Telekommunikationsbranche ein. (PF)
Rubriklistenbild: © Steinach/Imago
