CO₂-Preise steigen
Klimageld ab 2025: Länder erhöhen den Druck auf die Ampel – 139 Euro pro Person könnte es geben
Die Bundesregierung hatte eigentlich im Koalitionsvertrag die Einführung des Klimageldes zur Abfederung der steigenden Energiepreise vereinbart. Die Grünen zeigen jetzt Flagge und sagen: Nächstes Jahr kommt es.
Berlin – Das Klimageld bleibt ein Streitthema in der Bundesregierung: Das im Koalitionsvertrag angekündigte Geld für alle Bürgerinnen und Bürger soll eigentlich dazu dienen, die steigenden Energiepreise abzufedern. Doch bisher konnte sich die Koalition nicht auf einen Auszahlungstermin einigen. Die technischen Voraussetzungen soll es dafür ab Ende diesen Jahres geben. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat jedoch bisher eine Auszahlung vor der nächsten Bundestagswahl abgelehnt.
Jetzt bekommen Lindner und die Ampel-Koalition nochmal Gegenwind von den Bundesländern. Am Freitag (22. März) fasst der Bundesrat einen Beschluss, der die Regierung dazu auffordert, das Klimageld ab kommendem Jahr auszuzahlen. Und auch die grüne Bundestagsfraktion bezieht Stellung und will das Klimageld endlich umsetzen.
139 Euro Klimageld geht an Bürgergeld-Empfänger
„Das Klimageld verbindet Gerechtigkeit und Klimaschutz. Wir wollen es so bald wie möglich auszahlen“, sagte der Vize-Fraktionschef der Grünen im Bundestag, Andreas Audretsch gegenüber dem Tagesspiegel am Freitag. Am selben Tag hat der Bundesrat die Ampel dazu aufgefordert, spätestens 2025 mit der Auszahlung des Klimageldes zu beginnen.
Wie viel Geld das am Ende sein könnte, das will ein Bündnis aus Umwelt- und Sozialverbänden mit einem neuen Test zeigen: Per Losverfahren will sie 1000 Empfänger von Sozialleistungen wie Bürgergeld und Wohngeld ein Klimageld auszahlen, um zu zeigen, wie es geht. 139 Euro sollen die Auserwählten dann jeweils bekommen.
Helena Steinhau, die Gründerin des Vereins Sanktionsfrei, die an dem Bündnis angeschlossen ist, der sich für eine Grundsicherung ohne Sanktionen einsetzt, erklärte: „Wer wenig verdient oder Bürgergeld bezieht, lebt schon heute konform mit dem 1,5-Grad-Ziel von Paris.“ Bei der Klimakonferenz in Paris hatte sich die Weltgemeinschaft das Ziel gesetzt, die Erderwärmung, wenn möglich auf weniger als 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Ärmere Menschen verursachten die wenigsten Emissionen, trügen aber die höchste Last der Transformation, sagte Steinhaus. „Das ist in jeder Hinsicht ungerecht.“ Zu den Mitgliedern des Bündnisses gehören neben dem Paritätischen Gesamtverband und Sanktionsfrei auch Fridays for Future, Campact, Oxfam und der BUND.
Ökonom unterstützt das Vorhaben: 139 Euro Klimageld eine „spürbare Summe“
Und auch der führende Ökonom und Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, befürwortet das Vorhaben, das er wissenschaftlich begleitet. „Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Haushalte mit niedrigen Einkommen grundsätzlich deutlich stärker durch den CO₂-Preis belastet werden als Wohlhabende“, sagte er. Das Klimageld könne für eine stärkere Entlastung von niedrigen Einkommen sorgen und werde mit steigenden CO₂-Preisen immer wichtiger.
Fehlende Akzeptanz in der Gesellschaft sieht Fratzscher als größte Hürde für erfolgreichen Klimaschutz. „Das Klimageld ist Teil des Koalitionsvertrags, es ist ein Versprechen der Bundesregierung, das sie bisher noch nicht erfüllt.“ Dass die Einnahmen durch höhere CO₂-Preise nicht verfügbar seien, weil sie in Subventionen für die Industrie flossen, dürfe kein Argument sein, dieses Versprechen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern zu brechen.
Nach Aussagen von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ist ab 2025 technisch eine Pro-Kopf-Auszahlung möglich. Jeder Bürger sollte Geld vom Staat zurückbekommen. Das würde allerdings Milliarden kosten. Es ist unklar, ob und wann die Koalition ihre Ankündigung umsetzt.
Eine Kopfpauschale sei ein gutes Instrument, weil es Transparenz schaffe, so Fratzscher. Für Menschen mit sehr geringem Einkommen sei ein Betrag von 139 Euro eine „spürbare Summe“. Das Thema sei sehr komplex, man solle sich bei der Gestaltung nicht nur am Einkommen orientieren, sondern weitere Faktoren berücksichtigen. So seien Menschen in ländlichen Regionen oder schlechter isolierten Wohnungen stärker durch höhere Energiepreise belastet. Das Bündnis plädiert für eine soziale Staffelung des Klimagelds, also höhere Beträge für ärmere Menschen. Das wäre zwar komplizierter, räumte Steinhaus ein. „Aber es wäre auch gerechter.“
Mit Material von dpa
Rubriklistenbild: © IMAGO/Petra Nowack
