Zusammenprall führte zur Entstehung des Mondes
Befinden sich Reste eines fremden Planeten im Inneren der Erde?
Durch die Kollision zwischen der Erde und dem Proto-Planeten Theia entstand der Mond. Doch das ist nicht alles, wie eine neue Studie zeigt.
Pasadena – Vor etwa 4,5 Milliarden Jahren kollidierte die in der Entstehung befindliche Erde mit dem Protoplaneten Theia – aus dieser Kollision entstand der Mond. So weit ist sich die Forschung relativ einig. Doch wohin sind die Teile von Theia verschwunden, die nicht zum Mond wurden? Der Forscher Qian Yuan vom California Institute of Technology (Caltech) und der Arizona State University hat bereits seit Jahren eine Theorie: Bruchstücke von Theia befinden sich im Inneren der Erde.
In einer neuen Studie, die im Fachjournal Nature veröffentlicht wurde, will Yuan gemeinsam mit einem internationalen Forschungsteam zeigen, dass sich tief im Erdmantel – unter dem Pazifik und unter Afrika – Teile des Protoplaneten Theia befinden. Dort gibt es tatsächlich Anomalien, die der Forschung bereits vor längerer Zeit aufgefallen sind: Zwei etwa Kontinent-große Regionen verlangsamen seismische Wellen in einer Tiefe von etwa 2900 Kilometern. In der Fachwelt werden sie „large low-shear-velocity provinces“ (LLVP) genannt, also „große Provinzen mit niedriger Schergeschwindigkeit“.
Teile des Proto-Planeten Theia sollen sich im Erdinneren befinden
Worum es sich bei den beiden LLVPs handelt, ist bisher ungeklärt – doch die Studie von Yuan und seinem Team könnte das ändern. Die Forscherinnen und Forscher schreiben: „Wir zeigen, dass LLVPs möglicherweise vergrabene Relikte von Theia-Mantelmaterial darstellen, das im Mantel der Proto-Erde nach dem mondbildenden Zusammenprall erhalten blieb. Unsere Simulationen zeigen, dass ein Teil des Theia-Materials in den festen unteren Mantel der Proto-Erde gelangt sein könnte.“
In ihren Simulationen erhalten Yuan und sein Team für die absinkenden Bruchstücke von Theia eine Dichte, die um zwei bis dreieinhalb Prozent höher liegt als die Dichte des Erdmantels – ganz ähnlich wie die Dichte, die seismische Untersuchungen für die realen Anomalien im Erdmantel zeigen. Die höhere Dichte würde erklären, wieso das Material nach unten sank.
Nach dem Zusammenstoß von Theia und Erde entstand der Mond
Nach Angaben des Teams sind nach dem Zusammenstoß zwischen Theia und der Erde mehrere Kilometer große Bruchstücke des Proto-Planeten ins Erdinnere gesunken und haben sich dort zu größeren Gebilden vereinigt. Die Simulationen zeigen ebenfalls, dass solche größeren Verdichtungen über viereinhalb Milliarden Jahre – also bis in die heutige Zeit – erhalten bleiben können. Da es bisher nicht möglich ist, ins Innere der Erde vorzudringen – das tiefste Bohrloch ist etwa 12 Kilometer tief – können die mutmaßlichen Überreste von Theia im Erdinneren nur indirekt erforscht werden.
Die Studie ist nicht nur für das Erde-Mond-System relevant, wie das Forschungsteam betont: „Da große Einschläge in der Endphase der Planetenentstehung häufig vorkommen, könnten ähnliche, durch Einschläge verursachte Mantel-Heterogenitäten auch im Inneren anderer Planeten vorhanden sein“, heißt es in der Studie. (tab)
Rubriklistenbild: © Hernán Cañellas/Springer Nature

