Start in Europa
Deutscher Raketenhersteller erhält Startlizenz – „Bahnbrechender Moment für die europäische Raumfahrt“
Eine Orbitalrakete könnte erstmals in Europa starten – die Lizenz dafür wurde an ein deutsches Unternehmen vergeben. Der Startschuss soll noch 2025 fallen.
Augsburg – Wer an Raumfahrt und Raketen denkt, denkt unweigerlich an die USA. Das Raumfahrtunternehmen SpaceX von Milliardär Elon Musk ist in aller Munde und hat den Zugang zum Weltraum mit seiner wiederverwendbaren „Falcon 9“-Rakete günstiger gemacht. Im Jahr 2024 hat SpaceX die meisten Raketenstarts durchgeführt und die meisten Satelliten ins Weltall befördert.
Rocket Factory Augsburg (RFA) will von Schottland aus ins Weltall fliegen
Doch auch in Deutschland gibt es Raketenbauer. Rocket Factory Augsburg (RFA) ist ein führendes europäisches Unternehmen im Raketenbau, das an einer dreistufigen Trägerrakete arbeitet. Noch im vergangenen Jahr ist die Rakete „RFA ONE“ bei einem Heißbrandtest („hot fire test“) explodiert. Jetzt gibt das Unternehmen bekannt, dass es die Startlizenz für die Trägerrakete von der britischen Zivilluftfahrtbehörde CAA erhalten hat. Damit seien alle wichtigen behördlichen Genehmigungen erteilt, die für einen Testflug im Jahr 2025 von Schottland aus erforderlich seien.
Die Rakete „RFA ONE“
Rocket Factory Augsburg arbeitet an der Trägerrakete „RFA ONE“. Die etwa 30 Meter hohe Rakete soll aus drei Raketenstufen bestehen. Die erste Stufe wird von neun eigens entwickelten Helix-Triebwerken angetrieben, die zweite Stufe verwendet ein modifiziertes Helix-Triebwerk. Die dritte Raketenstufe ist ein Orbital Transfer Vehicle namens „Redshift“, das letztendlich Satelliten in der Erdumlaufbahn platziert. Die erste Raketenstufe soll wiederverwendbar sein.
Maximal 1300 Kilogramm Fracht soll die „RFA ONE“ in einen 500 Kilometer hohen sonnensynchronen Orbit (SSO) wuchten können, bei höheren Umlaufbahnen wird die maximale Fracht geringer.
RFA erhält als erstes Unternehmen in Europa eine Startlizenz für eine privat entwickelte Orbitalrakete
Wie RFA mitteilt, ist das Unternehmen das erste in Europa, das eine solche Lizenz für vertikale Starts einer privat entwickelten Orbitalrakete erhält. Das Ziel des Unternehmens ist es demnach, noch 2025 einen ersten Testflug vom SaxaVord Spaceport auf der schottischen Insel Unst zu unternehmen.
„Dies ist ein bahnbrechender Moment für RFA und für die europäische Raumfahrtindustrie“, sagt der RFA-Mitbegründer Jörn Spurmann. „Der Erhalt der allerersten europäischen Startlizenz außerhalb des Esa-Standortes Kourou ist nicht nur ein regulatorischer Meilenstein – er ist eine starke Bestätigung unserer technischen Exzellenz und ein Wendepunkt für die europäische Raumfahrtinnovation“, so Spurmann weiter. „Diese Lizenz ist ein mutiger Schritt Europas hin zu einem unabhängigen, wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Zugang zum Weltraum.“
Rocket Factory Augsburg will „kosteneffiziente und flexible Starts von Kontinentaleuropa aus ermöglichen“
Wenn europäische Unternehmen Frachten ins Weltall schicken wollen, schauen sie derzeit meist in Richtung USA, wo vor allem SpaceX mit seinem „Rideshare“-Programm ein wichtiger Ansprechpartner für den Start kleiner Satelliten ist. Doch seit der Weltraum immer wichtiger wird, strebt Europa nach einer größeren Autonomie in diesem Bereich. Nun scheint RFA einen großen Schritt in diese Richtung zu unternehmen. Das Unternehmen will „einen zuverlässigen und wettbewerbsfähigen Startdienst für Kleinsatelliten direkt von Kontinentaleuropa aus anbieten“, wie es in einer Mitteilung heißt.
Spurmann formuliert es so: „Indem wir kosteneffiziente und flexible Starts von Kontinentaleuropa aus ermöglichen, legen wir den Grundstein für eine neue Ära der Weltraumforschung und -kommerzialisierung und stellen sicher, dass Europa im weltweiten Wettlauf um den Weltraum an der Spitze bleibt.“
Im vergangenen Jahr hat ein anderer deutscher Raketenbauer erstmals seine Rakete gestartet, die mit Kerzenwachs fliegt. Und auch sonst herrscht in Deutschland Pionierstimmung in der Raumfahrt. (tab)
