Weltraumstrahlung als Gefahr
Mars-Mission als gesundheitlicher Albtraum – „Auf dem Rückweg benötigen Astronauten eine Dialyse“
Die lange Reise zum Mars könnte für Astronauten zum Albtraum werden. Eine neue Studie zeigt alarmierende Auswirkungen der Weltraumstrahlung.
London – Wenn es nach der US-Raumfahrtorganisation Nasa geht, sollen bereits in den 2030er Jahren erstmals Menschen zum Mars fliegen. Doch die Reise zum roten Planeten dauert Monate, dazu kommt noch der Forschungsaufenthalt auf dem Mars. Bedenkt man, dass Astronauten bereits bei kurzen Aufenthalten im niedrigen Erdorbit gesundheitliche Probleme bekommen können – was macht eine jahrelange Reise zum Mars dann mit dem menschlichen Körper?
Eine neue Studie, die sich nur mit der Niere und den Auswirkungen der Weltraumstrahlung beschäftigt, kommt zu einem alarmierenden Ergebnis. Ein Forschungsteam vom University College in London (UCL) hat die Nieren von Menschen und Tieren, die im All waren, untersucht und dabei etwas festgestellt: Die Nieren werden durch die Bedingungen im Weltall „umgebaut“. Bestimmte Nierentubuli, die für die Feinabstimmung des Kalzium- und Salzhaushalts verantwortlich sind, zeigen nach weniger als einem Monat im Weltraum Anzeichen von Schrumpfung.
Diese Dinge wurden auf dem Mars entdeckt – sie gehören dort nicht hin




Was macht eine lange Mars-Mission mit dem menschlichen Körper?
Keith Siew, der Leiter der in Nature Communications veröffentlichten Studie, erklärt: „Wir wissen, was mit den Astronauten auf den bisher durchgeführten relativ kurzen Weltraummissionen passiert ist, nämlich eine Zunahme von Gesundheitsproblemen wie Nierensteinen. Was wir nicht wissen, ist, warum diese Probleme auftreten und was mit Astronauten auf längeren Flügen, wie der geplanten Marsmission, passieren wird.“
Gesundheitliche Probleme im Weltraum
Einige gesundheitliche Probleme, die bei Astronauten nach Weltraumaufenthalten festgestellt wurden: Abnahme der Knochendichte, Knochenschwund, Schwächung des Herzens und der Sehkraft, Bildung von Nierensteinen.
Die Strahlung im Weltall ist enorm. Ein Jahr auf der Internationalen Raumstation (400 km Höhe) setzt Menschen einer Strahlendosis aus, die 50 Prozent über dem Fünfjahresgrenzwert für Kernenergie-Arbeiter liegt. Die private Raumfahrtmission „Inspiration4“ flog 200 Kilometer höher als die ISS. Die Besatzung bekam innerhalb von drei Tagen so viel Strahlung ab, wie bei einem neunmonatigen Aufenthalt auf der ISS.
Ein Jahr auf der Oberfläche des Mars würde einen Menschen so viel Strahlung aussetzen, wie einen Augenzeugen der Atombombe von Hiroshima. Eine drei Jahre dauernde Mars-Mission würde die sechsfache Strahlung bedeuten.
Forscher rechnen mit Nierenversagen bei langer Mars-Mission
Um dies zu ergründen, wurden Mäuse in der Studie simulierten galaktischen kosmischen Strahlen ausgesetzt, die einer 1,5- beziehungsweise 2,5-jährigen Mars-Mission entsprachen. Das beunruhigende Ergebnis: Die Nieren der Mäuse, die der Strahlungsmenge von 2,5 Jahren ausgesetzt waren, wurden dauerhaft geschädigt und funktionierten nicht mehr.
Siew ist überzeugt: „Wenn wir keine neuen Methoden zum Schutz der Nieren entwickeln, würde ich sagen, dass ein Astronaut es zwar zum Mars schaffen könnte, aber auf dem Rückweg eine Dialyse benötigt.“ Er fügt hinzu: „Wir wissen, dass die Nieren erst spät Anzeichen von Strahlenschäden zeigen; wenn sich dies bemerkbar macht, ist es wahrscheinlich zu spät, um ein Versagen zu verhindern, was für die Erfolgschancen der Mission katastrophal wäre.“
Schutz für die Niere für Mars-Missionen könnte auch Menschen auf der Erde helfen
Das Forschungsteam betont jedoch auch, dass nun nach einer Lösung für das neu entdeckte Problem gesucht werden kann. Co-Autor Stephen B. Walsh betont: „Unsere Studie unterstreicht die Tatsache, dass bei der Planung einer Weltraummission die Nieren eine große Rolle spielen. Man kann sie nicht mit Abschirmungen vor der galaktischen Strahlung schützen, aber wenn wir mehr über die Biologie der Nieren erfahren, ist es vielleicht möglich, technische oder pharmazeutische Maßnahmen zu entwickeln, die längere Weltraumreisen erleichtern.“
Walsh weist darauf hin, dass auch Menschen auf der Erde von diesen Entwicklungen profitieren könnten: „Medikamente, die für Astronauten entwickelt werden, können auch hier auf der Erde von Nutzen sein, indem sie zum Beispiel die Nieren von Krebspatienten in die Lage versetzen, höhere Dosen der Strahlentherapie zu vertragen, denn die Nieren sind einer der limitierenden Faktoren in dieser Hinsicht“. (tab)
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