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Rainer Maria Schießler

Bald verheiratete Pfarrer? „Wer gegen das Zölibat verstößt, ist kein Versager“

Rainer Maria Schießler im Gespräch mit dem Münchner Merkur im Pfarrbüro seiner Heimatgemeinde St. Maximilian in der Münchner Isarvorstadt.
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Rainer Maria Schießler im Gespräch mit unserer Redaktion im Pfarrbüro seiner Heimatgemeinde St. Maximilian in der Münchner Isarvorstadt.

„Gelüste sind keine Sünde“, sagt Pfarrer Schießler. Er selbst liebt eine Frau, sieht aber keinen Widerspruch zum Zölibat. Dessen Ende werde es ohnehin „ganz sicher geben“.

München – Rainer Maria Schießler ist ein besonderer Pfarrer. Der Priester aus München gilt als mahnender Zeigefinger der katholischen Kirche; als Geistlicher, der immer wieder für den Vatikan unbequeme Dinge anspricht. Etwa mit Blick auf die Rolle der Frau oder die Segnung homosexueller Paare. Die Münchner danken es ihm: Seine Gottesdienste in der Kirche St. Maximilian gehören zu den bestbesuchten der Stadt. Die Kirche liegt im Münchner Glockenbachviertel, einem progressiven Szeneort. Schießler fühlt sich dort pudelwohl; auch, weil er dort so sein kann, wie er ist – und seine Beziehung zu einer Frau nicht verheimlichen muss. Beziehung zu einer Frau? Als Pfarrer?

Pfarrer Schießler hat Beziehung: „Mit Sicherheit ist es Liebe“

„Ich habe zu vielen Frauen Beziehungen“, sagt Schießler im Interview mit unserer Redaktion. „Zu einer Frau habe ich ein besonderes Freundschaftsverhältnis aufgebaut, das sehr, sehr nahe ist. Wir haben uns vor 30 Jahren kennen und schätzen gelernt.“

Man könne in diesem Zusammenhang „absolut“ von einer Beziehung sprechen, erklärt Schießler auf Nachfrage. „Wir sind füreinander da, werden immer füreinander sorgen und zusammen alt werden.“ Und weiter: „Ja, mit Sicherheit ist es Liebe. Liebe in einer Form, die ich anderen gar nicht so erklären kann und übrigens auch nicht muss; Liebe in einer Höchstform an Verantwortung für einander.“

„Zölibat bedeutet nicht Verurteilung zur Einsamkeit“

Schießler sieht in dieser Beziehung auch keinen Widerspruch zum Zölibat, dem zufolge Geistlichen weder Ehe noch sexuelle Beziehungen erlaubt sind. „Das zölibatäre Leben bedeutet nicht Verurteilung zur Einsamkeit“, argumentiert Schießler. Denn Sexualität sei mehr als Geschlechtsverkehr. „Sexualität ist jede Begegnung mit einem anderen Geschlecht. Das fängt schon mit Mimik und Gestik an. Für mich war es immer besonders, jemandem nahezukommen, zu berühren, in den Arm zu nehmen.“

Konservative Vertreter der katholischen Kirchen sehen das wohl etwas anders. Sie verstehen das Zölibat als komplette Hingabe zum Leben mit Gott. Eine Frau habe da keinen Platz. Auch Schießler sagt: „Mit dem Zölibat weist der Mensch im irdischen Leben über sich hinaus auf ein Leben mit Gott.“ Dennoch könne man ja Beziehungen eingehen. Das eine schließe das andere nicht aus.

Rainer Maria Schießler (links) spielt die Rolle eines Generalvikars in der BR-Kultserie „Dahoam is Dahoam“. Dort bekommt er es aktuell auch auf fiktiver Ebene mit dem Zölibat zu tun. Der Dorfpfarrer Naveen (Mitte) lässt sich auf ein Verhältnis mit der örtlichen Apothekerin ein und verheimlicht es aus Angst, seinen Job zu verlieren.

Reform des Zölibats: „Wir bewegen uns schnurstracks auf den verheirateten Priester hin“

Ohnehin sei die katholische Kirche „hier auch weiter“, beobachtet der gebürtige Münchner. „Wir bewegen uns gerade schnurstracks auf den verheirateten Priester hin. Den wird es geben, wenn die zölibatäre Lebensweise als eine echte, freie Möglichkeit angesehen wird – und nicht mehr als Pflicht.“ Schießler ist überzeugt: „Das Ende des Pflichtzölibats wird es in der katholischen Kirche ganz sicher geben.“

Wann? „Keine Ahnung, ich bin kein Prophet. Aber wir merken ja so langsam, dass auch ein sexuell aktiver, in einer ehelichen Beziehung lebender Mann ein sehr guter Priester sein kann.“ Als erster Schritt Richtung Reformen könnte man das Modell der Diakonie übernehmen. Auch verheiratete Männer können aktuell zum Diakon geweiht werden. „Für den Priesterberuf könnte gelten: Verheiratete können Priester werden. Ebenso wie Unverheiratete, die es bleiben wollen.“

Bis das der Fall sein wird, ist es wohl noch ein weiter Weg. „Es ist eine Entscheidung, die von innen herauskommen muss und nicht, weil die Mehrheit dafür ist“, sagt Schießler. „Das ist bei der katholischen Kirche eben so. Das braucht seine Zeit. Aber diese Zeit wird kommen.“

 

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