Schock für Schoko-Liebhaber
Aus für „echte“ Mozartkugel? Salzburger Schokoladenfabrik sperrt Ende 2024 zu
Es war eine Horrormeldung für die 65 Beschäftigten der ‚Salzburger Schokoladenfabrik‘: Ende dieses Jahres wird die Fabrik in Grödig geschlossen, nachdem sie erst im Februar 2022 von der KEX-Gruppe rund um Julius Meinl mit Sitz in Bukarest übernommen worden war. Als Gründe werden die gestiegenen Rohstoffpreise, aber auch den Wegfall einer der größten Kunden genannt. Die Gewerkschaft kritisiert, dass das Unternehmen nicht investiert und den Betrieb nicht modernisiert hat.
Grödig bei Salzburg - Aus Firmenkreisen heißt es, dass man intensiv versucht habe, die Produktion in Grödig zu sichern, aber der Absprung eines langjährigen, großen Kunden und die Verdreifachung der Kakaopreise habe nun zum Aus geführt. Eine offizielle Presseerklärung der KEX-Gruppe mit Sitz in Bukarest gibt es nicht, Kunden des Werksverkaufs in Grödig decken sich noch mit Mozartkugeln und anderen Süßwaren des Herstellers ein. Auf der offiziellen Website des Unternehmens sind die letzten Einträge vom 7. Februar 2022. Im KEX-Management sitzt unter anderem Julius Meinl als Vorsitzender, seine Dachfirma, das „House Of Julius Meinl“ ist in London registriert.
Öffentlich geworden ist die Schließung jetzt durch eine Betriebsversammlung, in der die verbliebenen, 65 Mitarbeiter von der Schließung des Werks informiert wurden. Die zuständige Produktiions-Gewerkschaft (Pro-Ge) fordert nun einen Sozialplan für die Beschäftigten und kritisiert das Management: „Leider hat man es verabsäumt, in den vergangenen Jahrzehnten durch entsprechende Investitionen und Modernisierungsmaßnahmen den Standort abzusichern“, so PRO-GE Landesgeschäftsführer Daniel Mühlberger. Die Geschäftsleitung habe sich für einen anderen Weg entschieden. „Nun erwarte ich mir, dass das Unternehmen seiner sozialen Verantwortung nachkommt und mit uns einen ordentlichen Sozialplan für die Beschäftigten ausverhandelt“.
Kommunisten: Benko-Modell für Schokoladenfabrik?
Die KPÖ im Salzburger Landrat vermutet als Grund für die Schließung der Schokoladenfabrik Bodenspekulation. So sollen die neuen Eigentümer seit der Übernahme vor zwei Jahren sehr an einer Umwidmung der Gewerbefläche in lukratives Bauland interessiert gewesen.
Experten zufolge dürfte die Fläche als Gewerbegrund etwa 14 Millionen Euro wert sein, als Bauland wohl das Doppelte. „Es scheint, als wolle man hier das Benko-Modell anwenden: Man kauft ein Unternehmen nur wegen seiner Grundstücke, möglicherweise ohne die Absicht, den Betrieb weiterzuführen. Was mit den Mitarbeitern passiert, ist egal, Hauptsache der Profit aus dem Immobilien-Deal stimmt“, sagt Klubobfrau Natalie Hangöbl von der KPÖ PLUS Salzburg.
„Was auf dem Gelände der Schokoladenfabrik in Grödig passieren wird, wenn man wieder einmal Immobilienspekulanten gewähren lässt, kann man sich ausrechnen“. Der zuständige Wohnbau-Landesrat müsse der Gemeinde den Rücken stärken, damit sie dem Druck der Spekulanten standhalten kann. „Umgewidmet werden darf – wenn überhaupt – nur in geförderten Wohnbau“, fordert Hangöbl. „Sonst entstehen anstelle von leistbarem Wohnraum wieder sündteure Anlage-Projekte, die sich kein Normalsterblicher leisten kann“.
Werk mit wechselvoller Geschichte
Seit 1897 gibt es die Schokoladenfabrik am Fuße des Untersbergs, die Geschichte in den letzten Jahren ist durchaus wechselhaft. Bartholmäus Rajsigl gründete die „Chocolade-, Canditen- und Bisquitfabrik“ 1897 in der Rupertgasse. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Produktion wieder aufgenommen, 1948 zog das Unternehmen nach Grödig, ein tschechischer Unternehmer übernahm die Fabrik und nannte sie fortan „Mirabell“, 1967 wurde die Produktion der „Salzburger Mozartkugeln“ auf die industrielle Fertigung umgestellt, so berichtet es die Chronik in SalzburgWiki. 1975 kaufte Suchard das Unternehmen in Grödig, 1985 wurden bereits rund 400.000 Mozartkugeln täglich erzeugt. 1994 kaufte ein Privatunternehmer die Salzburger Schokolade von Suchard, 2014 gab es erneut einen Eigentümerwechsel.
Ende November 2021 musste die Schoko-Fabrik allerdings Konkurs anmelden, fehlende Touristen in Wien und Salzburg seien als Hauptkunden wegen der Corona-Reisebeschränkungen ausgeblieben. Die Verbindlichkeiten lagen bei rund 23 Millionen Euro. Im Dezember 2021 übernahm Julius Meinl V. mit seiner Schoko-Herstellung in Rumänien (KEX-Gruppe) die Fabrik am Fuße des Untersbergs, die echten Mozartkugeln wurden weiterhin für den US-Süßwarenkonzern Mondelez hergestellt, der auch Milka und Suchard in seinem Portfolio hat. Jetzt wird Ende des Jahres das Werk in Grödig endgültig geschlossen, die echten Salzburger Mozartkugeln werden in Zukunft vermutlich in einem Werk in Tschechien produziert.
Mozartkugel echt oder original
Die süße Kugel aus Schokolade, Pistazien, Marzipan und Nougat wurde 1890 vom Salzburger Konditor Paul Fürst kreiert, ursprünglich hieß die Kugel noch „Mozart-Bonbon“, da Fürst keine Schutzrechte für das Rezept anmeldete, kam es bald zu weiteren, industriellen Produktionen der Mozartkugel. Bei einem Rechtsstreit um den Namen wurde schließlich entschieden, dass nur Fürst „Original Salzburger Mozartkugeln“ verkaufen darf, Mirabell und der bayerische Hersteller in Bad Reichenhall mussten sich mit der Bezeichnung „echte“ zufriedengeben. Der weltweit größte Hersteller von Mozartkugeln, Reber in Bad Reichenhall, produziert täglich rund 500.000 Kugeln und hat nach eigenen Angaben in Deutschland einen Marktanteil von 90 Prozent. Eine aktuelle Anfrage an Reber mit der Frage nach möglichen Folgen des „Aus“ der Mirabell-Herstellung in Grödig blieb unbeantwortet.
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