„Fragiler Zustand“
Haben wir nichts gelernt? Welt wäre auf neue Pandemie nicht vorbereitet
Trotz der Corona-Erfahrung schlagen Experten mit Blick auf eine neue mögliche Pandemie Alarm – und fordern Regierungen zum Handeln auf.
Genf – Die endlosen Monate der Lockdowns, der Restriktionen und des Lebens mit dem Coronavirus haben alles andere als Freude gemacht und wirken bis heute nach. Aber eins haben sie uns sicher gebracht: Souveränität im Umgang mit einer Pandemie. Sollte man meinen. Ein am Montag (30. Oktober) veröffentlichter Bericht der unabhängigen Beobachtungsstelle Gesundheits-Krisenvorsorge (GPMB) kommt zu einem ganz anderen Schluss. Die Welt wäre auch auf die nächste Pandemie immer noch nicht genügend vorbereitet, so die bittere Erkenntnis der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
Welt ist laut Fachleuten auf neue Pandemie nicht ausreichend vorbereitet
Ein heute in Genf vorgestellte Bericht des Gremiums mit dem Titel ‚A Fragile State of Preparedness‘ (etwa: „Ein fragiler Zustand der Vorbereitung“) zeigt, dass die Welt offenbar keine ausreichenden Lehren aus der Corona-Pandemie gezogen hat. In dem Papier werden „erhebliche Schwächen oder abnehmende Kapazitäten in mehreren kritischen Bereichen“ festgestellt. Dort, wo es Anzeichen für eine Verbesserung gibt, seien diese „fragil“ und bedürfen dringend einer Aufarbeitung.
Was ist die GPMB?
Die Global Preparedness Monitoring Board (GPMB) ist eine unabhängige Beobachtungsstelle für die Gesundheits-Krisenvorsorge. Sie wurde 2018 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Weltbank gegründet, als Reaktion auf den verheerenden Ebola-Ausbruch in Westafrika. Die GPMB hat den Auftrag, die Vorbereitungen weltweit zu analysieren und Empfehlungen zur Verbesserung der Krisenvorsorge zu machen. Sie überwacht die globalen Fortschritte bei der Vorbereitung auf Gesundheitskrisen und betont die Bedeutung einer starken Vorbereitung, um die Auswirkungen von Pandemien und anderen Gesundheitskrisen zu minimieren.
Quelle: WHO
Gremium fordert finanzielle Unterstützung und Schuldenaufschub für ärmere Länder
Trotz einiger Fortschritte während der Corona-Pandemie, wie die GPMB feststellt, hätten einige Länder ihre Vorsorgemaßnahmen für ähnliche Krisen wieder zurückgefahren. In anderen Ländern gebe es hingegen kaum Fortschritte in Bezug auf die Bereitschaft, schnell und effektiv auf solche Krisen zu reagieren.
Im Forschungssektor wird besonders kritisiert, dass die Entwicklungskapazitäten für Impfstoffe und andere medizinische Güter ungleich verteilt sind. Impfstoffe werden hauptsächlich in Südostasien, Europa und Nordamerika entwickelt, so die Expertinnen und Experten, während auf dem afrikanischen Kontinent, in Lateinamerika und im Nahen Osten kaum Möglichkeiten zur Herstellung lebensrettender Impfstoffe bestehen.
Neue Wege zur Pandemiebekämpfung einschlagen: Expertinnen und Experten appellieren an Regierungen
Zusätzlich wird bemängelt, dass wohlhabende Staaten während der Corona-Pandemie ihren Reichtum genutzt haben, um lebenswichtige medizinische Güter wie Impfstoffe oder Masken zu horten. Dies habe der Pandemie ermöglicht, sich ungehindert über den Rest des Globus auszubreiten, heißt es in dem Bericht. „Die Finanzierung der Pandemievorsorge muss aufgestockt werden, und der WHO-Notfallfonds für Notfälle sollte auf 500 Millionen US-Dollar für den Tag Null hochgefahren werden“.
Kolinda Grabar-Kitarović, Vorsitzende des GPMB und ehemalige Präsidentin Kroatiens, kommentierte die Veröffentlichung des Berichts mit den Worten: „Es ist klar, dass mangelndes Vertrauen auf allen Ebenen, sowohl zwischen den Ländern als auch innerhalb der Länder, nach wie vor ein großes Hindernis für die Bereitschaft darstellt. Wir appellieren an die Staats- und Regierungschefs, diese Spaltungen zu überwinden und einen neuen Weg einzuschlagen, der auf der gemeinsamen Erkenntnis beruht, dass unsere künftige Sicherheit von sinnvollen Reformen und höchstem politischen Engagement für die gesundheitliche Notfallvorsorge abhängt.“
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Fachleute warnen: Welt immer noch nicht auf eine mögliche neue Pandemie vorbereitet
Joy Phumaphi, ebenfalls im Vorsitz der GPMB und ehemalige Gesundheitsministerin von Botswana, fügte hinzu: „Unser Bericht zeigt, dass der Stand der weltweiten Bereitschaft zwar fragil, aber nicht ohne Hoffnung ist. Es gibt viele Bemühungen, die Bereitschaft zu verbessern – aber ohne die richtigen Ressourcen und Unterstützung werden sie scheitern. Die Staats- und Regierungschefs müssen sich noch stärker dafür einsetzen, aus den Lehren der Vergangenheit zu lernen und eine Welt zu schaffen, in der wir alle vor Pandemien sicher sind.“ (ulha/dpa)
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