„Hätte gerettet werden können“
Bergsteiger ließen Sterbenden einfach liegen: Tiroler enthüllt Drama am K2
Es sind schockierende Szenen, die sich Ende Juli am zweithöchsten Berg der Welt abgespielt haben: Expeditionsteilnehmer steigen über einen Verunglückten hinweg, um auf den Gipfel des K2 zu gelangen. Der Mann stirbt. Der Tiroler Willi Steindl, der ebenfalls vor Ort war, ist erschüttert.
Kirchberg – Erlebnisse und Eindrücke, die der Kirchberger Willi Steindl nie mehr vergessen wird – am K2 erlebte er Schreckliches. Eigentlich war er Ende Juli auf dem Weg zum Gipfel des K2. Am sogenannten „Bottleneck“ unterhalb des Gipfels entschied sich der Hotelier aber für die sichere Umkehr. „Als wir auf etwa 8250 Metern waren, ging eine Lawine durch den Bottleneck ab. Wir haben dann eine Stunde gewartet und geschaut, wie es weitergeht. Wir haben schon gesehen, dass es weiter oben einen Stau gibt, und haben uns deshalb entschieden umzukehren“, schildert Steindl gegenüber der Tiroler Tageszeitung.
Wie schlimm die Situation oberhalb war, wurde erst am nächsten Tag klar: Am Vortag war ein pakistanischer Träger ums Leben gekommen. Und das für Steindl tragische: „Er hätte gerettet werden können. Uns wurde gesagt, er war schon tot, aber das stimmt nicht.“ Steindl ist erschüttert über die Vorgangsweise jener Teams, die über den Verunglückten hinweg auf den Gipfel gestiegen sind. „Die Rettung wäre sicher schwierig gewesen und dann wäre an dem Tag wohl auch niemand auf den Gipfel gekommen. Aber die anderen Teams haben sich für den Gipfel und einen Rekord entschieden und gegen die Hilfe“, sagt Steindl.
Das Twitter-Video eines anderen Alpinisten zeigt die Situation am „Bottleneck“:
K2, Bottleneck traverse. This section of the climb is INSANE. You spend several hours underneath a giant ice cliff in an exposed position at 8200m+, 1/3 normal oxygen levels & knowledge that many people slipped and fallen off from here. (1/2) pic.twitter.com/i0QFNM1kxb
— Everest Today (@EverestToday) August 5, 2023
Der Druck an dem Tag sei einfach zu groß gewesen, ist der Kirchberger überzeugt. „Es gab eigentlich nur einen Tag Wetterfenster für einen Gipfelaufstieg, alles musste schnell gehen“, erklärt Steindl.
Wir waren dann auch die einzigen, die die Familie des Verunglückten besucht haben. Keiner von denen, die über ihn zum Gipfel gestiegen sind, hat das gemacht. Das ist schon bedenklich.
Der verunglückte Pakistani gehörte zum Fixseilteam, welches für die Bergsteiger die Seile anbringt. Sie hatten enormen Druck von hinten von den Expeditionen, wie Steindl berichtet. „Wir waren dann auch die einzigen, die die Familie des Verunglückten besucht haben“, ist der Hotelier enttäuscht. „Keiner von denen, die über ihn zum Gipfel gestiegen sind, hat das gemacht. Das ist schon bedenklich“, sagt der Kirchberger.
Er will nur der Witwe und deren drei Kindern helfen und hat auch schon eine Spendenaktion ins Leben gerufen. „Wir haben unser ganzes Bargeld, das wir dabei hatten, dort gelassen und ich möchte die Familie unterstützen. Mir ist es wichtig, dass die Kinder in die Schule gehen können“, sagt Steindl.
Ob er nun vom Höhenbergsteigen genug hat? „Ich muss das erst mal sacken lassen. Das war ein extrem negatives Erlebnis, aber es gibt auch die schönen und positiven Momente, wo Menschen etwa gerettet wurden.“
aha
Dieser Text stammt von der Tiroler Tageszeitung.

