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Experten extrem besorgt

Ein Klima-Rekord jagt den nächsten: Jeder Monat der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen

Die wissenschaftlichen Daten stehen auf dunkelrot, die Erde bricht den nächsten Klimarekord: Der 1,5 Grad-Pfad ist wohl nicht mehr zu halten.

Brüssel - Auf eine Erderwärmung von deutlich unter 2 Grad, im besten Fall 1,5 Grad, hatte sich die internationale Gemeinschaft im Pariser Klimaabkommen von 2015 geeinigt.

Nun gibt es in dieser Hinsicht drei alarmierende Nachrichten:

  • Der Mai war der zwölfte Monat in Folge, in dem die globale Durchschnittstemperatur einen Rekordwert für den jeweiligen Monat erreichte, berichtete der Klimawandeldienst Copernicus der Europäischen Union am Mittwoch
  • Die Weltwetterorganisation WMO prognostizierte, dass die Jahresmittelwerte in den anstehenden Jahren wohl mindestens einmal über der 1,5-Grad-Schwelle liegen werden.
  • Die menschengemachte Erderwärmung habe zuletzt so schnell zugenommen wie nie seit dem Start der instrumentellen Aufzeichnungen, heißt es im Bericht „Indicators of Global Climate Change“ (IGCC) vom Mittwoch. 

Bei den Pariser Klimazielen geht es allerdings um die Durchschnittstemperatur über längere Zeiträume, nicht einzelne Jahre. Insofern wäre das Ziel mit kurzzeitigen Überschreitungen noch nicht verfehlt. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen gehen jedoch davon aus, dass das Ziel nicht mehr zu erreichen ist.

Weltklima über zwei Grad - Das wären die Folgen

Wie etwa der WWF zusammenfasst, wären die Folgen des Klimawandels für den Planeten, die Natur und die Menschheit auch bei einer dauerhaften Erwärmung um die 1,5 Grad gravierend, aber bei einer Erwärmung um zwei Grad nicht mehr ertragbar. Die Wahrscheinlichkeit für Hochwasser steigt demnach bei einer Erwärmung um 1,5 Grad um 100 Prozent, bei einer Erwärmung um zwei Grad um 170 Prozent. Während im ersteren Modell etwa 70 Prozent der weltweiten Korallenriffe verlorengingen, wären es bei zwei Grad nahezu 100 Prozent.

Abkühlung: In den meisten Teilen Nordindiens herrschen extreme Temperaturen - alle globalen Temperaturrekorde schmilzen.

Bei einer 1,5 Grad-Erwärmung hätte die Arktis alle 100 Jahre einen eisfreien Sommer, bei einer Erwärmung um zwei Grad alle zehn Jahre. Bei einem Anstieg der Erderwärmung um die zwei Grad wären weltweit voraussichtlich 630 Millionen Menschen vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen. Fast ein Drittel der Menschen wären mindestens einmal alle 20 Jahre extremen Hitzewellen ausgesetzt.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehen davon aus, dass bei einem Überschreiten der 1,5 Grad-Marke brandgefährliche Kipppunkte ausgelöst werden, deren Folgen nicht mehr zu kalkulieren sind, wie Klimareporter.de berichtet.

„Wir spielen russisch Roulette mit unserem Planeten. Wir brechen die globalen Temperaturrekorde und ernten den Wirbelwind. Es ist die Zeit der Klimakrise. Jetzt ist es an der Zeit zu mobilisieren, zu handeln und zu liefern.“

 Antonio Guterres, UN-Generalsekretär

Die Folgen des Klimawandels zeigen sich bereits jetzt: Durch immer mehr Extremwetterereignisse wie nie gekannte Dürren (derzeit im südlichen Afrika), Hitzeperioden mit Temperaturen über 50 Grad (wie derzeit in Indien) und immer schneller aufeinander folgende Hochwasserereignisse (wie derzeit unter anderem in Deutschland).

Über die Quellen: Copernicus und IGCC

Der Klimawandeldienst Copernicus der Europäischen Union veröffentlicht regelmäßig Daten zur Temperatur an der Erdoberfläche, zur Meereisdecke und zu Niederschlägen. Die Erkenntnisse beruhen auf computergenerierten Analysen, in die Milliarden von Messungen von Satelliten, Schiffen, Flugzeugen und Wetterstationen auf der ganzen Welt einfließen. Die genutzten Daten gehen zurück bis auf das Jahr 1950, teilweise sind auch frühere Daten verfügbar.

Mit dem Mai war jeder einzelne der zurückliegenden zwölf Monate einer, in dem die globale Durchschnittstemperatur einen Rekordwert für den jeweiligen Monat erreichte, wie der EU-Klimawandeldienst Copernicus mitteilte. Im Vergleich zum Zeitraum 1850 bis 1900, der vorindustriellen Referenzperiode, war der Mai demnach 1,52 Grad wärmer. Die gemittelte globale Temperatur der vergangenen zwölf Monate - von Juni 2023 bis Mai 2024 - erreichte ebenfalls einen Höchstwert: Sie lag 1,63 Grad über dem vorindustriellen Niveau - also für den Zeitraum eines Jahres über der 1,5-Grad-Schwelle.

Allein im vergangenen Jahrzehnt (2014 bis 2023) stieg die Temperatur durch Aktivitäten des Menschen dem IGCC-Report zufolge um rund 0,26 Grad. Das sei ein Rekord bei der Aufzeichnung mit Messgeräten, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreiche, berichtet die Gruppe um Piers Forster von der Universität Leeds im Journal „Earth System Science Data“. Ein Jahrzehnt zuvor (2004 bis 2013) waren es nach Angaben der Universität rund 0,20 Grad. (Indicators of Global Climate Change-Report)

Klimawandel abmildern: Das sind die Lichtblicke

Die Autoren des IGCC-Berichts führen Hinweise an, „dass sich der Anstieg der CO2-Emissionen im vergangenen Jahrzehnt im Vergleich zu den 2000er-Jahren verlangsamt hat“. Je nachdem, welche Klimaschutzmaßnahmen umgesetzt werden, könnte das aktuelle Jahrzehnt eine Umkehr einiger Werte bringen. 

Zu berücksichtigen ist bei den gemeldeten Rekordwerten und Entwicklungen, dass zuletzt Sondereffekte wie das erwärmend wirkende natürliche Klimaphänomen El Niño eine größere Rolle spielten. Im IGCC-Bericht heißt es zudem, der Anstieg sei einerseits auf den hohen Treibhausgas-Ausstoß zurückzuführen, andererseits sei die Menge an kühlenden Aerosolen in der Atmosphäre gesunken. Beispielsweise war infolge einer neuen Verordnung für sauberere Schiffskraftstoffe der Gehalt an Sulfat-Aerosolen stark zurückgegangen. 

Auch wenn also - etwa durch das Nachlassen von El Niño - nicht stetig weiter neue Rekorde folgen werden: Der Trend des menschengemachten Klimawandels bleibt, solange weiter Treibhausgase erzeugt werden. Copernicus-Direktor Carlo Buontempo betonte: „Zwar wird diese Abfolge von Rekordmonaten irgendwann unterbrochen werden, doch die allgemeine Signatur des Klimawandels bleibt bestehen, und es ist keine Änderung dieses Trends in Sicht.“ 

Klimakatastrophe verhindern: Forderungen und Vorschläge

UN-Generalsekretär Antonio Guterres sagte am Mittwoch, die Menschen hätten es in ihrer Hand, das Ruder noch herumzureißen. Dafür müsse aber in den kommenden 18 Monaten deutlich mehr Klimaschutz umgesetzt werden. Er rief angesichts der Berichte zu einem Finanzierungs- und Werbeboykott der Industrie auf, die Profite mit fossilen Brennstoffen wie Gas, Öl und Kohle macht und regte die Einführung von Abgaben bei Schifffahrt, Luftverkehr und Brennstoffindustrie an, um mehr Geld für die Transformation zu nachhaltiger Energie in ärmeren Ländern zu haben.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich Science for Future Germany angeschlossen haben, gehen davon aus, dass es kein CO2-Restbudget mehr gibt, sondern bereits jetzt mehrere hundert Gigatonnen CO2 zu viel in der Luft sind. Anstatt eine Klimaneutralität anzuvisieren, müsse man jetzt damit beginnen, CO2 aus der Luft zu entnehmen. Dies sei Bedingung dafür, dass der 1,5-Grad-Pfad noch eingehalten werden kann - wie im Pariser Klimaabkommen festgelegt.

Klima-Angst: Das sind die Anlaufstellen gegen das Ohnmachtsgefühl

Beratung bei Zukunftsängsten angesichts der Klimakrise bieten unter anderem die Psychologists for Future, ein Ableger der Fridays for Future. Gegen Ohnmachtsgefühle wird hier im Allgemeinen empfohlen, sich mit anderen auszutauschen, zu vernetzen und aktiv zu werden. Damit ist vielfach nicht mehr nur gemeint, das eigene Verhalten anzupassen - und etwa durch weniger Autofahren den ökologischen Fußabdruck zu verkleinern.

Viele Organisationen, wie etwa die NGO Germanwatch, zeigen das Konzept des ökologischen Handabdrucks als Ausweg aus dem Ohnmachtsgefühl auf. Während beim „ökologischen Fußabdruck“ der oder die Einzelne vor der fast unlösbaren Aufgabe steht, die eigenen negativen Auswirkungen auf das globale Klima zu reduzieren, ist das Konzept das Handabdrucks auf Aktivität angelegt: Von der Organisation von Mitfahrgemeinschaften über Kleidertauschzirkel bis hin zu politischer Arbeit. Unter anderem Klimareporter.de berichtet auch von positiven Kippelementen, die ausgelöst werden könnten. (dpa/kat)

Rubriklistenbild: © dpa/picture alliance/ Anupam Nath

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