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Jede zehnte Apotheke dicht: So groß ist das Apothekensterben in Ihrer Region
Nahezu in ganz Deutschland geht die Zahl der Apotheken zurück. Eine Stadt verlor innerhalb von fünf Jahren ein Drittel ihrer Apotheken. Unsere Karte zeigt: So sieht die Lage bei Ihnen aus.
Seit Jahren klagen deutsche Apotheken über Wettbewerbsnachteile. Immer wieder ist vom „Apothekensterben“ die Rede, doch wie ernst ist die Lage wirklich? IPPEN.MEDIA liegen neue Zahlen der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) vor, die erstmals ein umfassendes Bild geben, wo in Deutschland in den vergangenen Jahren wie viele Apotheken geschlossen haben.
Fast jede zehnte Apotheke in Deutschland hat seit 2018 geschlossen
Das Kernergebnis: In ganz Deutschland gibt es mittlerweile deutlich weniger Apotheken als noch vor fünf Jahren. Abzulesen ist das an der Apothekendichte, also der Anzahl an Apotheken pro 100.000 Einwohner. Aktuell liegt sie bei 20,8. Das bedeutet, auf 100.000 Einwohner kommen etwa 21 Apotheken. Eine Stadt mit 50.000 Einwohnern hat dementsprechend im Durchschnitt zehn bis elf Apotheken, ein Landkreis mit 200.000 Einwohnern rund 42.
Wir fokussieren uns in unserer Grafik auf den Zeitraum 2018 bis 2023. In dieser Zeit ging die Apothekendichte von 23,4 auf 20,8 zurück. Konkret bedeutet das: 1852 Apotheken weniger, ein Rückgang von 9,5 Prozent oder anders gesagt: fast jede zehnte Apotheke in Deutschland hat seit 2018 geschlossen. Allein von 2022 auf 2023 waren es 497 Apotheken weniger. Welche Orte sind davon wie stark betroffen? In der Grafik sehen Sie die Apothekendichte von jeder deutschen Stadt beziehungsweise jedem Landkreis.
Apothekendichte: Großer Rückgang in bayerischen Landkreisen
Insgesamt ist die Apothekendichte auf dem dünner besiedelten Land teils deutlich niedriger als in der Stadt. Das zeigt sich besonders anschaulich an den Beispielen Hof und Rosenheim. In der Stadt gibt es hier eine Apothekendichte von 34 beziehungsweise 33, im gleichnamigen Landkreis sind es 20 beziehungsweise 19. Den umgekehrten Weg geht Offenbach. Der Landkreis kommt auf 20 Apotheken pro 100.000 Einwohner, die Stadt nur auf 16. Aber, klar ist auch: Vom Rückgang sind sowohl Stadt und Land betroffen. So ist der Rückgang in den drei Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin am größten.
Besonders deutlich zeigt sich der Rückgang auch in Bayern. Allein acht von zehn Städten/Landkreisen mit dem stärksten Rückgang bei der Apothekendichte liegen im Freistaat. Am größten ist der Apothekenschwund im oberfränkischen Bayreuth, wo die Apothekendichte seit 2018 um ein Drittel zurückgegangen ist. Aber: Bayern kommt vom einem relativ hohen Niveau, gleicht sich nun dem Durchschnitt etwas an und liegt im Bundesländer-Vergleich auf Platz sechs. Den bundesweit größten Zuwachs gab es in Magdeburg, der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts. Das Bundesland landet im Ranking auf Platz zwei hinter Spitzenreiter Saarland.
Generell ist die Apothekendichte in den neuen Bundesländern etwas höher als im Westen. Von den fünf Bundesländern mit der höchsten Apothekendichte liegen vier in Ostdeutschland. Im Ranking hinten landen vor den Stadtstaaten Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg.
Die größte Apothekendichte gibt es in Weiden in der Oberpfalz (39,5). Im Kern bedeutet das: Bei etwa 43.000 Einwohner gibt es 17 Apotheken. Schlusslicht ist der Donnersbergkreis in Rheinlandpfalz, der nur auf eine Apothekendichte von 14,4 kommt.
Apothekendichte hinter EU-Schnitt – doch: „Versorgung sichergestellt“
Wie sind diese Zahlen nun einzuordnen? EU-Schnitt ist eine Apothekendichte von 32. Deutschland liegt hier also klar darunter. Der EU-Schnitt wird aber vor allem von zwei Ländern exorbitant nach oben getrieben. In Griechenland kommen auf 100.000 Menschen 101 Apotheken, in Zypern sind es 61. Im Vergleich mit Deutschlands Nachbarländern schneidet die Bundesrepublik besser ab (siehe Infobox). Das Bundesgesundheitsministerium betont daher auch: „Die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln ist derzeit flächendeckend sichergestellt.“
EU-Apothekendichte von Deutschlands Nachbarländern
Dänemark (9), Niederlande (11), Luxemburg (15), Österreich (16), Tschechien (22), Frankreich (31), Polen (34), Belgien (40),
Trotzdem hätten geschlossene Apotheken negative Auswirkungen für die Bevölkerung vor Ort, heißt es vom Apothekerverband. „Jede Apotheke, die schließen muss, ist ein ganz konkret spürbarer Verlust für tausende Menschen in ihrem Einzugsgebiet“, sagt ABDA-Vizepräsident Mathias Arnold zu unserer Redaktion. Es könnten zwar alle Menschen mit Medikamenten versorgt werden, es müssten dafür aber „immer mehr Anstrengungen unternommen“ werden. Das heißt: längere Wege für die Bevölkerung und mehr Patienten auf weniger Apotheken, also mehr Belastung.
Damit sich die Situation bessert, fordert die ABDA mehr Geld. „Die Apotheken brauchen endlich eine Erhöhung ihres seit mehr als einem Jahrzehnt stagnierenden Honorars“, betont Vizepräsident Arnold. Unterstützung kommt von der CDU/CSU: „Die Ampel schafft es auch im dritten Jahr nicht, die Rahmenbedingungen für Apotheken zu verbessern“, sagt der gesundheitspolitische Sprecher der Union, Tino Sorge, unserer Redaktion. „Nicht nur eine angemessene Vergütung wäre dringend nötig, sondern auch eine konsequente Nachwuchsförderung und der Abbau von Bürokratie.“
Das Gesundheitsministerium verweist in diesem Zusammenhang auf das geplante Apotheken-Reformgesetz. Dabei solle es auch um eine „umfassende Strukturform und Anpassungen beim Apothekenhonorar mit Schwerpunkt der Verbesserung der Vergütung von Apotheken im ländlichen Raum“ gehen. (as)