Start des berühmtesten Radrennen der Welt
Tour-de-France-Experte Marcus Burghardt glaubt: „Es kann ein Sekundenkampf werden“
Er ist bei elf Frankreich-Rundfahrten ins Ziel gekommen, am Freitag feiert der Samerberger Marcus Burghardt seinen 40. Geburtstag. Kurz vor dem Start der Tour des France schätzt der Experte die Chancen der Favoriten ein. Burghardt glaubt: „Es kann ein Sekundenkampf werden“.
Rosenheim – Wenn einer ein Tour-de-France-Experte ist, dann Marcus Burghardt. Der Samerberger, der am Freitag seinen 40. Geburtstag feiert, war bei elf Frankreich-Rundfahrten ins Ziel gekommen. Burghardt war einst Edelhelfer beim Sieg von Cadel Evans, gewann 2008 eine Etappe und fuhr danach mehrere Jahre für den in Raubling beheimateten Bora-hansgrohe. Vor dem Start der Tour de France sprach die OVB-Sportredaktion mit Burghardt, der mittlerweile auch Präsidiumsmitglied im Bund Deutscher Radfahrer (BDR) ist.
Herr Burghardt, Vingegaard oder Pogacar – wer gewinnt?
Marcus Burghardt: Pogacar hat durch seine Verletzung einen leichten Formrückstand und ist im Frühjahr vielleicht ein bisschen zu viel gefahren. Insofern würde ich Vingegaard nennen.
Wer ist von beiden wo im Vorteil?
Burghardt: Beide fahren auf sehr hohem Level und haben ähnliche Qualitäten. Vingegaard ist am Berg etwas stärker, Pogacar im Zeitfahren. Am Ende werden Nuancen den Unterschied machen. Es kann auch ein enger Sekundenkampf um den Toursieg werden.
Wer könnte überraschen und sich an die beiden heranpirschen?
Burghardt: Ich sehe niemanden, der sonst noch um den Toursieg fahren kann. Man muss sicherlich schauen, was bei Ineos passiert, wie gut Egan Bernal schon wieder in Form ist. Das ist von der Breite her schon eine starke Mannschaft.
Was ist dem Team Bora-hansgrohe zuzutrauen?
Burghardt: Etappensiege sind auf alle Fälle möglich, vor allem im Sprint über Jordi Meeuws oder Danny van Poppel.
Als Kapitän führt Jay Hindley die Mannschaft an. Welche Qualitäten hat er?
Burghardt: Er hat schon bewiesen, dass er über drei Wochen gut fahren kann. Sonst gewinnst du keinen Giro d‘Italia. Eine Platzierung unter den Top-Fünf wäre mit Sicherheit ein Erfolg, immerhin ist es seine erste Grand Tour als Kapitän.
Was kann Emanuel Buchmann als Edelhelfer reißen?
Burghardt: Das kommt darauf an, wie stark er in die Mannschaftstaktik eingebunden ist. Er ist aktuell in guter Form und wäre sicher auch ein Kandidat, um eine Bergetappe zu gewinnen.
Was ist bei den weiteren deutsche Fahrern drin?
Burghardt: Simon Geschke wird wieder versuchen, um das Bergtrikot zu fahren. Im letzten Jahr hat er bereits tolle Leistungen abgeliefert. Phil Bauhaus kann sicher um Podiumsplätze bei einzelnen Etappen fahren, Georg Zimmermann ist in einer super Verfassung und kann sich auf den Etappen aus den Fluchtgruppen heraus bewähren.
Insgesamt sind nur sieben deutsche Fahrer am Start – so wenig wie lange nicht mehr. Was ist da los?
Burghardt: In der Spitze fehlen uns die Talente. Wir wissen, dass wir da Probleme haben. Erfreulich ist, dass es bei der DM wieder mehr Meldungen beim Nachwuchs gegeben hat. Dass bei der Tour nicht mehr deutsche Fahrer dabei sind, ist schade. Es wäre für den deutschen Radsport, die Fans und die Nachwuchsentwicklung wichtig.
Wie verfolgt Marcus Burghardt die Tour de France?
Burghardt: Zunächst vor dem TV, ich werde mir immer die letzten Stunden der Etappen anschauen. Ansonsten bin ich in der Vorbereitung meines Radmarathons „Shades of Speed“, der am letzten Tag der Tour am 23. Juli stattfindet. In der letzten Tour-Woche bin ich dann als Kommentator bei Eurosport im Einsatz.
