Autogramme auf dem Bahnsteig
Stolzer Olympia-Rückkehrer: So wurde Volleyballer Johannes Tille in Mühldorf empfangen
Es war der erste Auftritt eines deutschen Volleyball-Teams seit zwölf Jahren bei einem olympischen Turnier. Der Mühldorfer Johannes Tille war nicht nur dabei, sondern der Mann für harte und platzierte Aufschläge im Team-D. Jetzt ist er zurück in der Heimat. So wurde er in Mühldorf empfangen.
Mühldorf - Sie waren so nahe dran am Einzug ins Halbfinale. Am Ende aber fehlten den Deutschen Volleyballern bei den Olympischen Spielen zwei Punkte. Der Pollinger Johannes Tille wurde zur tragenden Figur, als das Viertelfinalspiel gegen Frankreich zu kippen drohte. Doch auch der amtierende Deutsche Meister und Pokalsieger konnte die Niederlage nicht verhindern. Es ist der Feierabendzug, der aus München gegen 18.20 Uhr am Mühldorfer Bahnhof eintrifft. Zwei Handvoll Volleyball-Fans, Familie und Volleyballer des TSV Mühldorf hatten sich versammelt, um ihren Helden mit extra bedruckten Tille-T-Shirts und einem Transparent zu empfangen. Denn obwohl der Zuspieler der deutschen Nationalmannschaft „nur“ mit Platz sechs von den Olympischen Spielen aus Paris heimgekehrt war: Für die Volleyball-Abteilung des TSV Mühldorf war bereits die Teilnahme an den Spielen eine aufregende Sache.
Tille, der Mann für die Aufschläge
Kaum ein Spiel der Deutschen Mannschaft, das die Fans des 27-Jährigen Pollinger versäumt hatten. Dabei war Tille nicht einmal erste Wahl. Lukas Kampa war der Zuspieler der Stammformation. In der Vorrunde waren Tille lediglich Teileinsätze vergönnt, wenn ein harter und platzierter Aufschlag gefragt war. Nur einmal kam er tatsächlich für Kampa als Zuspieler aufs Feld, als es gegen die USA ging. Anders dann im Viertelfinale, als es vor 10.600 Zuschauern gegen die Mannschaft des Gastgebers aus Frankreich ging. Trainer Michael Winiarski hatte auch diesmal seiner Nummer 1 im Zuspiel Kampa den Vortritt gelassen. Zwei Sätze lang war das auch gut gegangen. Nach einem souveränen ersten Satz (25:18) hatten die DVV-Volleyballer dann schon größere Mühe in Durchgang zwei, den sie denoch mit 28:26 sichern konnten. Satz Nummer drei ging an die Franzosen (25:20), die nun immer besser ins Spiel kamen und auch Durchgang vier für sich entschieden (25:21).
"Schiedsrichter war einfach nur taktlos"
Tille war da schon im Spiel, blieb auch in Durchgang Nummer fünf auf dem Feld, weil er schon zuvor mit seinem wagemutigem und schnellem Zuspiel, indem er selbst in ungünstigen Situationen seine Mittelblocker bediente und damit die Franzosen überraschte. Am Ende trennten die Deutschen nur zwei Punkte vom Halbfinale. Ärgerlich, vor allem deswegen, weil Schiedsrichter Juraj Mokry in diesem entscheidenden Satz dem MittelblockerToby Krick Satz eine rote Karte gegeben hatte. Der 25-Jährige soll angeblich provokativ zum Gegner geschaut haben, nachdem er erfolgreich angegriffen hatte. Anstatt 5:8 hieß es danach 9:4 für Frankreich. Eine Fehlentscheidung, die Tille auch fünf Tage nach dem Viertelfinalspiel noch ärgert: „Wenn wir diese rote Karte nicht bekommen, dann sieht das Spiel anders aus. Das war absolut lächerlich, die Franzosen haben es das gesamte Spiel so gemacht. Die Entscheidung des Schiedsrichters war einfach nur taktlos.“
„Einen Olympia-Moment gibt es nicht"
Tille empfindet die Niederlage besonders bitter, „da Frankreich an diesem Tag schlagbar war. Sie hatten ein starkes Side-Out, entsprechend hart haben wir aufgeschlagen“, so Tille, der sich mehr Spielzeiten gewünscht hätte. Der Trainer begründete Kampas Vorzug in der Stamm-Sechs damit, dass Tille besser von der Bank aus agieren würde als ein eingewechselter Kampa. Tille hatte bei einem 0:2-Rückstand gegen die USA fast das Spiel gedreht (2:3). Auch gegen Frankreich zeigte er sich von seiner besten Seite. Gefragt nach seinem speziellen Olympia-Moment, antwortet Tille: „Einen Olympia-Moment gibt es nicht, es war das Gesamtpaket. Das Publikum war immer dabei und hat Stimmung gemacht, egal, wer gespielt hat. Ein schönes Gefühl!“ Selbst beim Spiel gegen Frankreich war der Heimvorteil der Gegner zu hören, die ihr Team mit „Allez les Bleus“ anfeuerten. „Das spornt auch uns an!“
Erster Auftritt nach zwölf Jahren
Zum Sieg reichte es nicht, also kein Spiel um Medaillen. Aber auch den sechsten Platz bei Olympia wertet Tille als Erfolg. „Es war schließlich das erste Mal seit zwölf Jahren, dass Deutschland wieder dabei war!“ Der gute Turnierverlauf hat auch Auswirkungen auf die Weltrangliste: Deutschland ist um drei Plätze auf Rang acht geklettert. Nachdem Lukas Kampa angekündigt hat, dass seine Karriere im DVV-Team wohl beendet ist, steht Tille in den Startlöchern, um sich den Stammplatz im Nationalteam zu erkämpfen, zumal 2025 die Weltmeisterschaft auf den Philippinen ansteht. Zunächst freut sich Johannes Tille auf die Saison, die am 13. September mit dem Liga-Cup bei den Berlin Recycling Volleys beginnt. Eine Woche später spielt Tille mit seinen Teamkameraden Tobias Krick, Moritz Reichert und Ruben Schott wieder in der Bundesliga. Am 21. September um 18 Uhr ist der große Heimauftakt der Berliner gegen die Helios Grizzlys Giesen. (enk)
