Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Niederlande gegen Brasilien

Mit kleinen Zielen fürs "kleine Finale" motivieren

Bondscoach Louis van Gaal trifft im kleinen Finale mit der Niederlande auf Brasilien.
+
Bondscoach Louis van Gaal trifft im kleinen Finale mit der Niederlande auf Brasilien.

Brasilia - Bei der Fußball-EM wurde der dritte Platz zuletzt 1980 ausgespielt. Bei der WM geht es zwischen Brasilien und dem Oranje-Team um Bronzemedaillen. Die Niederländer haben keine große Lust, für die Seleção steht viel auf dem Spiel.

Die Seleção kämpft um ihre Würde, den Niederländern ist ihr letztes WM-Spiel fast schon egal. Bevor Deutschland und Argentinien im Maracanã das krönende Endspiel dieser Fußball-Weltmeisterschaft bestreiten, müssen sich die geschlagenen Halbfinalisten noch einmal zur Begegnung um den dritten Platz aufraffen.

„Wir haben jetzt alles beweint, was es zu beweinen gab. Und jetzt versuchen wir, am Samstag zu spielen und die Partie zu gewinnen“, meinte Brasiliens verletzter Superstar Neymar. Oranje-Flügelflitzer Arjen Robben schimpfte dagegen vor dem Mini-Finale (22 Uhr/ZDF) in Brasília: „Es zählt nicht. Es geht nur um eine Sache, und das ist der Pokal.“ Bondscoach Louis van Gaal erkannte nach seiner Schimpftirade über den Wettstreit, der für Jugendturniere angemessen sei, dann aber doch noch einen Sinn: Noch nie sei eine niederländische bei der WM ohne Niederlage geblieben: „Das wollen wir jetzt erreichen.“

Sein Team erhielt nach dem Scheitern im Elfmeterkrimi aus der Heimat nur Respektsbekundungen, der Gastgeber musste sich nach dem blamablen 1:7 gegen Deutschland sogar öffentlich entschuldigen. Einigermaßen verzeihen werden die fußballverrückten Brasilianer wohl nur, wenn der Rekord-Weltmeister wenigstens noch die Niederlande schlägt.

"Ein Spiel, das wir nicht spielen wollten"

Jetzt, meinte Hulk, haben wir ein Spiel, „das wir nicht spielen wollten“. Sein Mitspieler Dani Alves räumte als einziger Brasilianer ein, dass er keine große Lust auf das Spiel um die Bronzemedaillen hat: „Ich habe immer um erste Plätze gekämpft. Und wenn ich das nicht kann, ziehe ich es vor, mich mit anderen Dingen zu beschäftigen“, sagte der Profi vom FC Barcelona. Da er seinen Stammplatz verloren hat, wird er wohl ohnehin nur auf der Bank sitzen.

Für Gastgeber-Trainer Luiz Felipe Scolari wird es ebenso ein Abschiedsspiel wie für Bondscach van Gaal. Anstatt auf der größten Fußball-Bühne ein letztes Glanzlicht setzen zu können, fühlt sich der streitbare Niederländer zum ungeliebten Duell der Verlierer verdonnert. Und auch für die goldene, ungekrönte Generation um Robben droht das Spiel der Schlusspunkt einer Ära ohne WM-Titel zu werden. „Ich hoffe, dass ich noch eine machen kann“, sagte Wesley Sneijder nach dem bitteren Scheitern im Halbfinale gegen Argentinien mit Blick auf die WM 2018 in Russland. „Aber es wird immer schwieriger.“ Theoretisch wäre für die Brasilianer die Begegnung um den dritten Platz auch eine Revanche für das Viertelfinal-Aus gegen „Oranje“ bei der Endrunde 2010 - aber der WM-Gastgeber hat derzeit andere Sorgen. Zu tief sitzt die Schmach des „Mineiraço“ von Belo Horizonte, zu groß sind die Fragezeichen um den künftigen Nationaltrainer.

Scolari will nicht davon reden, aber es gilt als beschlossene Sache, dass der Chefcoach der Weltmeister-Mannschaft von 2002 seinen Hut nehmen muss. „Wir haben eine Verpflichtung mit dem brasilianischen Verband bis zum Ende der Weltmeisterschaft, was für uns jetzt das Spiel um Platz drei am Samstag ist“, sagte Scolari. Erst danach spreche man mit dem nationalen Verband CBF. Flugs erklärte der 65-Jährige die Begegnung um den Trostpreis zum neuen Traum, den die Seleção habe: „Wir wollen das Turnier wenigstens als Dritter beenden.“

Kämpfen um die Ehre

Im Gegensatz zu Alves raffte sich Thiago Silva nach dem Debakel gegen Deutschland zu ein paar höflichen Sätzen auf. „Ich habe immer gesagt, dass unser einziges Ziel der Titel ist und dass uns der zweite, dritte oder vierte Platz egal ist“, meinte der Kapitän. „Aber jetzt müssen wir uns so vorbereiten wie immer und unserem Nationaltrikot Ehre machen.“

Aber selbst bei einem Sieg wären die Bronzemedaillen für die Brasilianer etwa so wenig wert wie 1978, als das „kleine Finale“ gegen Italien mit 2:1 gewonnen wurde. Damals zog Gastgeber Argentinien durch ein 6:0 gegen Peru wegen des besseren Torverhältnisses ins Endspiel ein und holte sich gegen Holland den Titel. Bis heute spricht Brasilien von Bestechung. Neymar weiß nur zu gut, dass die Begegnung auch eine Chance zur Schadensbegrenzung ist. „Es war ein gewöhnlicher Fußball, nicht der Fußball einer brasilianischen Auswahl, der besser ist und alle begeistert“, meinte er selbstkritisch. Man müsse jetzt die Begegnung gegen die Niederlande angehen, „als ob es ein Endspiel wäre, und diese WM lächelnd beenden“.

Elf WM-Thesen im Check: Was stimmte wirklich?

Elf WM-Thesen im Check: Was stimmte wirklich?

WM 2014, WM-Fakten, Wahrheit, Lüge
Vor der WM in Brasilien wurden viele Klischees bedient. Teams aus Europa können nicht gewinnen. Das System der Dominanz durch Ballbesitz von Bayern-Trainer Pep Guardiola hat ausgedient und die WM wird von Massendemos überschattet. Doch welche These hat sich bewahrheitet, was blieb Legende? © Montage AFP/dpa
WM 2014, WM-Fakten, Wahrheit, Lüge
These 1: Teams aus Europa haben in Südamerika keine Chance! © dpa
WM 2014, WM-Fakten, Wahrheit, Lüge
Fakt: Falsch. Die historischen Fakten haben ausgedient. Die alte Fußball-Welt hat die Angst vor ihrem Problemkontinent Südamerika abgelegt. Nur ein Sieg der Niederlande im Elfmeterschießen fehlte zum rein europäischen Finale in Rio de Janeiro - es wäre das dritte in Serie und zudem das dritte auf einem anderen Kontinent gewesen. Egal, wo gespielt wird: Die Topteams aus Europa sind titelreif. © AFP
WM 2014, WM-Fakten, Wahrheit, Lüge
These 2: Das Brasilien-Wetter führt zu langsamem, taktischem Fußball mit wenig Toren! © AFP
WM 2014, WM-Fakten, Wahrheit, Lüge
Fakt: Falsch. Große Hitze im Norden. Kälte im Süden. Und Dauerregen an der Küste. Die Klimabedingungen waren extrem. Aber an der Angriffsphilosophie änderte das gar nichts. Die Topprofis sind austrainiert genug, um hohes Tempo zu gehen. Sogar die Experten der Studienkommission der FIFA trauten ihren Augen nicht, dass fast alle Teams auf Offensive setzten. Den Fan freute das besonders. © dpa
WM 2014, WM-Fakten, Wahrheit, Lüge
These 3: Wer sich an die Bedingungen in Brasilien nicht anpasst, hat schon verloren! Die Engländer beispielsweise trainierten dafür mit Mütze und Handschuhe - trotz warmer Temperaturen. © AFP
WM 2014, WM-Fakten, Wahrheit, Lüge
Fakt: Richtig. Das Brasilien-Mantra von Joachim Löw war die beste Einschätzung. Mentale Vorbereitung auf die extremen Bedingungen war das wichtigste Kriterium bei einer professionellen Turnierplanung. Wer in Brasilien mehr mit sich selbst beschäftigt war, als den Rhythmus des Landes anzunehmen, wie Engländer, Spanier oder Italiener, musste schnell wieder nach Hause. © dpa
WM 2014, WM-Fakten, Wahrheit, Lüge
These 4: Die Stars sind nach einer langen Saison zu müde, um die WM zu prägen! © AFP
WM 2014, WM-Fakten, Wahrheit, Lüge
Fakt: Falsch. Von wegen ausgelaugt nach einer harten Spielzeit in Europa. Ob Lionel Messi, Neymar bis zu seiner Verletzung, Arjen Robben oder Karim Benzema. Die Superstars der Teams gingen gerade zum Turnierauftakt voran. Die Torquoten der Topspieler konnte sich sehen lassen. Ganz vorn im Trefferranking lag bis vor dem Finale aber im Kolumbianer James Rodríguez einer, den vor der WM kaum jemand kannte. © AFP
WM 2014, WM-Fakten, Wahrheit, Lüge
These 5: Der Erwartungsdruck für Brasilien wird unermesslich sein und das Team lähmen! © AFP
WM 2014, WM-Fakten, Wahrheit, Lüge
Fakt: Richtig. Die Leichtigkeit vom Sieg im Confed Cup 2013 suchte die Seleção vergeblich. Schon im Eröffnungsspiel gegen Kroatien lief vieles schief. Dem Remis gegen Mexiko folgte der Zittersieg gegen Chile im Elfmeterschießen und dann das Desaster gegen Deutschland. Der Traum vom Hexacampeão war einfach zu viel. Das Team zerbrach, als die Führungsfiguren Neymar und Thiago Silva fehlten. © AFP
WM 2014, WM-Fakten, Wahrheit, Lüge
Das Ballbesitz-Dogma von Bayern-Trainer Pep Guardiola, hier mit Thomas Müller, ist für den WM-Erfolg das falsche System! © dpa
WM 2014, WM-Fakten, Wahrheit, Lüge
Richtig. Spanien versuchte es noch einmal mit Tiki Taka. Das Aus kam in der Vorrunde. Mehr Ballbesitz war nicht zwingend schädlich, doch es war kein Kriterium für Sieg oder Niederlage. Die Niederlande hatten zumeist weniger Ballbesitz als ihre Gegner und marschierten bis ins Halbfinale. Deutschland - Brasilien endete 7:1, den Ballbesitzvergleich gewann in diesem Spiel der WM-Gastgeber 52:48. © dpa
WM 2014, WM-Fakten, Wahrheit, Lüge
Das System Löw hat sich überholt. Der Bundestrainer hat mit seiner Personalauswahl mit nur einem richtigen Stürmer und vielen Innenverteidigern den Bogen überspannt. © dpa
WM 2014, WM-Fakten, Wahrheit, Lüge
Falsch. Dunkel hingen die Wolken über Südtirol. Die Stimmung im Trainingslager war bescheiden, mehrere Leistungsträger waren verletzt und die Personalauswahl rief Zweifel hervor. Doch der Bundestrainer schaffte wieder die Wende. Auch der Achtelfinal-Dämpfer mit dem Krampf-Kick gegen Algerien wurde überwunden. Nach dem 7:1 gegen Brasilien ist Löw über jeden Zweifel erhaben. © AFP
WM 2014, WM-Fakten, Wahrheit, Lüge
Brasilien ist mit der WM-Organisation logistisch überfordert! © AFP
WM 2014, WM-Fakten, Wahrheit, Lüge
Falsch. Die Weltmeisterschaft aller Weltmeisterschaften wollte Brasilien ausrichten. Dieses forsche Motto - besonders gern von Präsidentin Dilma Rousseff postuliert - wurde weltweit belächelt. Doch die Zweifel waren unbegründet. Logistisch gab es praktisch keine Probleme. Ob an den als zu klein befundenen Flughäfen oder auch in den Arenen selbst, die WM lief reibungslos und stimmungsvoll. © AFP
WM 2014, WM-Fakten, Wahrheit, Lüge
Die WM-Stadien werden nur auf den letzten Drücker gerade noch fertig! © dpa
WM 2014, WM-Fakten, Wahrheit, Lüge
Richtig. 12 Stadien in 12 Städten. Das Bau- und Sanierungsprogramm war ambitioniert. Als die Arbeiten stockten intervenierte die FIFA mehrfach und trieb die lokalen Organisatoren an. Letztlich war wie so oft erst kurz vor knapp alles fertig. Hier und da blieben Detailarbeiten, wie hier in Sao Paulo, liegen. Doch die WM konnte stattfinden. In 12 Städten mit 12 Stadien. © AFP
WM 2014, WM-Fakten, Wahrheit, Lüge
Die Fans werden dem Rest der Welt zeigen, was für eine wunderbare Fußball-Begeisterung in Südamerika herrscht! © AFP
WM 2014, WM-Fakten, Wahrheit, Lüge
Was für eine Stimmung. Was für eine Fußball-Freude. In Europa ist kaum bekannt, wie intensiv die Leidenschaft in Brasilien, aber auch seinen Nachbarländern wirklich zelebriert wird. Zehntausende Fans aus Kolumbien, Chile und Argentinien zeigten der Welt, was es heißt, für sein Fußball-Land alles zu geben. Besonders emotional waren die Fangesänge in den Arenen. © AFP
WM 2014, WM-Fakten, Wahrheit, Lüge
Die WM wird von Massendemonstrationen , wie beim Confed Cup 2013, überschattet. Der Fußball gerät dadurch in den Hintergrund. © AFP
WM 2014, WM-Fakten, Wahrheit, Lüge
Falsch. Das war der Alptraum für FIFA-Präsident Joseph Blatter. Millionen Demonstranten auf den Straßen, die gegen Korruption und Misswirtschaft protestieren und seine WM in Verruf bringen. Der Eindruck des Confed Cups wiederholte sich aber nicht. Hier und da gab es ein paar Krawalle. Aber die im Vorjahr noch so unzufriedene Mittelschicht protestierte nicht, blieb Zuhause oder guckte Fußball. © AFP

Beim niederländischen WM-Zweiten von 2010 erklärte der Schalker Angreifer Klaas-Jan Huntelaar: „Für mich selber will ich das Turnier gut abschließen und Dritter werden und nicht Vierter.“ Er hofft nach bislang drei Kurzeinsätzen auf eine Chance, sein Können von Beginn an beweisen zu können.

Im Estadio Nacional geht es nicht nur um ein zusätzliches Preisgeld in Höhe von rund 1,5 Millionen Euro, sondern auch um das Vermächtnis in den Geschichtsbüchern. Keiner könnte das den Niederländern besser erklären als Co-Trainer Patrick Kluivert, der tief enttäuscht nach dem Halbfinal-Aus 1998 das Spiel um Platz drei gegen Kroatien verlor - und dies später bitter bereute.

dpa

Kommentare