„Diese Verhandlung war ein Witz“
Nach überraschendem Urteil: U17-Skandalpartie geht in die nächste Runde
Im November eskalierte die U17-Bezirksoberliga Partie zwischen dem TSV Murnau und dem Kirchheimer SC nach einem Spielabbruch komplett. Ein Trainer und ein Jugendspieler des KSC sollen den Schiedsrichter attackiert haben. Der Fall wanderte vor das Jugendsportgericht, wo es zu einem fragwürdigen Urteil kam. Doch die Skandalpartie ist noch lange nicht aufgearbeitet.
Murnau - Am 13. November gastierte damals der Kirchheimer SC beim TSV Murnau zum Top-Spiel in der U17-Bezirksoberliga. Doch die Partie nahm keinen schönen Verlauf und eskalierte komplett. Nachdem der Trainer des KSC die Gelb-Rote Karte kassiert hatte, musste die Begegnung abgebrochen werden.
Mehrere Spieler und der Trainer der Gäste sollen den Schiedsrichter attackiert haben
Warum? Weil die Regularien des Bayerischen Fußball-Verbandes besagen, dass immer ein Erwachsener eine Jugendmannschaft betreuen muss. Der Schiedsrichter fragte zwar zweimal nach, ob eine solche Person vor Ort sei, dies wurde aber verneint. Deswegen hatte der 20-jährige Referee keine andere Möglichkeit, als das Spiel vorzeitig zu beenden.
Das brachte das Fass bei den Gästen zum Überlaufen. Die Spieler des Kirchheimer SC und der Trainer sollen auf den Platz gestürmt sein, den Schiedsrichter umzingelt und ihn geschubst haben. Ein Spieler sei sogar so weit gegangen, dass er dem 20-jährigen Referee an den Hals gegriffen und ihn gewürgt habe. Dieser sah im Anschluss die Rote Karte.
Video sollte Licht ins Dunkle bringen
Der Unparteiische soll nach der Attacke ins Klinikum Murnau gefahren sein, wo eine „Quetschung der Halsweichteile“ diagnostiziert wurde. Danach ging es weiter zur Polizei, wo er den würgenden Spieler anzeigte, da er sich die Nummer auf dem Trikot merken konnte.
Der Kirchheimer SC wies die Vorwürfe jedoch entscheidend zurück und verwies auf ein Video, das ein Vater eines KSC-Akteurs aus der Hintertor-Perspektive aufgenommen haben soll. Darauf war zu sehen, wie die Kirchheimer nach Abbruch den Schiedsrichter umkreisten, ihn schubsten und auf ihn einredeten. Von dem Würgegriff war allerdings nichts zu sehen.
Trainer und beschuldigter Spieler freigesprochen - Schiedsrichter schockiert über das Urteil
Der Fall wanderte vor das Jugendsportgericht, wo alles ganz anders kam als erwartet. Denn der beschuldigte Spieler des KSC wurde nach Ansicht des Videomaterials freigesprochen und auch der Trainer, der massiv in der Kritik stand, bekam „nur“ eine Geldstrafe - wohl wegen unsportlichen Verhaltens - von 75 Euro auferlegt. Die Partie muss nachgeholt werden.
Für den Schiedsrichter damals ein großer Schock, der das Vorgehen des Gerichts nicht nachvollziehen konnte. „Aber man muss doch zumindest Zeugen hören“, zeigte sich der 20-Jährige gegenüber fupa.de schockiert, denn es wurden nur Kirchheimer Zeugen verhört.
„Diese Verhandlung war ein Witz“
Während das Jugensportgericht meinte, dass die Vorgehensweise „vollumfänglich der Rechts- und Verfahrensordnung“ entspreche, sieht das Schiedsrichter-Obmann Klemens Wind, der am Tag des Skandalspiels dem jungen Schiedsrichter half, auf Nachfrage von fupa.de völlig anders.
„Das war keine Verhandlung, das war eine Farce, ein Witz. Ich habe vorher an alles geglaubt, aber nicht an solch ein Urteil.“ Doch sowohl dem Obmann als auch dem jungen Referee waren die Hände gebunden, da sie nicht in Berufung gehen konnten. Deshalb wandte sich Wind an höhere Stellen im Verband. Mit Erfolg.
Jugendsportgericht befragt nun auch weitere Zeugen
Professor Sven Laumer (Verbands-Schiedsrichter-Obmann) und Robert Schraudner (Vorsitzender des Bezirks Oberbayern) haben eine Prüfung der Berufung eingeleitet, die bis dato noch nicht abgeschlossen ist. Doch es gab eine erste Einsicht, denn es sollen nun auch weitere Zeugen aus Murnau, unter anderem auch Schiedsrichter-Obmann Wind, befragt werden.
Für den 20-jährigen Schiedsrichter steht aber so einiges auf der Kippe. Denn der Unparteiische hatte nach der damaligen Urteilsverkündung ein anderes Schreiben vom Jugendsportgericht bekommen, in welchem er des unsportlichen Verhaltens aufgrund seines Würgevorwurfs beschuldigt wird. Im schlimmsten Fall drohen ihm zwei Jahre Sperre.
Wird der Unparteiische endgültig vom Opfer zum Täter?
Man darf gespannt sein, wohin diese Geschichte noch führt. Aber eines ist klar. Sollte die Urteilsverkündung erneut gegen den jungen Schiedsrichter fallen, wäre das für den 20-Jährigen ein Schlag ins Gesicht und er würde vom Opfer zum Täter werden.
gz