Rekord-Kulisse im Rosenheimer Jahnstadion
Plötzlich lag der Ball im Tor: Frechdachs entscheidet das Landesliga-Prestigeduell
Die Landesliga-Fußballer des TSV 1860 Rosenheim haben allen Grund zum Feiern. Im Prestigeduell gegen den TSV Wasserburg reichte ein Treffer für den Sieg.
Rosenheim – „Die klar bessere Mannschaft hat gewonnen“, musste Florian Heller bei seiner Rückkehr ins Rosenheimer Jahnstadion konstatieren. Sein Team, der Tabellenzweite TSV Wasserburg, hatte zuvor das Landkreis-Derby in der Fußball-Landesliga Südost beim TSV 1860 Rosenheim verloren. 1:0 hieß es am Ende für die Gastgeber, die für Rosenheimer Verhältnisse sehr erfreuliche Kulisse von 690 Zuschauern sah ein sehr intensives Match, das vor allem in taktischer Hinsicht hochinteressant war. Gerade in der Taktik war der Schlüssel zu finden, warum der Tabellenzehnte letztlich triumphierte.
Die Gründe für dieses Resultat:
Sechzigs Aufstellung: „Grundsätzlich waren wir in der Spielvorbereitung von einer Viererkette ausgegangen, aufgrund der Aufstellung hatten wir dann aber schon zusammenreimen können, dass es auf eine Fünferkette bei Rosenheim hinausläuft“, sagte Heller. 1860-Trainer Wolfgang Schellenberg hatte Lucas Gratt auf der rechten Außenbahn als fünften Akteur in die Abwehrreihe beordert und das eigene Spielsystem zum 5-4-1 umgewandelt. Weil vor allem die Viererreihe vor der Defensivkette herausragend agierte, wurde Wasserburg aus dem Spiel genommen. „Im Moment fühlen wir uns in dieser Formation ganz wohl“, erklärte Schellenberg. Heller haderte: „Wir hatten über 90 Minuten überhaupt keine Idee, um gegen diesen Block Torchancen herauszuspielen.“
Löwen taten sich schwer gegen Viererkette
Wasserburgs Schwierigkeiten: Gegen die massive Defensive der Hausherren mussten die Innstädter Lösungen finden – und dabei erst einmal verkraften, dass man der eigenen Stärken beraubt war. Leon Simeth und Manuel Kerschbaum mussten sich im Mittelfeld derart weit zurückfallen lassen, dass sie oftmals auf Höhe der eigenen letzten Abwehrspieler waren. „Wir sind gut, wenn wir durch die Schnittstellen kommen. Doch wir hatten keinen Platz. Unsere Achter und Zehner sind gar nicht in die gewohnten Positionen gekommen und mussten sich dann zurückfallen lassen, um zu Ballaktionen zu kommen“, erklärte Heller.
Seine Mannen hatten aufgrund der Fünferkette einen geänderten Plan. So standen Michael Neumeier und Sepp Kollie auf den Außenbahnen sehr hoch. „Wir wollten den 1860-Spielaufbau früh stören, dass deren Außenspieler Mayerl und Gratt relativ früh in den Spielaufbau müssen. Dann wären die Wege für unsere Achter nicht so weit gewesen“, sagte Heller – Wasserburg wollte Pressingsituationen provozieren. Dies klappte aber nicht, und so wurde der Plan erneut geändert. „Diagonalbälle waren eigentlich nur die zweite oder dritte Option. Aber die Jungs haben schnell gemerkt, dass alles andere wenig Sinn macht.“ Diese Bälle kamen aber nur selten an – und so waren Wasserburgs Angriffe wirkungslos.
Bilderbuch-Kopfball von Kenan Smajlovic
Rosenheims Steigerung: Gegenüber dem 0:0 vor einer Woche in Bruckmühl hatten sich die Sechziger vor allem in den Zweikämpfen wesentlich verbessert. Gerade im Mittelfeld, wo es aufgrund der selbst provozierten Enge viele Duelle gab, behielten der bärenstarke Florian Grundner und der am Boden bei Zweikämpfen unglaublich erfolgreiche Adel Merdan oftmals die Oberhand – und untermauerten damit den Satz „Wer die Zweikämpfe gewinnt, der gewinnt auch das Spiel.“ 1860-Coach Schellenberg erläuterte dann auch: „Wir waren wesentlich mutiger und haben uns mehr zugetraut als in Bruckmühl – ohne dass wir die Grundordnung verloren haben.“ Darüber hinaus sorgten diese gewonnenen Duelle auch für die Mehrzahl an klaren Torchancen. Alleine im ersten Durchgang rettete – bei einem Schuss von Grundner und einem Bilderbuch-Kopfball von Kenan Smajlovic – zweimal der Pfosten für Wasserburg. „Wir müssen eigentlich in der Halbzeit schon weg sein“, analysierte Heller.
Der Frechdachs macht ihn rein
Der Siegtreffer: Edis Muhameti, der seine Freiheiten und seine Schnelligkeiten in manchen Situationen deutlich besser nutzte als in Bruckmühl, war fast an der Torauslinie gefoult worden und Kenan Smajlovic zum Freistoß angetreten. Dass er den dann aufs kurze Eck platzierte, war gewitzt, dass der Ball ins Tor ging, normalerweise nicht möglich. „Ich weiß nicht, ob es die Mauer oder der Torwart war. Ich weiß nur, dass der Ball im kurzen Eck einschlägt – und dann stimmt in der Regel etwas nicht“, monierte Heller. Trainerkollege Schellenberg hatte „nicht damit gerechnet, dass er den aufs ,Kurze‘ haut“. Smajlovic selbst hatte zunächst auch etwas anderes vor: „Mein erster Gedanke war: ,Schlag ihn aufs lange Eck zu Malik.‘ Dann habe ich aber gesehen, wie die Mauer gestellt war und wie der Torwart steht. Und ich bin dann halt so ein kleiner Frechdachs und dachte mir: ,Den haust du jetzt rein‘.“ Gesagt, getan – und damit auch Wiedergutmachung betrieben: „ Wir haben das Hinspiel so spät und unglücklich verloren. Deshalb waren wir komplett heiß auf das Spiel“, erklärte der Torschütze, der quasi als Freigeist den 1860-Sturm bildete. „Er hat viel weniger mit sich gehadert, wichtige Zweikämpfe gezogen und das Tor gemacht. So brauchen wir ihn“, lobte Schellenberg.
