Schwere bis sehr schwere Bergtour zwischen dem Salzburger Land und Kärnten
Ein Kleiner inmitten der ganz Großen: Der Breitkopf in den Hohen Tauern
Heiligenblut – Jeden Freitag lest Ihr hier unseren Wander-Tipp. Dieses Mal geht es auf den Breitkopf.
Die Wanderung im Überblick
- Berg/ Gipfel: Breitkopf-Hauptgipfel, 3.154 Meter; Breitkopf-Westgipfel, 3.115 Meter, Hohe Tauern
- Ziel: Gipfel
- Höhenmeter der Wanderung: Circa 900 Höhenmeter
- Ausgangspunkt: Parkhaus Kaiser-Franz-Josefs-Höhe, 9844 Heiligenblut, Österreich; erreichbar über die Großglockner-Hochalpenstraße (Maut PKW 40 Euro, Elektroauto 32 Euro)
- Gehzeit insgesamt: Acht bis zehn Stunden
- Schwierigkeit: konditionell schwer, technisch sehr schwer, orientierungstechnisch schwer
- Einkehrmöglichkeiten: Gletscherrestaurant Freiwandeck (am Ausgangspunkt); Oberwalderhütte, 2.972 Meter (circa 30 bis 45 Minuten von der Aufstiegsroute; erreichbar über Klettersteig, Schwierigkeit A/B)
- Benötigte Ausrüstung/ Kenntnisse: festes Schuhwerk, gegebenenfalls Stöcke, wind- und wetterfeste Kleidung, gegebenenfalls Helm, Steigeisen, Eispickel; absolute Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und Orientierungsvermögen, dazu Erfahrung im Hochgebirge
Wie an einer Perlenkette entlanggezogen reihen sich die Dreitausender des Fuscher-Kapruner-Kammes von Salzburg nach Kärnten. Gewöhnlich sind die Berge dort zwischen 3.300 und 3.400 Meter hoch, manche sind höher, manche sind niedriger. Einer davon ist der Breitkopf, der mit seinen 3.154 Metern der kleinste Dreitausender inmitten seiner großen Nachbarn ist. Doch auch wenn er niedriger als die Gipfel drumherum ist, sollte man den Breitkopf nicht unterschätzen: Weder Markierungen noch Sicherungen sind ab dem Südlichen Bockkarkees vorhanden, sodass die Tour nur erfahrenen Bergfreunden zu empfehlen ist.
Wer aber über das nötige Knowhow verfügt, für den ist der Breitkopf ein Genuss – nicht zuletzt, weil sich abenteuerliche Passagen mit traumhaft griffigem Fels vermischen und man ganz oben ganz oft ganz allein ist. Hast du das Zeug dazu? Dann komm mit!
Drei Gründe, warum sich die Wanderung lohnt
Abenteuer pur: Der Weg auf den Breitkopf ist weder markiert noch gesichert. Für die meisten Bergfreunde sicherlich aus gutem Grund abschreckend, für den abenteuerfreudigen Alpinisten hingegen ein Traum.
Ruhe und Einsamkeit: Während man auf den benachbarten Bergen an schönen Tagen nie allein ist, verirrt sich auf den Breitkopf kaum jemand. Unter Umständen trifft man auf dem Weg zum Gipfel keine andere Menschenseele.
Als Tagestour möglich: Die meisten Dreitausender in den Hohen Tauern sind nur in Verbindung mit einer Hüttenübernachtung möglich. So nicht beim Breitkopf: Durch einen Gesamtaufwand von maximal zehn Stunden ist dieser Berg auch Anfang Oktober noch im Rahmen einer Tagestour besteigbar.
Profi-Tour auf den Breitkopf




Der Berg ruft!
Das Wetter meint es heuer gut mit uns, deswegen sind es momentan noch weitestgehend schneefreie Verhältnisse am Berg auch in hohen Lagen. Aufgrund dieser Tatsache ist es aktuell (Stand: 10.10.) noch möglich, auf einen Dreitausender zu gehen. Die Wahl fällt auf den Breitkopf, einem einsamen Dreitausender im Fuscher-Kapruner-Kamm in den Hohen Tauern.
Startpunkt ist die Kaiser-Franz-Josefs-Höhe, die über die mautpflichtige Großglockner-Hochalpenstraße erreicht werden kann. Wir gehen vom riesigen Parkhaus hinunter, schon lächeln uns der Großglockner und die Berge um die Pasterze, dem längsten Gletscher der Ostalpen, an.
Der kalte Wind pfeift erbarmungslos, deshalb verschwinden wir gleich nach rechts in Richtung Gamsgrubenweg/ Oberwalderhütte. Von dort müssen wir durch ganze sechs Tunnel, deren Länge von 46 bis 256 Meter reicht. In diesen Tunneln erfahren wir an mehreren Stationen einiges über die Region, beispielsweise über die sagenhafte und die tatsächliche Entstehung der Pasterze oder den seit der Römerzeit betriebenen Bergbau in der Glockner- und Goldberggruppe. Am Ende des letzten Tunnels ist eine Absperrung, an der noch einmal eindringlich davor gewarnt wird, dass man ab hier auf eigene Gefahr unterwegs ist.
Nachdem wir den letzten Tunnel hinter uns gelassen haben, sind wir schon hoch über der Pasterze, oder besser gesagt dem, was von ihr noch übrig ist. Auf breitem Wege geht es parallel zum Gletscher wenig steil hinauf. Wir sollten hier allerdings aufmerksam unterwegs sein, denn dieser Abschnitt ist besonders steinschlaggefährdet. Nach 15 bis 20 Minuten können wir fürs erste aufatmen, doch eins ist sicher: Das war definitiv nicht der letzte gefährliche Abschnitt!
Der Weg zieht sich noch eine gute halbe Stunde bis zu einem größeren Rastplatz mit Denkmal, dann steigen wir endgültig ein in die raue, karge Welt des Hochgebirges. Etwa eine Viertelstunde dauert es, bis wir im Wasserfallwinkel angelangt sind. Vor 25 Jahren endete hier das Südliche Bockkarkees, heute plätschern nur noch einige wenige Rinnsale durch die steile Wand. Diese laufen in einem Schmelzwassersee zusammen, deren Abfluss in Richtung Pasterze geht. Wir marschieren ein wenig am Bach entlang, dann queren wir ihn über eine Brücke.
Im Anschluss daran wird es merklich steiler. Zum Glück helfen uns Markierungen, den Weg zu finden und dennoch haben wir noch ein bisschen Freiheit bei der Wahl der Route nach oben. Nach ungefähr 30 Minuten sind wir auf dem Elschberg auf knapp 2.900 Metern Seehöhe angekommen. Dort bietet sich eine Rast an, denn die Aussicht auf Großglockner, den Großen Burgstall mit der Oberwalderhütte und unser heutiges Ziel, den Breitkopf ist herrlich!
Höchste Konzentration bei der schwierigsten Etappe
Um den Breitkopf zu erreichen, müssen wir allerdings wieder einige Meter absteigen, um an das Südliche Bockkarkees zu gelangen. Je nachdem, wie wir ausgerüstet sind, legen wir nun die Steigeisen an und gehen über das Kees oder wir bewegen uns am Rande des Gletschers ostwärts in Richtung Fuscherkarscharte, die den Breitkopf vom Fuscherkarkopf trennt. Eine etwa 50 bis 60 Meter hohe Wand gilt es nun zu überwinden, um zu dieser Scharte zu gelangen.
Höchste Konzentration ist gefragt, da wir uns den Weg selbst suchen müssen. Dabei müssen wir höllisch aufpassen, wenn wir im Zickzack nach oben steigen: Dadurch, dass der Untergrund sehr brüchig bis sandig ist und es steil bergauf geht, könnte jeder Schritt der letzte sein. Auf Höhe der Fuscherkarscharte können wir ein wenig aufatmen, das schwierigste Stück ist nun überwunden! Dennoch sollten wir uns nicht zu sehr auf unseren Lorbeeren ausruhen, denn durch das lose Terrain rutschen wir immer wieder ab - zügiges Weitergehen ist das Gebot der Stunde.
Ein wenig später vernehmen wir ein Plätschern und plötzlich stehen wir an einem rauschenden Wasserfall. Es empfiehlt sich, den Bach an einer geeigneten Stelle zu überqueren, denn rechts davon beginnt der schönste Part der Tour: Auf scharfkantigen Bratschen verschmelzen Untergrund und Schuhe zu einer Einheit, einen solch extrem guten Grip hat man selten am Berg. Ein Genuss, so steil und so zügig nach oben zu kommen!
Doch so schön diese Etappe auch ist, wir sollten weiterhin tierisch aufpassen. Auf Fotos sollte man eher verzichten, denn wir könnten das Gleichgewicht verlieren und schnell zu einem Fall für die Bergwacht oder den Bestatter werden. Eine Viertelstunde später sind wir in einem Kar zwischen West- und Hauptgipfel des Breitkopfs angelangt. Nun wissen wir auch, warum es den Wasserfall gibt: Einst das Nördliche und Südliche Bockkarkees verbindend, wartet nun ein kümmerlicher Rest von Gletscher auf sein baldiges Ende. Spätestens dann gibt’s nur noch brüchigen und sandigen Untergrund in dieser kargen Mondlandschaft und keine Kaskaden über die Fuscherkarscharte in den Wasserfallwinkel mehr.
Es empfiehlt sich, links am Gletscher hinaufzugehen, Steigeisen sind nicht zwingend nötig. Dann gelangen wir an eine Scharte, die die beiden Gipfel voneinander trennt. Dort müssen wir uns ein letztes Mal gut konzentrieren, denn auch hier müssen wir uns den Weg über brüchigen und sandigen Untergrund hinauf selbst suchen. Am besten orientieren wir uns an helleren Gesteinsflecken, wenn wir uns nochmal im Zickzack nach oben schrauben. Etwa eine halbe Stunde dauert es, dann sind wir endlich auf dem 3.154 Meter hohen Gipfel, den nicht mal ein Kreuz ziert, angelangt. Berg Heil!
„Hoit, do is a Spoit“ beim Abstieg
Aufgrund der Ausgesetztheit und Brüchigkeit empfiehlt es sich nicht, den gleichen Weg über die Fuscherkarscharte wieder hinabzusteigen. Anstatt dessen steigen wir in das Kar hinab und von dort zum Westgipfel hinauf. Ab hier helfen uns wieder Steinmänner bei der Orientierung. Es geht zuerst nordwärts, bis wir an die Bockkarscharte gelangen, die das Nördliche vom Südlichen trennt. Auch hier müssen wir nochmal äußerst konzentriert vorgehen, denn circa 10 bis 15 Meter müssen wir in IIer-Kletterei über brüchiges, aber immerhin größeres Gestein, absteigen.
Dann ist’s mit der Kletterei endlich vorbei und vergleichsweise wenig steil geht es über das Südliche Bockkarkees nach unten. Zwar müssen wir nicht unbedingt wieder die Steigeisen anlegen, dennoch sollten wir auch auf dem Gletscher gut aufpassen, denn unter Umständen heißt es für uns “Hoit, do is a Spoit! Passt’s auf, dass kana einefoit” Also mit dem einen oder anderen Ausweichmanöver im Zickzack, am besten so weit links wie möglich, nach unten. Dort angelangt queren wir das Kees dann rechts und bald darauf sind wir wieder auf dem Aufstiegsweg.

