Reform der Gebäudeeffizienzrichtlinie
Sanierungspflicht: Was Hauseigentümer nun erwartet
aktualisiert:
Wenn es nach dem EU-Parlament geht, müssen Immobilien mit schlechter Energieeffizienz bis zum Jahr 2033 saniert werden. Millionen Haushalte wären von dieser Sanierungspflicht betroffen. Was sie genau bedeutet, welche Gebäude betroffen sind und welche Hilfen es gibt, erfahrt Ihr hier.
Die Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden soll strenger werden. Dafür hat das EU-Parlament im März gestimmt. Ähnlich wie bei Haushaltsgeräten soll künftig eine Skala von A bis G Auskunft über die Energieeffizienz von Gebäuden geben. Konkret sollen Wohngebäude bis 2030 mindestens die Energieeffizienzklasse E und bis 2033 die Klasse D erreichen. Öffentliche Gebäude sowie Nichtwohngebäude drei Jahre früher. Zudem sollen ab 2028 nur noch Häuser gebaut werden, durch die quasi keine zusätzlichen Treibhausgase ausgestoßen werden.
Hintergrund: Der Gebäudesektor hat einen beträchtlichen Anteil am gesamten Energiebedarf - Rund 40 Prozent des Verbrauchs und 36 Prozent der Treibhausgasemissionen in der EU entfallen auf Gebäude. Damit ist dieser Sektor einer der wichtigsten Hebel, um klimaschädliche Emissionen zu reduzieren.
Wie die Hauseigentümer die Vorgaben erfüllen, schreibt die Richtlinie nicht vor. Außerdem sind Dämm-Maßnahmen oder moderne Heizungsanlagen auch nur vorgeschrieben, wenn ein Gebäude verkauft, im größeren Maßstab renoviert oder ein neuer Mietvertrag unterzeichnet wird.
Eigentümern drohen teils hohe Kosten
Das Vorhaben des Europaparlaments muss noch mit den EU-Mitgliedstaaten ausgehandelt werden und wird durchaus kontrovers diskutiert. Kritiker sehen darin eine Pflicht zu teuren Sanierungen - häufig ist auch von „Zwangssanierungen” die Rede. Es steht die Befürchtung im Raum, dass auf viele Hauseigentümer hohe Sanierungskosten zukommen. „Das wird Hauseigentümer überfordern“, sagte etwa Markus Pieper von der CDU. Und Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW meint: „Die Vorschläge des Europaparlaments sind absurd. In gerade einmal neun Jahren müsste fast die Hälfte aller Gebäude in der gesamten EU saniert werden. Dabei herrscht schon jetzt ein massiver Material- und Fachkräftemangel, die Preise rund um das Bauen und Sanieren explodieren und auch die Zinsen steigen weiter.”
Die deutsche EU-Abgeordnete Jutta Paulus von den Grünen betonte hingegen: „Ziel für die anstehenden Verhandlungen ist es, den Energieverbrauch von Gebäuden massiv zu senken und den Geldbeutel der Verbraucher zu schonen.“ Der Europaabgeordnete Jens Geier hob nach der Abstimmung hervor, dass der Weg zur Klimaneutralität sozial sein müsse. „Finanziell schwächere Haushalte sollen vor Kostendruck geschützt werden. Das sieht der Richtlinienentwurf ausdrücklich vor“, so der SPD-Politiker.
Sanierungspflicht: Wie viele Gebäude sind betroffen und welche Unterstützung gibt es?
Laut deutschem Immobilienverband (IVD) wären in Deutschland überproportional viele Ein- und Zweifamilienhäuser von einer Zwangssanierung betroffen – rund 40 Prozent der 16 Millionen Eigenheime seien kaum saniert und befänden sich jetzt noch in den Energieklassen G und H. Nach Angaben der EU-Kommission wären bei einer Renovierung von Stufe G auf F zirka 30 Millionen Gebäudeteile – mit Wohnungen – in der EU betroffen.
150 Milliarden Euro sollen bis 2030 im EU-Haushalt zur Verfügung stehen, um Hauseigentümern bei der Einhaltung der Mindestnormen für die Energieeffizienz unter die Arme zu greifen. Auch ein Teil des geplanten Klima-Sozialfonds soll für das Renovieren von Häusern verwendet werden.
Darüber hinaus sind zahlreiche Ausnahmen bei der Sanierungspflicht geplant. Für Denkmäler, architektonisch oder historisch wertvolle Gebäude sowie Sozialwohnungen sollen die Maßnahmen nicht verpflichtend sein.
Umweltorganisationen kritisieren die zahlreichen Ausnahmeregelungen. Dadurch werde die Wirksamkeit der Mindeststandards abgeschwächt, warnte Elisabeth Staudt von der Deutschen Umwelthilfe (DUH).
Reform der Gebäuderichtlinie: Wie geht es weiter?
Mit der Abstimmung im EU-Parlament sind die Pläne zur Überarbeitung der EU-Gebäuderichtlinie noch nicht beschlossen. Die EU-Staaten und das Parlament müssen noch einen Kompromiss finden, bevor die Vorgaben in Kraft treten können. Diese Verhandlungen ziehen sich in der Regel über mehrere Monate. Man hofft, bis Mitte 2023 einen Kompromiss gefunden zu haben. Änderungen an dem Vorhaben sind weiterhin möglich. Anschließend müssen die EU-Staaten die Regeln in nationales Recht umsetzen.
Der Deutsche Immobilienverband (IVD) plädiert dafür, dass eine Sanierungspflicht für Wohnhäuser bis zehn Einheiten erst einsetzt, wenn das Gebäude den Eigentümer wechselt. Der neue Eigentümer müsste dann innerhalb von fünf Jahren nach dem Kauf energetisch sanieren. „Ein vernünftiger Lösungsansatz, weil der neue Eigentümer weiß, worauf er sich beim Erwerb der Immobilie einlässt“, sagt IVD-Präsident Jürgen Michael Schick.
Neue Förderboni und leichtere Förderbedingungen
Zum 1. Januar 2023 ist die novellierte Bundesförderung für effiziente Gebäude in Kraft getreten. Mit neuen Förderboni und leichteren Förderbedingungen will die Bundesregierung möglichst viele Menschen bei der energetischen Sanierung ihrer Häuser unterstützen. Denn: Bei der Sanierung des Gebäudebestands sind Klimaschutzeffekt und Fördereffizienz am höchsten.
Wer eine Komplettsanierung umsetzen und dafür Förderung beantragen möchte, wendet sich an die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Wer Fenster, Türen oder Heizkessel austauschen möchte, wendet sich an das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Nur noch das BAFA ist künftig für die sogenannten Einzelmaßnahmen zuständig.
as mit Material der dpa