Reparieren statt wegwerfen
EU ebnet Weg für Recht auf Reparatur: Was Ihr dazu wissen müsst
Ist ein elektrisches Gerät kaputt, landet es oft im Müll. Denn eine Reparatur ist zumeist teuer, umständlich oder schlicht unmöglich. Dieser Praxis tritt der europäische Gesetzgeber jetzt mit einem EU-weiten Recht auf Reparatur entgegen.
Nur 23 Prozent der Geräte, die kaputtgehen, werden derzeit repariert – und das, obwohl Verbraucher reparieren (lassen) wollen. Die schlechten Rahmenbedingungen halten sie aber davon ab: Entweder lassen sich Produkte gar nicht reparieren, Ersatzteile fehlen, die Kosten für eine Reparatur sind zu hoch oder es findet sich niemand, der die Reparatur durchführen kann.
Eine entsprechend kurze Lebensdauer von Elektrogeräten ist aber nicht nur schlecht für den Geldbeutel der Verbraucher, sondern belastet auch die Umwelt immens. Ressourcen sind endlich. Wir können es uns nicht mehr leisten, alles gleich wegzuwerfen, wenn es kaputt geht. Deshalb hat der Gesetzgeber jetzt gehandelt.
Reparaturen im Rahmen gesetzlicher Gewährleistung
Die im April 2024 verabschiedete Richtlinie sieht laut Europäischem Verbraucherzentrum Deutschland vor, dass bei Produkten, die noch unter die Gewährleistung fallen, die kostenlose Reparatur Vorrang vor dem Austausch hat. Heißt: Künftig sollen Bürgerinnen und Bürger von den Herstellern einfordern können, defekte Geräte im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistung zu reparieren, statt sie zu ersetzen. Die Unternehmen sollen also verpflichtet werden, gängige Haushaltsgeräte wie Waschmaschinen, Staubsauger und Smartphones wieder instand zu setzen.
Werden Produkte repariert, müssen Hersteller die gesetzlich vorgeschriebene Gewährleistung um ein Jahr verlängern. Auch sollen Nutzer die Möglichkeit erhalten, für die Dauer der Reparatur ein Ersatzgerät auszuleihen.
Reparatur nach Ablauf der Gewährleistung
Für defekte Geräte, die nicht mehr unter die Gewährleistung fallen, sieht die Richtlinie grundsätzlich eine Reparaturpflicht des Herstellers vor. Oder, wenn dieser seinen Sitz nicht in der EU hat, für den Importeur. Darüber sollen Unternehmen Bürger aktiv informieren müssen.
Wie lange nach dem Kauf eine Reparatur angeboten werden muss, hängt von der Art des Produkts ab und wird voraussichtlich zwischen 5 und 10 Jahren liegen.
Die Reparaturkosten sind in jedem Fall vom Käufer zu tragen, dürfen aber nicht unangemessen hoch sein. Unternehmen sollen künftig die Kosten für Ersatzteile öffentlich machen. Diese ebenso wie Werkzeuge müssen sie dann zu einem „vernünftigen Preis” bereitstellen.
Laut Europäischer Kommission wird den Herstellern gemäß geltendem Recht untersagt, Reparaturen durch Vertragsklauseln, Hard- oder Softwareeinstellungen zu erschweren, etwa indem die Verwendung gebrauchter, kompatibler oder im 3D-Druckverfahren gefertigter Ersatzteile durch unabhängige Reparaturwerkstätten behindert wird.
Einrichtung einer Informationsplattform
Damit die Verbraucher leichter eine Reparaturwerkstatt finden, sieht die neue Verordnung die Installation einer europäischen Online-Reparatur-Plattform vor, auf der sie Werkstätten und Repaircafés finden können.
Schließlich soll ein europaweit einheitliches Formular eingeführt werden, das die Verbraucher über den Preis und die Bedingungen für die Reparatur informiert und den Wettbewerb fördert. Dem Reparateur steht es frei, das Formular vor der Reparatur auszuhändigen.
Verbraucherschützer fordern Reparatur-Bonus
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hält die EU-Richtlinie für einen guten ersten Schritt, Reparaturen zu erleichtern. Er fordert die Bundesregierung auf, die Umsetzung zügig anzugehen und noch in dieser Legislaturperiode einen bundesweiten Reparatur-Bonus einzuführen. „Reparatur muss für Verbraucher zu einer sinnvollen Alternative gegenüber dem Neukauf werden“, sagt Ramona Pop, Vorständin des vzbv. „Oft entscheidet der Preis, ob ein Produkt repariert wird. Verbraucher müssen daher finanziell unterstützt werden, wenn sie sich für eine Reparatur entscheiden. Der Reparatur-Bonus als Modell in Thüringen oder Sachsen war ein großer Erfolg. Das kann ein Vorbild für die bundesweite Einführung sein.“
Mit den vereinbarten Vorschriften werden die Mitgliedstaaten außerdem verpflichtet, Reparaturen mit mindestens einer Maßnahme zu fördern, z. B. mit Reparaturgutscheinen, Reparaturfonds oder der Förderung lokaler Reparaturinitiativen. Solche Maßnahmen können mit EU-Mitteln unterstützt werden, was in einigen Mitgliedstaaten bereits der Fall ist.
Recht auf Reparatur muss für mehr Produkte gelten
Der vzbv kritisiert, dass bisher zu wenige Produkte von der EU-Richtlinie abgedeckt werden. Regelungen gibt es nur für zehn Produktgruppen, darunter Waschmaschinen, Fernsehgeräte, Smartphones und E-Bikes.
Elektro- und Elektronik-Kleingeräte, die im Alltag häufig kaputt gehen, fallen derzeit nicht darunter. „Ein Recht auf Reparatur muss für alle Produkte gelten, auch für Kaffeemaschinen und Möbel“, sagt Pop. Der vzbv fordert, dass sich die Europäische Kommission dafür einsetzt, das Recht auf Reparatur zeitnah auf weitere Produktgruppen auszudehnen. Hier ist allerdings derzeit keine schnelle Lösung in Sicht.
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