Solaranlagen nur auf Süddächern, erhöhte Brandgefahr?
Photovoltaik-Mythen: Diese fünf Irrglauben halten sich hartnäckig
Ihr denkt darüber nach, eine Solaranlage zu installieren? Dann habt Ihr sicher schon mal diese fünf gängigen Aussagen gehört - die aber nur bedingt zutreffen:
Solaranlagen erfreuen sich großer Beliebtheit: Anfang 2023 waren in Deutschland laut strom-report.com über 2,2 Millionen solcher Anlagen installiert, die in den ersten vier Monaten des Jahres bereits 12,9 Milliarden Kilowattstunden Strom ins deutsche Stromnetz eingespeist haben. Kein Wunder, kann man doch durch Solaranlagen einen Teil des eigenen Strombedarfes decken, dadurch Stromkosten sparen, und bekommt zudem noch eine Einspeisevergütung von derzeit maximal 8,6 Cent pro Kilowattstunde.
Soweit die Fakten – daneben kursieren aber noch viele andere Vorstellungen und gut gemeinte Ratschläge: Photovoltaikanlagen lohnen sich nur auf Süddächern, man kann den gesamten Strombedarf eines Hauses mit Sonnenenergie decken, und Häuser mit Solaranlagen fangen schneller Feuer? Viele Hausbesitzer, die mit der Installation einer Anlage liebäugeln, lassen sich von solchen Aussagen gerne verunsichern. Was stimmt davon, und was ist falsch? Wir nehmen fünf der Aussagen unter die Lupe:
Aussage 1: Photovoltaikanlagen lohnen sich nur auf Süddächern
Was stimmt: Der Ertrag einer Solaranlage hängt von der Neigung der Module und deren Ausrichtung ab. Den meisten Ertrag produzieren sie deshalb auf Süddächern bei einer Neigung von 35 Grad.
Was nicht stimmt: Solaranlagen auf Süddächern sind aber deshalb nicht lukrativer. Oftmals lohnt sich eine Anlage mit Ost-West-Ausrichtung wirtschaftlich mehr. Der Grund: Nach wie vor profitiert man am meisten von der Solarenergie, wenn man den produzierten Strom direkt selbst verbraucht. Und bei Ost-West-Anlagen wird der kontinuierlicher über den Tag hinweg produziert. Gerade morgens und nachmittags – wo die meisten Hausbewohner daheim sind – entsteht viel Solarstrom, der dann zum Beispiel für die Wasch- oder Spülmaschine verwendet werden kann. Dadurch muss weniger Strom eingekauft werden, was die Kosten senkt. Übrigens: für Ost- und West-Dächer ist laut co2-online.de eine Neigung von 25 Grad für die Module optimal, weil die Sonne morgens und nachmittags flacher steht.
Aussage 2: Häuser mit Solaranlagen brennen schneller
Was stimmt: 0,006 Prozent der Photovoltaikanlagen waren zwischen 1994 und 2013 Auslöser für einen Brand – das hat das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE herausgefunden. Das entspricht 6 von 100.000 Solaranlagen. Seit 2013 hat sich an den Statistiken nichts verändert.
Was nicht stimmt: Solaranlagen stellen dementsprechend keine nennenswerte Brandgefahr dar. Auch der Glaube, dass Feuerwehren brennende Häuser mit Solaranlagen nicht löschen, weil die Module unter Strom stehen, ist falsch. Der Feuerwehrverband hat dafür klare Vorgaben: bei Niedrigspannung kann eine Anlage mit Vollstrahl aus einer Entfernung von 5 Metern, mit Sprühstahl schon ab 1 Meter Entfernung gelöscht werden. Bei Hochspannung gelten 10 Meter mit Vollstrahl und 5 Meter mit Sprühstrahl.
Aussage 3: Mit Anlage und Speicher kann der Strombedarf eines ganzen Haushalts gedeckt werden
Was stimmt: Im Sommer kann mehr Strom durch die Anlage erzeugt werden, als verbraucht wird, dieser kann theoretisch in einer Batterie gespeichert werden.
Was nicht stimmt: Eine Autarkie lohnt sich dennoch finanziell in der Regel nicht, denn entsprechende Speicher sind extrem teuer – eine Einspeisung des Überschusses in das Stromnetz ist daher im Sommer sinnvoller. In der meisten Zeit des Jahres kann durch eine Solaranlage gut 30 bis 90 Prozent des Verbrauches abgedeckt werden, je nach Größe der Anlage. Aber vor allem im Winter muss fast immer zusätzlich Strom aus dem Netz bezogen werden.
Aussage 4: Mit einer Solaranlage ist man bei Stromausfall geschützt
Was stimmt: Theoretisch kann man einen Stromspeicher mit speziellem Wechselrichter installieren, der im Falle eines Stromausfalles Notstrom liefert.
Was nicht stimmt: Eine Solaranlage ohne einen solchen Spezialspeicher reicht aber nicht aus, um vor Stromausfällen geschützt zu sein. Denn: Bei einem Stromausfall wird der Wechselrichter, der in Solaranlagen verbaut ist, automatisch ausgeschalten. Dementsprechend wird dann kein Strom mehr eingespeist. Das gilt für Anlagen auf dem Dach, ebenso wie für Balkonanlagen. Für letztere lohnt es sich übrigens nie, einen Speicher zu installieren – sie erzeugen so wenig Strom, dass der gespeicherte Strom im Falle eines Stromausfalles nicht mal die Haushaltsgeräte versorgen könnte.
Aussage 5: Nur mit einem Speicher lohnt sich eine Solaranlage
Was stimmt: Mit einem Batteriespeicher könnt Ihr noch mehr Eures sonnenerzeugten Stroms selbst nutzen. Dadurch spart Ihr Euch besonders viel Stromkosten, wenn die Strompreise hoch sind – was derzeit der Fall ist.
Was nicht stimmt: Eine Solaranlage lohnt sich aber auch ohne Speicher – gerade bei kleinen Anlagen ist es sogar meist lukrativer, auf Speicher zu verzichten. Denn: Die Speicher haben mit 10 bis 15 Jahren eine viel kürzere Lebensdauer als die Anlagen selbst, verlieren mit zunehmendem Alter an Speicherkapazität und sind dafür dann pro gespeicherter Kilowattstunde relativ teuer.
Ob sich das Nachrüsten mit einem Speicher lohnt, könnt Ihr mit einer einfach Faustformel berechnen. Dafür braucht Ihr die Anschaffungskosten für die Anlage samt Speicher, die Kosten, die für Strom aus dem öffentlichen Netz anfallen, sowie die Einnahmen durch die Einspeisevergütung. Diese liegt derzeit bei maximal 8,6 Cent pro Kilowattstunde. Dann berechnet Ihr zunächst folgendes:
Anschaffungskosten + Stromkosten – Einnahmen aus Einspeisevergütung
Das Ergebnis teilt Ihr durch 15 – was der Lebensdauer eines Batteriespeichers entspricht – wodurch Ihr erfahrt, wie viel Euch die Anschaffung des Speichers pro Jahr kostet. Die Kosten vergleicht Ihr dann mit den jährlichen Stromkosten. Am besten nehmt Ihr dafür den kWh-Wert des vergangenen Jahres (den findet Ihr auf Eurer letzten Jahresabrechnung) und multipliziert ihn mit dem derzeitigen kWh-Preis – laut Verivox liegt der derzeit im Mittel bei 32,4 Cent. Sind die Kosten für den Jahresstromverbrauch höher als die tatsächlichen jährlichen Kosten für Solaranlage samt Speicher, lohnt sich der Speicher in wirtschaftlicher Hinsicht.
fso