Entlastungen für Endverbraucher
Explodierende Kosten: Was Ihr jetzt gegen hohe Strompreise tun könnt
Viele Stromversorger verschicken gerade Post mit satten Preiserhöhungen zum Jahreswechsel. Nie war Strom in Deutschland so teuer - und bleibt es auch 2023. Welche Maßnahmen die Politik ergreift und was Ihr selbst tun könnt, erfahrt Ihr hier.
Die Energiekrise betrifft nicht nur den Gas-, sondern auch den Strommarkt. Mancherorts werden die Strompreise mehr als verdoppelt. Rund 37 Cent pro Kilowattstunde zahlten Verbraucher im Juli 2022 durchschnittlich. Das schreibt der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) in seiner Strompreisanalyse.
Anfang September 2022 lag der Durchschnittspreis bei Neuverträgen bei 41 Cent pro kWh. Der Grund: Wegen des bis Ende August stark gestiegenen Börsenstrompreises haben die Stromanbieter ihre Preise für die Endkunden immer wieder erhöht. Und die Preise werden 2023 weiter steigen. „Das neue Jahr beginnt mit einer massiven Preiserhöhungswelle beim Strom“, sagt der Energieexperte des Vergleichsportals Verivox, Thorsten Storck.
Wie entsteht der Strompreis und was hat ihn nach oben getrieben?
Aufgrund der Gaskrise sind die Preise an der Strombörse seit Anfang 2022 immer weiter gestiegen. Denn ein Teil des Stroms wird in Deutschland immer noch durch Gaskraftwerke erzeugt – und deren teure Produktion bestimmt maßgeblich den Strompreis 2023 für die Verbraucher. Denn immer mehr Versorger wälzen die gestiegenen Großhandelspreise jetzt auf diese ab.
In die Kalkulation des Strompreises für Haushaltskunden fließen laut Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz drei wesentliche Bestandteile ein:
- Der Preis für die Beschaffung sowie den Vertrieb des Stroms
- Die Entgelte für die Netznutzung
- Die staatlich veranlassten Preisbestandteile wie zum Beispiel Steuern und EEG-Umlage
Der erste Preisbestandteil bildet sich aus dem Wettbewerb der Stromanbieter - und kann sehr unterschiedlich hoch sein. Hier können die Stromkunden häufig Geld sparen, indem sie ihren Vertrag gut auswählen und prüfen, ob sich ein Wechsel des Anbieters oder Tarifes lohnt.
Die Bundesregierung setzt die Rahmenbedingungen dafür, dass der Markt transparent ist und die Stromkunden sich auf die Angebote verlassen können. Die Bundesregierung prüft deshalb aktuell, wie die Rahmenbedingungen verbessert werden können.
Zudem prüfen die Kartellbehörden fortlaufend, ob es in Einzelfällen zu Missbrauch gekommen ist. „Es kann nicht sein, dass die Menschen, die Tarife vergleichen, ein günstiges Angebot wählen und darauf vertrauen, am Ende des Tages die Leidtragenden sind”, sagt Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz.
Was tut die Politik gegen die explodierenden Preise?
Laut Monitoringbericht 2020 von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt machen die staatlich veranlassten Preisbestandteile ungefähr die Hälfte des Strompreises aus. Um diese Kosten zu senken, wird die EEG-Umlage mit dem Beschluss des Bundestages ab 2023 abgeschafft. Stromkunden müssen bereits seit dem 1. Juli 2022 keine EEG-Umlage mehr zahlen.
Insgesamt will die Ampel-Koalition mit Hilfe mehrerer Maßnahmen die finanzielle Mehrbelastung von Haushalten aufgrund der höheren Energiekosten abfedern. So ist für 2023 auch eine sogenannte „Strompreisbremse“ vorgesehen: Demnach soll für einen „Basisverbrauch“ – 80 Prozent des Stromverbrauchs im Vorjahr – im kommenden Jahr eine Preisobergrenze von 40 Cent pro Kilowattstunde (kWh) gelten. Über den Basisverbrauch hinaus soll der Marktpreis gelten. Die Versorger sollen die Strompreisbremse ab März in den Abschlägen berücksichtigen. Rückwirkend soll sie dann auch für Januar und Februar gelten.
Preiserhöhungen bei Strom und Gas – was ist erlaubt?
Wenn Euer Energieanbieter die Preise erhöht, habt Ihr in der Regel ein Sonderkündigungsrecht. Der Vertrag kann dann zu dem Zeitpunkt beendet werden, an dem die Preiserhöhung in Kraft tritt. Steigen die Preise also zum Beispiel am 1. Januar, könnt Ihr bis zum 31. Dezember kündigen.
Manchmal wird die Info über eine Preiserhöhung aber versteckt. Und nicht jede Erhöhung ist zulässig. Laut Bundesnetzagentur gilt grundsätzlich: Eine vertraglich vereinbarte Preisbindungsklausel/Preisgarantie kann eine Preiserhöhung ausschließen. Zudem müssen Euch Preisänderungen einen Monat, bevor diese gelten sollen, mitgeteilt werden. Der Lieferant muss Euch darüber hinaus über den Grund, die Voraussetzungen und den Umfang der Änderungen informieren.
Deshalb solltet Ihr jeden Brief und jede E-Mail Eures Strom- oder Gasanbieters genau durchlesen. Auch wenn Ihr gerade erst den Anbieter gewechselt habt, kann es sein, dass die Preise schon kurz nach Vertragsschluss steigen sollen.
Bemerkt Ihr eine Preiserhöhung, gibt es drei wichtige Dinge, die Ihr tun könnt:
- Prüft, ob überhaupt eine Erhöhung erlaubt ist. Grundversorger dürfen die Preise grundsätzlich erhöhen, wenn bestimmte Kostenfaktoren, auf die sie keinen Einfluss haben, ansteigen. In Sonderverträgen muss das Preisänderungsrecht dagegen in den AGB vereinbart sein.
- Schaut in Eure Unterlagen: Ist die Preiserhöhung wirksam mitgeteilt worden? In der Regel heißt das, dass Ihr rechtzeitig vorher einen Brief erhalten habt, in dem die Preiserhöhung einfach und verständlich erklärt wird.
- Recherchiert, ob ein Anbieterwechsel eine Ersparnis bringen kann.
Quelle: Verbraucherzentrale
Wenn die Voraussetzungen für eine Preisänderung nicht erfüllt sind und diese unzulässig ist, könnt Ihr Folgendes tun:
- Widersprecht der Preisänderung! Gebt an, weshalb Ihr sie für unzulässig haltet (etwa weil eine Preisgarantie besteht oder die Informationsfrist nicht eingehalten wurde).
- Kündigt den Vertrag (Sonderkündigung), wenn Ihr lieber von einem anderen Lieferanten beliefert werden wollt.
Quelle: Bundesnetzagentur
Wie finde ich einen günstigen Stromtarif?
Deutschlandweit konkurrieren laut Bundesnetzagentur weit über 1.000 Stromanbieter mit etwa 15.000 verschiedenen Tarifen um neue Kunden. Statistisch gesehen stehen diesen also jeweils rund 100 Anbieter zur Verfügung.
Tarife vergleichen könnt Ihr am besten mit Hilfe von Vergleichsportalen im Internet, wie Verivox und Check24. Sie vermitteln zwischen Kunden und Versorgern. In der Regel könnt Ihr den von Euch gewählten Tarif dann direkt auf der Seite des Anbieters aufrufen und den Vertrag online abschließen.
Zwei Angaben sind laut Finanztip für einen Tarifvergleich nötig: Die Postleitzahl und der Stromverbrauch. Wenn Ihr Euren Verbrauch nicht kennt, könnt Ihr angeben, wie viele Personen im Haushalt wohnen. Der Rechner verwendet dann einen Durchschnittswert.
Stromanbieter wechseln - ja oder nein?
Bei einem Vergleich einen günstigeren Stromanbieter zu finden, ist aktuell eine Herausforderung. Es kann sich daher lohnen, fürs erste bei Eurem Stromanbieter zu bleiben – vor allem, wenn Ihr noch eine Preisgarantie habt. „Die Strompreiserhöhungen zum Jahreswechsel fallen teils drastisch aus“, sagt der Energieexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, Udo Sieverding. „Leider sind die Neukundentarife über die Vermittlungsportale noch höher, so dass ein Anbieterwechsel in den meisten Tarifgebieten keine Ersparnis bringt.“
Aktueller Hinweis der Verbraucherzentrale
Beachten Sie in der Energiepreis-Krise im Jahr 2022, dass auf die stark steigenden Preise viele Anbieter reagieren und es nicht gesagt ist, dass nach einem Wechsel ein neuer Anbieter bei seinen aktuellen Tarifen bleibt. Und: Einzelne Anbieter haben Ende 2021 schlicht die Belieferung eingestellt.
Grundversorgung und Ersatzversorgung
Prüft unbedingt den sogenannten Grundversorgungstarif bei Euch vor Ort – meist von den Stadtwerken. „Kunden außerhalb der Grundversorgung sollten bei Preiserhöhungen sogar in Erwägung ziehen, vom Sonderkündigungsrecht Gebrauch zu machen und sich in die Grundversorgung fallen zu lassen“, rät der Verbraucherschützer. Der Grundversorgungstarif galt früher als sehr teurer Tarif. Aktuell liegt er aber mancherorts schon jetzt unterhalb der Tarife anderer Anbieter.
Wenn Ihr Euren aktuellen Tarif nicht bewusst gewählt habt, steckt Ihr laut Finanztip vermutlich bereits in der Grundversorgung. Jeder hat ein gesetzliches Recht, dorthin zu wechseln. Seid Ihr im Grundtarif Eures Grundversorgers, beträgt die reguläre Kündigungsfrist zwei Wochen.
Fällt Euer bisheriger Versorger plötzlich aus, beliefert Euch der Grundversorger im Rahmen der Ersatzversorgung. Hier gibt es keinen Vertrag und daher auch keine Kündigungsfrist – sobald Euch ein gewählter Lieferant versorgt, endet die Ersatzversorgung wieder. Bleibt Ihr untätig, läuft die Ersatzversorgung nach drei Monaten aus und Ihr schließt durch weitere Nutzung von Strom aus dem öffentlichen Netz einen Grundversorgungsvertrag.
Seit Sommer 2022 dürfen die Preise in der Ersatzversorgung höher sein als in der Grundversorgung - und sie dürfen regelmäßig erhöht werden. Falls Ihr Euch in der Ersatzversorgung befindet, solltet Ihr also möglichst schnell einen neuen Vertrag abschließen.
Wie funktioniert ein Anbieterwechsel?
Am wenigsten Aufwand habt Ihr, wenn Ihr Euch direkt einen neuen Anbieter sucht. Denn dieser kündigt dann Eurem alten Anbieter. Der neue Vertrag sollte direkt an das Ende des alten anschließen. Weil geht etwas schief beim Wechsel, bekommt Ihr trotzdem weiter Strom. Ihr rutscht dann vorübergehend in die Ersatzversorgung.
Als Verbraucher Einfluss auf den Strompreis nehmen
Auf den ersten Blick scheint der Einfluss der Bürger auf die Strompreise gering. Doch das täuscht, denn Stromsparen hilft. Zum einen bedeutet weniger verbrauchter Strom natürlich geringere Stromkosten. Zum anderen können die Verbraucher durch Energiesparen aber auch den Strombörsenpreis niedriger halten.
Zu den größten Stromfressern im Haushalt zählt alles, was Wärme oder Kälte erzeugt. Unterhaltungselektronik und Licht machen ebenfalls einen erheblichen Teil des Stromverbrauchs aus.
Mehr Informationen rund ums Thema Sparen findet Ihr in den OVB24 Spar-Tipps!
Trotzdem: auf hohe Energiekosten vorbereiten
Um auf mögliche Nachzahlungen bei den Energiekosten vorbereitet zu sein, solltet Ihr – wenn möglich – jetzt Geld zurücklegen. Das gilt insbesondere dann, wenn Euer Abschlag beim Energielieferanten oder die Nebenkosten bei Eurem Vermieter bisher noch nicht angepasst wurden. Mit einer hohen Nachzahlung könnt Ihr sonst schnell in finanzielle Schwierigkeiten geraten.
Ihr solltet aber nicht unaufgefordert höhere Zahlungen an den Energielieferanten leisten. Es ist immer besser, das Geld selbständig zurückzulegen, als zu viel an den Lieferanten zu bezahlen. So verliert Ihr nämlich nicht Euer Geld, wenn der Lieferant beispielsweise insolvent wird.
as