„Unverschämt“ teuer
„Hat sich für mich erledigt“ – Supermarkt-Kunden schwören teurem Olivenöl ab
Ungünstige Ernten verursachen eine Verknappung von Olivenöl und eine Preissteigerung in deutschen Supermärkten. Die Meinungen sind gespalten.
Frankfurt – In Deutschland scheint Olivenöl zu einem Luxusgut zu werden: Im Juli war der Preis um 45 Prozent höher als im Vorjahr, so die Angaben des Statistischen Bundesamtes. Kein anderes Lebensmittel verzeichnete einen solchen Anstieg. Schon in den vorherigen Monaten stiegen die Preise für Olivenöl jeweils um 40 Prozent und mehr im Vergleich zum jeweiligen Vorjahresmonat. Im Gegensatz dazu stiegen die Preise für Lebensmittel im Juli insgesamt nur um 1,3 Prozent. Die hohen Kosten für Olivenöl sorgen in den Supermärkten für schockierte Gesichter. Viele Konsumenten stehen vor der Entscheidung: Auf das Produkt verzichten oder den hohen Preis zahlen?
Nutzer schimpfen im Netz: „Unverschämt, wie teuer Olivenöl ist“
Im Internet gibt es verschiedene Ansichten zum Preisschock bei Olivenöl. Einerseits ärgern sich die Beobachter über die Kosten. „Unverschämt wie teuer Olivenöl ist, wirklich“, kommentiert beispielsweise ein X-Nutzer. Eine lebhafte Diskussion entstand auch unter einem entsprechenden Artikel auf Focus Online. „Wie so häufig scheinen hier einige Hersteller und Supermärkte gezielt ihren Kunden das Geld aus der Tasche zu ziehen“, beschwert sich ein Nutzer. Bei einem Olivenöl-Test fielen zuletzt sechs von 23 Produkten durch.
Es gibt zahlreiche Konsumenten, die angeben, in Zukunft auf Olivenöl verzichten zu wollen. Ein Käufer äußert sich dazu: „Dann bleibt das Zeug eben im Regal. Man kann es mit der „Olivenöl-Romantik“ auch übertreiben“. Er fügt hinzu: „Überteuerter Plunder oder Mogelpackungen mit halbem Inhalt müssen beim Kauf nur konsequent ignoriert werden“.
Nutzerin versucht „Aglio Olio“ ohne Olivenöl zuzubereiten und findet: „Eindeutig besser“
Ein weiterer Kommentator stimmt ihm zu und gibt seinen Standpunkt preis: „Wenn Produkte exorbitant teuer werden, nicht kaufen. Ganz einfach. Speziell bei Lebensmitteln sitzen die Spekulanten im Hintergrund, denen jede Missernte finanziellen Erfolg bringt“, so seine Analyse.
Eine Kommentatorin erzählt von einem Experiment, das sie wegen der teuren Olivenölpreise gewagt hat: „Aglio Olio erstmals nicht mit Olivenöl, sondern mit Sonnenblumenöl gemacht. Ich war überrascht, geschmacklich eindeutig besser. Damit hat sich das teure Olivenöl für mich erledigt“, schreibt sie. Und eine weiterer meint, er „verstehe den ganzen Olivenöl-Hype sowieso nicht. Das Zeug schmeckt einfach nur penetrant und überdeckt viele andere Aromen.“ Ein anderer Kommentator stimmt ihm zu: „Rapsöl kaufen, und gut ist.“ Und weiter heißt es, Olivenöl werde „zu sehr hochgelobt.“ Olivenöl von Edeka sorgte jüngst indes für Diskussionen.
Auch die Verbraucherzentrale rät zu Rapsöl und Sonnenblumenöl als Alternativen. Beide sind gut zum Erhitzen geeignet, während Lein- und Walnussöl besser für kalte Speisen sind. Laut Daten des Statistischen Bundesamtes waren Sonnenblumenöl und Rapsöl im Juli 2024 sogar fast neun Prozent günstiger als im Vorjahr.
Kunden bleiben Olivenöl auch bei hohem Preis treu: „Gehobene Kulinarik“
Einige Verbraucher scheinen dem Olivenöl unabhängig vom Preis aber die Treue zu halten. In einem Kommentar wird deutlich gemacht: „Gutes Olivenöl war schon immer erst ab 20 Euro zu bekommen. Die Aldis und Lidls dieser Welt vera.... gerne die Konsumenten“. Ein anderer Kommentar hebt hervor, Olivenöl sei ein Bestandteil der „gehobenen Kulinarik. Wer davon nichts versteht, braucht keins. Wer davon was versteht, kauft es auch zum aktuellen Preis.“
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Seit 2020 hat sich der Preis für Olivenöl laut Statistiken mehr als verdoppelt. Laut einer Analyse des Preisvergleichsportals Smhaggle ist der Preis für eine 500-Milliliter-Flasche Olivenöl eines renommierten Herstellers von 5,49 Euro im Januar 2022 auf aktuell 9,99 Euro gestiegen. Parallel dazu stieg der Preis für eine 750-Milliliter-Flasche einer Eigenmarke von 3,89 Euro auf 9,49 Euro. Jana Fischer, Lebensmittelexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg, erklärte: „Die Gründe für die Preiserhöhungen sind Wetterextreme in Südeuropa, Ernteausfälle sowie gestiegen Produktionskosten für Anbau und Ernte“.
Alternativen zum teuren Olivenöl sind Rapsöl und Sonnenblumenöl
Die schlechten Oliven-Ernten sind auf zu hohe Temperaturen zurückzuführen. In der Saison 2022/2023 brach die Ernte in Spanien, dem weltweit größten Produzenten von Olivenöl, um mehr als die Hälfte ein. Auch in Italien und Griechenland sah es nicht viel besser aus. Die Produzenten führen dies hauptsächlich auf ungünstige Wetterbedingungen zurück – zu wenig Regen in den Wintermonaten und zu hohe Temperaturen. Experten und viele Olivenbauern machen den Klimawandel dafür verantwortlich.
Die Kosten für Olivenöl in Spanien haben sich von Januar 2012 bis Juni 2024 um 191 Prozent erhöht, wie das nationale Statistikbüro berichtet. Dieser Anstieg ist auf Missernten infolge von Trockenheit und eine gesteigerte Nachfrage nach dem „flüssigen Gold“ zurückzuführen.
Landwirtin aus Italien kann die deutsche Olivenöl-Aufregung nicht verstehen
Eine Landwirtin mit 100 Olivenbäumen aus der Nähe von Rom kann über die Aufregung in Deutschland nur den Kopf schütteln: „Da wundern sich die Verbraucher und fühlen sich ausgenommen, ich habe mich immer schon gewundert, wie es möglich ist, im Supermarkt einen Liter Olivenöl extravergine für unter 10 Euro zu bekommen“, so Sybille Kanz gegenüber IPPEN.MEDIA.
Sie rechnet ihre Produktionskosten vor: Bei guter Ernte von 100 Liter Öl koste sie der Liter Öl zirka 20 Euro. Dabei kommen die Kosten für „Gras mähen, Bäume beschneiden, gegen die Olivenmücken vorgehen, ernten und zur Mühle fahren“ zusammen. Doch „die letzten beiden Ernten fielen schlecht aus“ und brachten nur „zwischen 30 und 40 Liter“ ein, und „dieses Jahr sieht es noch schlechter aus.“
Spanischer Landwirte erklärt, dass Olivenöl eigentlich „noch teurer“ sein sollte
Trotzdem besteht in der Gesamtbetrachtung Hoffnung. Während der Olivenblüte in den Monaten April und Mai gab es keine extremen Hitzeperioden, die die Ernte schädigen könnten, und dank reichlicher Niederschläge im Frühjahr sind die Wasserreserven überdurchschnittlich, berichtete die Zeitung El País. Diese beiden Umstände könnten auf eine Rückkehr zu normalen Erntemengen in der kommenden Saison hindeuten.
Allerdings warnt Luis Carlos Valero, der Sprecher der Jungbauernvereinigung Asaja in Jaén, dass die tatsächliche Entwicklung erst im Oktober sichtbar sein wird, wenn die Ernte im Mai des nächsten Jahres als gesichert gilt. Bis dahin bleibt die Situation angespannt: „Es gibt nur noch wenig Öl, und theoretisch müsste es noch teurer sein“, wurde Valero von der Zeitung zitiert. In Griechenland könnte die Produktion in diesem Jahr laut einer Prognose der Nationalen Olivenölorganisation moderat bis gut ausfallen, vorausgesetzt, das Wetter hält. (cgsc mit dpa)
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