Gravierende Einkommenslücken zwischen Männern und Frauen
Arm im Alter: Wie sich Frauen besser absichern können
Viele Frauen befinden sich in einem Dilemma: Ein Vollzeitjob ist besser für die eigene Rente, Teilzeitarbeit ist besser für die Familie. „Der Ehemann als Altersvorsorge” - ein Auslaufmodell. Viele Frauen sind nach einer Scheidung im Alter von Armut betroffen. Deshalb liebe Frauen: Verschafft Euch rechtzeitig einen Überblick über Eure Finanzsituation und plant aktiv Eure Vermögens- und Alterssicherung. Hier eine Strategie …
Die finanzielle Gleichstellung von Frauen und Männern ist noch lange nicht erreicht. Die Ungleichheit zeigt sich zunächst am Gender Pay Gap während des Arbeitslebens - mit gravierenden Folgen für die Alterssicherung. Diese Lohnlücke zwischen Frauen und Männern, die u.a. durch schlechtere Bezahlung in frauenspezifischen Branchen entsteht, betrug 2022 immer noch 18 Prozent.
Zusätzlich haben Frauen mit Kindern, die überwiegend in Teilzeit arbeiten mit dem Gender Time Gap, also den kürzeren Erwerbszeiten und einem daraus resultierenden niedrigeren Lebenserwerbseinkommen (Gender Lifetime Earning Gap) weitere Nachteile. Die Bertelsmann Stiftung ermittelte im Jahr 2020, dass Männer im Laufe des Berufslebens ein durchschnittliches Gesamteinkommen von 1,5 Millionen Euro erarbeiten, Frauen mit Kindern kommen auf 580.000 Euro.
Laut Deutschem Zentrum für Altersfragen setzt sich die Einkommenslücke – bedingt durch den starken Zusammenhang zwischen Erwerbs- und Renteneinkommen – im Rentenalter fort. Zusätzlich verfügen Frauen über weniger Vermögen, um diese Lebensphase zu gestalten (Gender Wealth Gap). Und zuletzt verdienen auch erwerbstätige Rentnerinnen weniger als erwerbstätige Rentner.
Diese Lücken summieren sich zu einer dramatischen Rentenlücke (Gender Pension Gap) - vor allem für Mütter ist die Gefahr von Altersarmut hoch.
Allgemeine Maßnahmen zu einer besseren Alterssicherung von Frauen
Zur Verbesserung der Absicherung von Frauen im Alter braucht es eine umfassende Strategie, die auf deren spezifische Bedürfnisse und Herausforderungen zugeschnitten ist. Dafür müssen die traditionellen Geschlechterrollen und stereotypen Vorstellungen von Frauen in Arbeitswelt und Gesellschaft überwunden werden.
Vor diesem Hintergrund gibt es verschiedene Maßnahmen, deren Umsetzung die Alterssicherung von Frauen verbessern würde:
- Finanzielle Verbesserung bei Teilzeitarbeit: Erhöhung der Rentenbeiträge für Teilzeitarbeit.
- Verbesserung des Lohnniveaus von Frauen: Frauen verdienen im Durchschnitt weniger als Männer, was zu geringeren Rentenansprüchen führt. Um deren Lohnniveau zu erhöhen, müssen Frauen in Führungspositionen gefördert, geschlechtsspezifische Lohnunterschiede reduziert und frauendominierte Berufsfelder gefördert werden.
- Finanzielle Anreize für eine längere Berufstätigkeit: Frauen sind oft gezwungen, zwischenzeitlich und frühzeitig aus dem Berufsleben auszusteigen, um sich um Kinder und später um pflegebedürftige Angehörige zu kümmern. Finanzielle Anreize, ihre Berufstätigkeit zu verlängern, könnte durch die Erhöhung von Elternzeitgeldern, die Einführung von Kinderbetreuungsgutscheinen und die Gewährung von Rentenpunkten für zusätzliche Berufsjahre erreicht werden.
- Verbesserung der Bedingungen für die private Altersvorsorge: Frauen haben oft weniger Möglichkeiten, eine private Altersvorsorge aufzubauen, da sie weniger verdienen und weniger finanzielle Mittel haben. Die Bedingungen könnten verbessert werden durch die Einführung von staatlichen Zuschüssen oder Steuervergünstigungen für Frauen, die eine private Altersvorsorge aufbauen.
- Erhöhung der Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung: Eine Möglichkeit besteht darin, die Rentenversicherung auf unbezahlte Pflegezeiten auszuweiten, um sicherzustellen, dass Frauen, die sich um ihre Familie kümmern, auch Rentenansprüche erwerben können.
Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung
Individuelle Vorsorgestrategie für Frauen in vier Schritten
Neben struktureller, politischer und gesellschaftlicher Maßnahmen, kann und sollte jede Frau ganz individuell für sich etwas tun, um am Ende ihres Arbeitslebens ein gutes Auskommen zu haben und nicht in die Altersarmut zu rutschen. Und da gibt es einiges, was Frau tun kann:
Schritt 1: Finanzen checken
Voraussetzung für eine erfolgreiche Finanzplanung ist eine Übersicht über alle Einnahmen, Ausgaben, bestehende Ersparnisse sowie mögliche Schulden. Mit Hilfe eines Haushaltsbuchs oder einer entsprechenden App - wie beispielsweise die Haushaltsplaner-App des VerbraucherService Bayern - könnt Ihr Eure Ist-Situation gut erfassen. Nur auf der Basis des tatsächlich verfügbaren Budgets lassen sich dann individuelle Finanzziele benennen.
Der Abbau von Schulden ist die lukrativste Art zu sparen. Empfehlenswert ist es, vorhandene Ratenkredite zügig zu tilgen, denn so kann deutlich mehr als mit den meisten Geldanlagen verdient werden. Vor allem teure Kontoüberziehungs-Kredite mit hohen Zinsen bringen das Haushaltsbudget aus dem Gleichgewicht. Sparpläne und Geldanlagen also keinesfalls aus dem Dispokredit finanzieren und lieber eine Zahlungspause einlegen, bis das Konto ausgeglichen ist!
Ein Tagesgeldkonto, das mit zwei bis drei Netto-Monatsgehältern als eiserne Reserve gefüllt ist, bewährt sich als Notfall-Polster. So müsst Ihr bei unvorhergesehenen Reparaturen oder Anschaffungen nicht den teuren Dispo-Rahmen ausschöpfen. Auch Rücklagen für Urlaube und kurzfristige Sparziele könnt Ihr auf dem Tagesgeldkonto parken. Nach langen Jahren der Niedrigzinsphase gibt es auch für Tagesgeldkonten wieder Sparzinsen, wobei die Gelder ohne Kündigungsfrist täglich verfügbar sind.
Einsparpotenziale ergeben sich möglicherweise auch, wenn Ihr Eure bestehenden Vertragsverhältnisse auf den Prüfstand stellt. Kündigt überflüssige Versicherungen, Abos und Mitgliedschaften, auch Tarifwechsel für Handy-, Strom- und Gaslieferverträge bringen oft weiteren finanziellen Spielraum.
Schritt 2: Risiken absichern
Bevor Ihr Euch an die Planung der Altersvorsorge und Geldanlage macht, ist es wichtig, über den Versicherungsschutz nachzudenken. Existenzielle Risiken wie den Verlust der Arbeitskraft durch Krankheit oder Unfall sowie den Tod eines Elternteils solltet Ihr unbedingt absichern.
Im Vordergrund steht immer die Frage: „Wie bin ich abgesichert, wenn ich versehentlich andere schädige?” Jeder Bürger haftet mit seinem gesamten Vermögen für Schäden, die er anderen schuldhaft oder aus Versehen zufügt. Die Forderungen können schnell in die Tausende gehen und die eigene Finanzsituation in Schieflage bringen. Mit einer Privaten Haftpflichtversicherung decken Verbraucher das Risiko der sogenannten „Verschuldenshaftung” mit Jahresbeiträgen von unter 100 Euro ab.
Es lohnt sich, die eigene Arbeitskraft mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung abzusichern, denn die Ausgaben für den Lebensunterhalt fallen auch bei längerfristiger Krankheit oder dem krankheitsbedingten Ausscheiden aus dem Berufsleben weiter an. Die gesetzliche Erwerbsminderungsrente allein schließt die Einkommenslücke nicht.
Für Familien mit Kindern ist der Abschluss einer Risikolebensversicherung sinnvoll. Es gilt, die Kinder und auch den Partner finanziell abzusichern, falls einem Elternteil etwas zustößt, denn allein die Witwenrente der gesetzlichen Rentenversicherung stellt keine angemessene Absicherung dar, um den bisherigen Lebensstandard zu halten.
Schritt 3: Altersvorsorge optimieren
Bei der gesetzlichen Rente zählt jeder eingezahlte Euro. Frauen sollten deswegen bei allen Entscheidungen zu Familienzeit, Teilzeitarbeit und Pflegezeit immer die Auswirkungen auf den eigenen Rentenanspruch im Auge behalten. In einer Partnerschaft sollte die Altersvorsorge schon bei der Familiengründung besprochen und die entgangenen Rentenansprüche durch Kinderzeiten aus dem Familieneinkommen ausgeglichen werden.
Auch staatlich und betrieblich geförderte Rentenmodelle können sich lohnen. Die in Verruf geratene Riester-Rente ist für Frauen mit Kindern aufgrund der Zulagenförderung attraktiv. Wenn mindestens vier Prozent des letzten Brutto-Jahreseinkommens, mindestens aber 60 Euro jährlich, in einen zertifizierten Riester-Vertrag fließen, zahlt der Staat 300 Euro Zulage für jedes ab 2008 geborene Kind, zusätzlich zur Grundzulage in Höhe von 175 Euro. Gutverdienerinnen profitieren zusätzlich von hohen Steuervorteilen.
Angebote zur betrieblichen Altersvorsorge sind nur dann tatsächlich rentabel, wenn der Arbeitgeber mehr als die gesetzlich vorgeschriebenen 15 Prozent vom umgewandelten Bruttobetrag zur Altersvorsorge zuschießt. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, eine betriebliche Altersvorsorge anzubieten, er darf aber den Durchführungsweg und auch den Anbieter bestimmen.
Schritt 4: Vermögen aufbauen
Wenn das Konto ausgeglichen, die existenzbedrohenden Risiken abgesichert und ein Plan für die Altersvorsorge erstellt ist, rücken die Themenfelder Sparen und Geldanlage in den Vordergrund.
Finanzblogs speziell für Frauen leisten als Informationsquelle für eine sinnvolle Geldanlage gute Dienste und motivieren Frauen, sich um die eigenen Finanzen zu kümmern. Vorsicht ist dennoch geboten, denn die selbsternannten Finfluencer sind nicht immer qualifiziert und unabhängig. Zumal die Blogs oft auch als Plattform für den Vertrieb kostenpflichtiger Coachings und Seminare sowie provisionsbasierter Finanzberatungen dienen.
Eine Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung des Finanzforschungsinstituts SAFE und der Universität Frankfurt aus dem Jahr 2020, bei der 27.000 Beratungsdokumentationen ausgewertet wurden, zeigt, dass Frauen für die Geldanlage teurere Fonds mit geringerer Rendite empfohlen wurden. Sie wählten zudem häufiger ein kostspieliges Rundum-Sorglos-Paket und konnten den Zusammenhang zwischen Kosten und Rendite des Finanzprodukts schlechter einschätzen als Männer.
Geldanlage – so geht’s
Um ihr Kapital erfolgreich zu vermehren, brauchen Frauen keine spezifischen Geldanlageprodukte. Die Grundsätze einer guten Geldanlage gelten nämlich unabhängig vom Geschlecht:
- Langfristig denken: Für eine Geldanlage gelten Zeiträume von 10 bis 15 Jahren als realistisch, um auch kritische Finanzmarkt-Phasen ohne Verluste zu überstehen.
- Breit streuen: Eine individuelle Mischung von Risiko- und Sicherheitsbausteinen hilft dabei, das eigene Anlagerisiko über Märkte und Regionen zu verteilen.
- Auf die Kosten achten: Die Gebühren für die Depotführung, den Wertpapierkauf und die laufenden Kosten variieren bei Banken und Fondsgesellschaften stark. Ein Vergleich lohnt sich, denn niedrige Kosten steigern die Rendite der Geldanlage.
- Zinseszinseffekt nutzen: Wer die Dividenden der Wertpapiere automatisch gleich wieder anlegt, profitiert besonders von diesem Effekt.
- Ruhe bewahren: Auch in turbulenten Börsenphasen mit starken Kursschwankungen heißt es ruhig und bedacht zu bleiben. Panikverkäufe zementieren die Verluste - und auf lange Sicht drehen die Börsenkurse immer wieder ins Plus.
Quelle: VerbraucherService Bayern
Eine unabhängige und neutrale Beratung zu allen Finanzfragen erhalten Frauen beim VerbraucherService Bayern.
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