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Selenskyjs Repräsentantin im Gespräch
Widerstand gegen Putin auf der Krim – Warum Russland gerade die Tataren ins Visier nimmt
Die Krim war 2024 ein Hotspot des Widerstands gegen Russlands Besatzung. Wie ist die Lage dort? Eine ukrainische Offizielle schildert Erkenntnisse.
Berlin – Ukrainerinnen und Ukrainer in den von Russland besetzten Gebieten in der Ukraine leiden massiv unter Willkür, Folter oder auch Kindesentführungen – die bedrückende Lage hat die ukrainische Friedensnobelpreisträgerin Oleksandra Matwijtschuk erst kürzlich der FR geschildert. Dasselbe gilt laut der Ständigen Repräsentantin der Ukraine in der Krim, Olha Kuryshko, auch für die seit 2014 besetze Halbinsel. Und doch gibt es dort einige Besonderheiten, wie die Offizielle der Frankfurter Rundschau schildert.
Bereits für Nichtigkeiten oder kleinste Signale der Unterstützung für die Ukraine könne man auf der russisch besetzten Krim in politische Gefangenschaft geraten, sagt Kuryshko bei einem Treffen am Rande der Ukraine-Konferenz „Cafe Kyiv“ in Berlin. Ganz besonders im Fokus der Besatzer stünden aber die Mitglieder der krimtatarischen Minderheit. Sie seien das „Hauptziel“ politischer Verfolgung.
Russland nimmt politische Gefangene – Krimtataren überproportional betroffen
Von 237 ukrainischen politischen Gefangenen auf der Krim wisse man aktuell, sagt Kuryshko. Rund 60 Prozent von ihnen seien Krimtataren – dabei mache die indigene Gruppe nur 15 Prozent der Bevölkerung auf der Krim aus. Bekannt sei auch, dass politische Gefangene unrechtmäßig nach Russland deportiert würden.
Dieses Foto zeigt nach Angaben der Ukrainischen Krim-Mission um Olha Kuryshko (eingeklinkt) eine Razzia des russischen Geheimdienstes bei Angehörigen der krimtatarischen Minderheit.
Diese Zahlen lassen sich nicht unabhängig verifizieren. Aber es sind die besten verfügbaren. Offizielle Aufgabe der von Kuryshko geleiteten „Mission des Präsidenten der Ukraine für die Krim“ ist es unter anderem, die Situation auf der Krim zu monitoren, Verbrechen der Besatzer zu dokumentieren, aber auch Hilfe für ukrainische Staatsbürger auf der Halbinsel auf den Weg zu bringen, etwa bei der Ausstellung von offiziellen Dokumenten.
FSB ermittelt auf der Krim schon wegen Social-Media-Posts – oft sind Frauen betroffen
Erst vergangene Woche habe ein ukrainischer Staatsbürger auf der Krim ein Interview mit Wolodymyr Selenskyj zum Thema der Krim in den sozialen Medien geteilt, berichtet Kuryshko – er sei in der Folge Gegenstand von Ermittlungen des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB geworden. Insgesamt sind ihr zufolge 1242 Ermittlungen der russischen Besatzungsbehörden gegen ukrainische Staatsbürger wegen „Diskreditierung der russischen Armee“ bekannt. Fast die Hälfte der Betroffenen sei weiblich.
Dennoch: „Wenn die Ukraine Erfolg auf dem Schlachtfeld hat, wächst auch der Widerstand auf der Krim“, schildert Kuryshko einen ihr zufolge klar „beobachtbaren“ Umstand. Tatsächlich hatten in den Jahren 2023 und 2024 Drohnenangriffe auf russische Einrichtungen und Schiffe auf der Krim große Schlagzeilen gemacht. Auch die Arbeit krimtatarischer Partisanen wurde bis nach Deutschland bekannt.
Putins Besatzer bedrängen Krimtataren – „Gefahr für russischen Mythos“
Ungeachtet dessen: Warum sind die Tataren, die turksprachigen Einheimischen auf der Krim, Russland ein Dorn im Auge? Auf der Berliner „Cafe Kyiv“-Konferenz der Konrad-Adenauer-Stiftung waren auch Vertreter der Volksgruppe vor Ort. Einer von ihnen, Suleyman Mamutov, erklärte in einem Panel zur Lage auf der Krim seine These: Russland arbeite am Mythos, die Krim sei „schon immer russisch“ gewesen. Die schiere Gegenwart der Krimtataren sei eine fortwährende Erinnerung, dass diese Erzählung nicht der Realität entspreche und brüchig bleibe.
Die Situation der Krimtataren hat sich indes seit Beginn der russischen Vollinvasion in die Ukraine im Februar 2022 offenbar noch einmal verschlimmert. Der Journalist Musliem Umierov vom Projekt CEMAAT - Crimea Public Media erklärte, seit 2022 gebe es sogar Strafverfolgung für Jahre alte Social-Media-Posts. Und Berichterstattung sei nach 2014 noch grundsätzlich möglich gewesen, nun nicht mehr. „Wer offen zu Demokratie und Europa steht, kann im Gefängnis landen“, sagte er. Und betonte zugleich: „Wir haben uns für Europa entschieden.“
Bilder des Ukraine-Kriegs: Großes Grauen und kleine Momente des Glücks
Was kann das Ausland für die Krim und die Krimtataren tun? Mamutov bat die Zuhörenden, die russische Besetzung der Krim nicht anzuerkennen, solange sie auch Bestand haben möge. Er appellierte, der Darstellung der Minderheiten auf der Halbinsel Glauben zu schenken: „Wir sind nicht traumatisiert, sondern erfahren“, erklärte er mit Blick auf die russische Repression – das Vertrauen der Außenwelt bedeute viel. Kuryshko verspricht indes im Gespräch mit der FR: „Wir werden uns weiter für die Befreiung der Krim einsetzen.“ (fn)