US-Abtreibungsdebatte
Trumps Abtreibungskurs entzweit Republikaner – und entfacht alte Feindschaften aufs Neue
Die Abtreibungsdebatte könnte den Ausgang der US-Präsidentschaftswahl entscheidend prägen. Donald Trumps Haltung hat nun für Kritik in seiner eigenen Partei gesorgt.
Washington, D.C. – Donald Trumps Haltung in der Debatte um Abtreibungen sorgt in der Republikanischen Partei aktuell für einige Unstimmigkeiten und Kritik. Am Montag veröffentlichte Trump ein rund viereinhalb Minuten langes Video auf der Plattform Truth Social, in dem er zur Abtreibungsdebatte explizit Stellung bezog.
Dabei sprach er sich zur Überraschung vieler dafür aus, statt eines landesweit einheitlichen Gesetzes sollen die US-Bundesstaaten weiterhin berechtigt sein, individuell über die gesetzlichen Grundlagen von Abtreibungen zu entscheiden.
Trump beim Thema Abtreibungen im bisherigen Wahlkampf zögerlich
Damit befürwortet Trump den Status Quo der Gesetzeslage zu Abtreibungen in den USA. Diesen hatte er, wie er in seiner Videobotschaft noch einmal stolz betonte, durch die Mehrheit am Supreme Court 2022 und den Umsturz des bundesweiten Rechts auf Abtreibungen selbst geschaffen.
Anderen Republikanerinnen und Republikanern geht das derzeit föderal geregelte Abtreibungsgesetz jedoch nicht weit genug: Sie setzen sich für ein bundesweites Gesetz ein, das Schwangerschaftsabbrüche nach der 15. Woche unter allen Umständen untersagt – und zwar in seiner mildesten Version. Trump hatte diese Idee in den vergangenen Monaten immer wieder aufgegriffen, sich jedoch nie festgelegt, ob er eine derartige Regelung unterstützen würde. Höchstwahrscheinlich auch, um potenzielle erzkonservative Wähler vor der Präsidentschaftswahl nicht zu verschrecken.
Trump fügte in seinem Statement an, die Demokraten seien in der Abtreibungsdebatte die Radikalen, weil sie die Abtreibung bis zum neunten Monat und sogar darüber hinaus unterstützen. Das Konzept einer Abtreibung in einem späteren Monat der Schwangerschaft komme einer Hinrichtung des Babys nach der Geburt gleich, fügte Trump hinzu. Und dass ein Baby nach der Geburt hingerichtet wird, ist inakzeptabel – jeder stimme dem zu.
Konservative Republikaner kritisieren die Haltung Trumps zu Abtreibungen scharf
Zu denjenigen, die dieses Gesetz fordern, gehört auch Trumps republikanischer Parteikollege Lindsey Graham, Senator des Bundesstaats North Carolina. Für gewöhnlich kann Trump auf dessen Unterstützung zählen – jedoch nicht beim Thema Abtreibung. So wandte sich Graham kurz nach der Veröffentlichung von Trumps Statement am Montagmorgen mit einer Antwort an die Öffentlichkeit.
Darin erklärte er ausdrücklich, es sei falsch, die Entscheidung über Abtreibungen den einzelnen Bundesstaaten zu überlassen. „Die Vorstellung, dass die Republikanische Partei ihren Widerstand gegen Spätabtreibungen aufgibt, wäre meiner Meinung nach ein Fehler, denn die meisten Amerikaner sind gegen Spätabtreibungen“, erklärte Graham laut USA Today Reporterinnen und Reportern. Graham versprach auch, sich weiter für einen nationalen Mindeststandard einzusetzen, der Abtreibungen nach der 15. Schwangerschaftswoche einschränkt.
Ein Gesetzentwurf, der zwar von Konservativen begrüßt wurde, als er in der letzten Legislaturperiode in South Carolina eingebracht wurde, aber von vielen Republikanerinnen und Republikanern als politisch wenig hilfreich angesehen wurde – ihnen zufolge habe er keine Chance, den Kongress zu passieren.
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Trump kontert kritische Stimmen - und warnt vor Zwietracht angesichts der Präsidentschaftswahl
Für die Pro-Life-Bewegung ginge es um das Kind, nicht um die Geografie, betonte Graham in seiner Antwort auf Trumps Videobotschaft weiter. „Wenn man also die Pro-Life-Bewegung in eine geografische Bewegung verwandelt, macht man meiner Meinung nach einen Fehler. Ein Kind, das mit 15 Wochen am Daumen lutscht, hat in Kalifornien und New York genauso Schmerzen wie in South Carolina“, fügte er hinzu.
Trump ließ das nicht auf sich sitzen und konterte Grahams Aussagen mit den Befürchtungen, seine erzkonservative Position könnte Trump den Sieg bei der Präsidentschaftswahl mit Joe Biden kosten, der Abtreibungsgesetze zu einem Kernstück seiner Kampagne im Präsidentschaftswahlkampf gemacht hat.
„Viele gute Republikaner haben wegen dieses Themas Wahlen verloren, und Leute wie Lindsey Graham, die unnachgiebig sind, geben den Demokraten ihren Traum vom Repräsentantenhaus, vom Senat und vielleicht sogar von der Präsidentschaft auf“, schrieb Trump auf seiner Plattform Truth Social, nachdem Graham sein Statement abgegeben hatte.
Auch Ex-Vizepräsident Mike Pence kritisiert Trump scharf: „Schlag ins Gesicht“ für Pro-Life-Amerikaner
Mit seiner Haltung in der Abtreibungsdebatte steht Graham auch anderen konservativen Republikanerinnen und Republikanern nahe – unter ihnen auch Trumps ehemaliger Vizepräsident Mike Pence. Der äußerte sich am Montag zur Videobotschaft des Präsidentschaftskandidaten, dem er Mitte März die Unterstützung im Wahlkampf abgesagt hatte.
Pence bezeichnete Trumps Äußerungen als „Schlag ins Gesicht“ für alle Pro-Life-Amerikaner, die 2016 und 2020 für ihn gestimmt hatten. Vielleicht ist es letztendlich also auch die fehlende Zustimmung in der republikanischen Partei, die Trumps Erfolg bei der Präsidentschaftswahl im November bedrohen könnte. Ob es so kommt, bleibt abzuwarten. Genau so wie, ob der republikanischen Partei angesichts der Abtreibungsdebatte im Wahlkampf eine Zerreißprobe bevorsteht. (fh)
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