Die Ukraine braucht mehr Soldaten für den Krieg. Die Rekrutierung neuer Soldaten ist jedoch schwierig – und wird jetzt zum Problem für das Land.
Kiew – Angesichts hoher Verluste im Krieg gegen Russland ist in der Ukraine eine hitzige Debatte über einen Gesetzentwurf zur Mobilisierung von Soldaten und über die Wehrpflicht entbrannt. Nachdem die Regierung der Werchowna Rada (ukrainisches Parlament) einen Gesetzentwurf über die Änderung bestimmter Rechtsakte der Mobilmachung, der militärischen Registrierung und des Militärdienstes vorgelegt hatte, sehen viele Abgeordnete noch einen großen Redebedarf. Unter anderem mahnte der Vorsitzende des Ausschusses für nationale Sicherheit, Verteidigung und Geheimdienste des Parlaments, Oleksandr Zavitnevich, Änderungen am Gesetzesentwurf an.
Seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs vor zwei Jahren ist der anfängliche Enthusiasmus vieler Soldaten bereits verflogen. Sie seien nahezu ununterbrochen im Einsatz, ihre Familien können sie nur für kurze Besuche sehen, viele haben bereits Verluste erlitten. Doch einfach abziehen kann man die Soldaten nicht. Deswegen will die Regierung mehr Nachschub organisieren. Der Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, Walerij Saluschnyj hatte bereits vor einiger Zeit Wolodymyr Selenskyj vorgeschlagen, bis zu 500.000 zusätzliche Soldaten zu mobilisieren . Doch in der Gesellschaft stößt das auf Widerstand.
Wolodymyr Selenskyj – Vom Komödianten zum Symbol des Widerstands Als am 24. Februar 2022 russische Truppen in die Ukraine einmarschierten, sah zunächst alles nach einem leichten Sieg Russlands aus. Doch daraus wurde nichts. Die Ukraine leistete vom ersten Tag an erbitterten Widerstand und wehrte sich mit vereinten Kräften gegen die Invasion. © Ukrainian Presidents Office/Imago Das liegt auch an ihrem Präsidenten. Wolodymyr Selenskyj überraschte mit seinem Auftreten im Krieg von Beginn an die ganze Welt – vor allem den Aggressor aus Russland. © Imago Wolodymyr Oleksandrowytsch Selenskyj wurde am 25. Januar 1978 als Sohn jüdischer Eltern in Krywyj Rih im Südosten der damals noch sowjetischen Ukraine geboren. Er schloss erfolgreich ein Jurastudium ab, war aber nie als Jurist tätig. © dpa Stattdessen gründete er zunächst eine Kabarettgruppe, die fünf Jahre lang von Moskau aus durch die Staaten der ehemaligen Sowjetunion tourte. Als Komiker und Schauspieler erlangte er große Popularität – in der Ukraine und in Russland. © Alexander Gusev/Imago Seit 2003 ist Selenskyj mit Olena Wolodymyriwna Kijaschko verheiratet. Sie gingen auf dieselbe Schule, lernten sich aber erst während ihres Studiums des Bauingenieurwesens an der Universität in ihrer Heimatstadt Krywyj Rih kennen. Das Paar hat zwei Kinder, Tochter Oleksandra (geboren 2004) und Sohn Kyrylo (geboren 2013). Im Dezember 2019 landete Olena Selenska auf einer Liste der 100 einflussreichsten Menschen der Ukraine auf Platz 30. Nummer eins war ihr Ehemann. Seit 2003 ist Selenskyj mit Olena Wolodymyriwna Kijaschko verheiratet. Sie gingen auf dieselbe Schule, lernten sich aber erst während des Studiums an der Universität in ihrer Heimatstadt Krywyj Rih kennen. © Vadim Ghirda/dpa Stichwahl um Präsidentenamt in der Ukraine Das Paar hat zwei Kinder, Tochter Oleksandra (geboren 2004) und Sohn Kyrylo (geboren 2013). Im Dezember 2019 landete Olena Selenska auf einer Liste der 100 einflussreichsten Menschen der Ukraine auf Platz 30. Nummer eins war ihr Ehemann. © dpa Arte - Diener des Volkes Mit Politik hatte Selenskyj lange nichts am Hut. Dann legte eine populäre Fernsehserie den Grundstein für seinen politischen Durchbruch. In der Comedy-Serie „Diener des Volkes“, die im April 2022 auch auf Arte lief, trat Selenskyj 2015 als Geschichtslehrer auf. © Arte/dpa Mit Politik hatte Selenskyj lange nichts am Hut. Dann legte eine populäre Fernsehserie den Grundstein für seinen politischen Durchbruch. In der Comedy-Serie „Diener des Volkes“, die im April 2022 auch auf Arte lief, trat Selenskyj 2015 als Geschichtslehrer auf. Von der Korruption in der ukrainischen Politik angewidert, stürzt sich seine Figur in den Wahlkampf und wird zum Präsidenten gewählt. Selenskyj nahm sich das Drehbuch zum Vorbild und verkündete am Silvesterabend 2018 seine Kandidatur für die Wahl Präsidentschaftswahl. Von der Korruption in der ukrainischen Politik angewidert, stürzt sich seine Figur in den Wahlkampf und wird zum Präsidenten gewählt. Selenskyj nahm sich das Drehbuch zum Vorbild und verkündete am Silvesterabend 2018 seine Kandidatur für die Wahl Präsidentschaftswahl. © Arte/dpa Vereidigung von Selenskyj als neuer Präsident der Ukraine Die Unzufriedenheit mit dem damaligen Staatschef Petro Poroschenko verhalf Selenskyj zum Sieg. Am 20. Mai 2019 trat er das Amt des ukrainischen Präsidenten an. Er erhielt zahlreiche Gratulationen aus dem Ausland, so zum Beispiel von Donald Trump, Emmanuel Macron oder Justin Trudeau. Auch Kanzlerin Angela Merkel sprach ihm ihre Glückwünsche aus und lud ihn nach Berlin ein. © Evgeniy Maloletka/dpa Die Unzufriedenheit mit dem damaligen Staatschef Petro Poroschenko verhalf Selenskyj zum Sieg. Am 20. Mai 2019 trat er das Amt des ukrainischen Präsidenten an. Er erhielt zahlreiche Gratulationen aus dem Ausland, so zum Beispiel von Donald Trump, Emmanuel Macron oder Justin Trudeau. Auch Kanzlerin Angela Merkel sprach ihm ihre Glückwünsche aus und lud ihn nach Berlin ein. Anders fiel die Reaktion in Russland aus. Von Ministerpräsident Dmitri Medwedew erhielt er herablassende Ratschläge, für eine Gratulation sei es dagegen „zu früh“. Auch bei der Amtseinführung gab es keine Gratulation aus Moskau. Anders fiel die Reaktion in Russland aus. Von Ministerpräsident Dmitri Medwedew erhielt er herablassende Ratschläge, für eine Gratulation sei es dagegen „zu früh“. Auch bei der Amtseinführung gab es keine Gratulation aus Moskau. © Wolfgang Kumm/dpa Vor der Wahl hatte Selenskyj seinen Vorgänger Petro Poroschenko dafür kritisiert, Briefkastenfirmen in Steueroasen zu unterhalten. Als im Oktober 2021 dann aber die Pandora Papers veröffentlicht wurden, stellte sich heraus, dass auch Selenskyj selbst Anteile an einer solchen Firma auf den britischen Jungferninseln besessen hatte. Zum Zeitpunkt seiner Wahl 2019 gab er seine Anteile ab. Steueroasen sind in der Ukraine nicht illegal. Vor der Wahl hatte Selenskyj seinen Vorgänger Petro Poroschenko dafür kritisiert, Briefkastenfirmen in Steueroasen zu unterhalten. Diese sind in der Ukraine allerdings nicht illegal. © Sergei Chuzavkov/afp Bitter End Yacht Club auf Virgin Gorda auf den Britischen Jungferninseln Als im Oktober 2021 dann aber die Pandora Papers veröffentlicht wurden, stellte sich heraus, dass auch Selenskyj selbst Anteile an einer solchen Firma auf den britischen Jungferninseln besessen hatte. Zum Zeitpunkt seiner Wahl 2019 gab er seine Anteile ab. © Imago Selenskyj Selenskyj war der erste Präsident in der Geschichte der Ukraine, der eine konfrontative Politik gegenüber Oligarchen führte. Unter anderem gründete er einen Nationalen Sicherheitsrat, der Sanktionen gegen Oligarchen verhängen kann. © Evgen Kotenko/Imago Selenskyj war der erste Präsident in der Geschichte der Ukraine, der eine konfrontative Politik gegenüber Oligarchen führte. Unter anderem gründete er einen Nationalen Sicherheitsrat, der Sanktionen gegen Oligarchen verhängen kann – und dies zum Beispiel gegen Wiktor Medwedtschuk tat. Der wies alle Anschuldigungen zurück. Die Sanktionen froren seine Vermögenswerte ein und hinderten ihn daran, Geschäfte in der Ukraine zu tätigen. Medwedtschuk, der aufgrund einer Anklage wegen Hochverrats unter Hausarrest stand, tauchte im Februar 2022 unter. Im April 2022 wurde er vom Inlandsgeheimdienst festgenommen und im September 2022 bei einem Gefangenenaustausch Russland übergeben. Er setzte das Mittel zum Beispiel gegen Wiktor Medwedtschuk ein. Der wies alle Anschuldigungen zurück. Die Sanktionen froren seine Vermögenswerte ein und hinderten ihn daran, Geschäfte in der Ukraine zu tätigen. Medwedtschuk, der aufgrund einer Anklage wegen Hochverrats unter Hausarrest stand, tauchte im Februar 2022 unter. Im April 2022 wurde er vom Inlandsgeheimdienst festgenommen und im September 2022 bei einem Gefangenenaustausch Russland übergeben. © Instagram Account of Volodymyr Zelensky/afp Schon früh in seiner Amtszeit musste sich Selenskyj mit den Wünschen und Forderungen des damaligen US-Präsidenten Donald Trump auseinandersetzen. So soll Trump seinen ukrainischen Amtskollegen in einem Telefonat am 25. Juli 2019 aufgefordert haben, als Gegenleistung für Militärhilfe in Höhe von fast 400 Millionen Dollar Ermittlungen gegen Joe Biden, Trumps möglichen Gegenspieler bei der US-Wahl 2020, einzuleiten. Biden soll einst als US-Vizepräsident die Entlassung des ukrainischen Generalstaatsanwalts veranlasst haben, um seinen Sohn Hunter Biden, der bei einem ukrainischen Erdgaskonzern tätig war, vor Korruptionsermittlungen zu schützen. Das Telefonat, das im August 2020 bekannt wurde, löste in den USA später die „Ukraine-Affäre“ aus. Schon früh in seiner Amtszeit musste sich Selenskyj mit den Wünschen und Forderungen des damaligen US-Präsidenten Donald Trump auseinandersetzen. So soll Trump seinen ukrainischen Amtskollegen in einem Telefonat am 25. Juli 2019 aufgefordert haben, als Gegenleistung für Militärhilfe in Höhe von fast 400 Millionen Dollar Ermittlungen gegen Joe Biden, Trumps möglichen Gegenspieler bei der US-Wahl 2020, einzuleiten. © Saul Loeb/afp Joe Biden Hunter Biden soll einst als US-Vizepräsident die Entlassung des ukrainischen Generalstaatsanwalts veranlasst haben, um seinen Sohn Hunter Biden (hinten), der bei einem ukrainischen Erdgaskonzern tätig war, vor Korruptionsermittlungen zu schützen. Das Telefonat, das im August 2020 bekannt wurde, löste in den USA später die „Ukraine-Affäre“ aus. © Imago Selenskyjs Amtszeit wurde von Beginn an vom Verhältnis zu Russland überschattet. Schon in seiner Antrittsrede bezeichnete Selenskyj die Beendigung des Krieges im Donbass als seine vorrangige Aufgabe. Während des Ukraine-EU-Gipfels im Juli 2019 in Kiew schlug Selenskyj in einer Videobotschaft an Wladimir Putin direkte Gespräche in der belarussischen Hauptstadt Minsk vor. Daran sollten nach Selenskyjs Plan auch US-Präsident Donald Trump, die britische Regierungschefin Theresa May, der französische Präsident Emmanuel Macron sowie Bundeskanzlerin Angela Merkel teilnehmen. Am 11. Juli 2019 kam es immerhin zu einem ersten Telefongespräch zwischen Selenskyj und Putin. Selenskyjs Amtszeit wurde von Beginn an vom Verhältnis zu Russland überschattet. Schon in seiner Antrittsrede bezeichnete Selenskyj die Beendigung des Krieges im Donbass als seine vorrangige Aufgabe. Während des Ukraine-EU-Gipfels im Juli 2019 in Kiew schlug Selenskyj in einer Videobotschaft an Wladimir Putin direkte Gespräche in der belarussischen Hauptstadt Minsk vor. © Ukraine Presidential Press Service/afp Nach der Präsidentenwahl in der Ukraine Daran sollten nach Selenskyjs Plan auch US-Präsident Donald Trump, die britische Regierungschefin Theresa May, der französische Präsident Emmanuel Macron sowie Bundeskanzlerin Angela Merkel teilnehmen. Am 11. Juli 2019 kam es immerhin zu einem ersten Telefongespräch zwischen Selenskyj und Putin. © dpa Trump, Macron, Selenskyj - Paris Die Gespräche führten zu einem kurzfristigen Waffenstillstand in der Ostukraine, einem Gefangenenaustausch sowie zu einem Truppenrückzug in drei Gebieten an einer Demarkationslinie bis Ende März 2020. Es war das einzige Mal, dass Selenskyj mit Putin zusammentraf. © Lafargue Raphael/Imago Am 9. Dezember 2019 in Paris nahm Selenskyj an Verhandlungen im Normandie-Format teil, an denen der französische Präsident Emmanuel Macron, Bundeskanzlerin Angela Merkel und der russische Präsident Wladimir Putin beteiligt waren. Die Gespräche führten zu einem kurzfristigen Waffenstillstand in der Ostukraine, einem Gefangenenaustausch sowie zu einem Truppenrückzug in drei Gebieten an einer Demarkationslinie bis Ende März 2020. Es war das einzige Mal, das Selenskyj mit Putin zusammentraf. Am 9. Dezember 2019 in Paris nahm Selenskyj an Verhandlungen im Normandie-Format teil, an denen der französische Präsident Emmanuel Macron, Bundeskanzlerin Angela Merkel und der russische Präsident Wladimir Putin beteiligt waren. © Charles Platiau/afp Selenskyj Alle Bemühungen um einen Frieden nützten aber nichts. Im Lauf des Jahres 2021 verschärfte sich die Situation weiter. Immer häufiger besuchte Selenskyj (Mitte) Militärübungen der ukrainischen Armee, so auch am 16. Februar 2022 in der Stadt Riwne. © Imago Alle Bemühungen um einen Frieden nützten aber nichts. Im Lauf des Jahres 2021 verschärfte sich die Situation immer weiter. Am 23. Februar 2022 versuchte Selenskyj noch einmal in einer Ansprache, den drohenden Krieg abzuwenden. Darin wendete er sich vor allem an die Menschen in Russland: „Wenn wir angegriffen werden, wenn man unser Land, unsere Freiheit, unser Leben und das Leben unserer Kinder zu nehmen versucht, werden wir uns verteidigen“, sagte Selenskyj auf Russisch. Es war das vorerst letzte Mal, dass man Selenskyj glatt rasiert und mit Anzug und Krawatte sah. Am 23. Februar 2022 versuchte Selenskyj noch einmal in einer Ansprache, den drohenden Krieg abzuwenden. Darin wendete er sich vor allem an die Menschen in Russland: „Wenn wir angegriffen werden, wenn man unser Land, unsere Freiheit, unser Leben und das Leben unserer Kinder zu nehmen versucht, werden wir uns verteidigen“, sagte Selenskyj auf Russisch. Es war das vorerst letzte Mal, dass man Selenskyj glatt rasiert und mit Anzug und Krawatte sah. © Ukrainian Presidents Office/Imago In der Nacht zum 24. Februar begann der russische Angriff auf die Ukraine. In Kiew kam es zu den ersten Krisensitzungen. Acht Jahre nach der Krim-Annexion eskalierte der Ukraine-Krieg. In der Nacht zum 24. Februar 2022 begann der russische Angriff auf die Ukraine. In Kiew kam es zu den ersten Krisensitzungen. Acht Jahre nach der Krim-Annexion im März 2014 eskalierte der Ukraine-Krieg. © Imago London, United Kingdom Im Westen war die Solidarität mit der überfallenen Ukraine groß. Der Regierungssitz im Vereinigten Königreich leuchtete in den ukrainischen Farben. © Hesther Ng/Imago In der Nacht zum 24. Februar begann der russische Angriff auf die Ukraine. Danach sollen die USA Selenskyj angeboten haben, ihm bei der Flucht zu helfen. Selenskyj lehnte an, er und seine Regierung blieben in Kiew, auch als russische Truppen auf die Hauptstadt vorrückten. Die Nachrichtenagentur AP verbreitete Selenskyjs Antwort: „Ich brauche Munition, keine Mitfahrgelegenheit.“ Seitdem ist er zum Symbol des ukrainischen Widerstands geworden. Die USA sollen Selenskyj angeboten haben, ihm bei der Flucht zu helfen. Selenskyj lehnte an, er und seine Regierung blieben in Kiew, auch als russische Truppen auf die Hauptstadt vorrückten. Die Nachrichtenagentur AP verbreitete Selenskyjs Antwort: „Ich brauche Munition, keine Mitfahrgelegenheit.“ Seitdem ist er zum Symbol des ukrainischen Widerstands geworden. © Ukraine Presidency/afp Ukraine: Neuer Gesetzesentwurf zur Mobilisierung und Wehrpflicht der Ukrainer Die Rekrutierung neuer Soldaten gestaltet sich schwierig. Viele Männer haben bereits das Land illegal verlassen oder sind der Mobilisierung durch Schmiergeldzahlungen entkommen, berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung . Berichte über Korruption in den lokalen Wehrersatzämtern schlugen so hohe Wellen, dass sich Selenskyj bereits im August dazu veranlasst sah, die Chefs aller Rekrutierungsbüros auf einen Schlag zu entlassen. In Kiew kam es zu Kundgebungen, bei denen Frauen die Demobilisierung ihrer Angehörigen forderten.
Der Krieg fordert viele Opfer – auf beiden Seiten. (Symbolbild)
© Mstyslav Chernov/dpa
Doch jetzt will die Regierung handeln. Der vorgelegte Gesetzentwurf vor, das Wehrpflichtalter von 27 auf 25 zu senken und Vorladungen digital zuzustellen . Bisher ist es in schriftlicher Form geschehen. Strafen für Wehrdienstverweigerer sollen verschärft und in ein Schuldnerregister eingetragen werden. Studenten sollen nur noch von der Wehrpflicht ausgenommen werden, wenn sie ein Vollzeitstudium absolvieren, hieß es in Medienberichten. Zudem ermöglicht der Entwurf eine Demobilisierung für Armeeangehörige, die drei Jahre am Stück an der Front gewesen sind oder aus Kriegsgefangenschaft zurückkehren. Auch auf die ins Ausland geflohenen Ukrainer soll der Druck zur Rückkehr erhöht werden.
Ukraine-Krieg: Die Ursprünge des Konflikts mit Russland Alles begann mit dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989. Die Öffnung der Grenzen zunächst in Ungarn leitete das Ende der Sowjetunion ein. Der riesige Vielvölkerstaat zerfiel in seine Einzelteile. Am 25. August 1991 erreichte der Prozess die Ukraine. In Kiew feierten die Menschen das Ergebnis eines Referendums, in dem sich die Bevölkerung mit der klaren Mehrheit von 90 Prozent für die Unabhängigkeit von Moskau ausgesprochen hatte. Im Dezember desselben Jahres erklärte sich die Ukraine zum unabhängigen Staat. Seitdem schwelt der Konflikt mit Russland. © Anatoly Sapronenkov/afp Doch Anfang der 1990er Jahre sah es nicht danach aus, als ob sich die neuen Staaten Russland und Ukraine rund 30 Jahre später auf dem Schlachtfeld wiederfinden würden. Ganz im Gegenteil. Im Jahr 1994 unterzeichneten Russland, das Vereinigte Königreich und die USA in Ungarn das „Budapester Memorandum“ – eine Vereinbarung, in der sie den neu gegründeten Staaten Kasachstan, Belarus und der Ukraine Sicherheitsgarantien gaben. © Aleksander V. Chernykh/Imago Als Gegenleistung traten die drei Staaten dem Atomwaffensperrvertrag bei und beseitigten alle Nuklearwaffen von ihrem Territorium. Es sah danach aus, als ob der Ostblock tatsächlich einen Übergang zu einer friedlichen Koexistenz vieler Staaten schaffen würde. Nach Beginn des Ukraine-Kriegs erinnern auch heute noch viele Menschen an das Budapester Memorandum von 1994. Ein Beispiel: Die Demonstration im Februar 2025 in München. © Imago Bereits 2004 wurde deutlich, dass der Wandel nicht ohne Konflikte vonstattengehen würde. In der Ukraine lösten Vorwürfe des Wahlbetrugs gegen den Russland-treuen Präsidenten Wiktor Janukowytsch Proteste © Mladen Antonov/afp Ukraine proteste Die Menschen der Ukraine erreichten vorübergehend ihr Ziel. Der Wahlsieg Janukowytschs wurde von einem Gericht für ungültig erklärt, bei der Wiederholung der Stichwahl setzte sich Wiktor Juschtschenko durch und wurde neuer Präsident der Ukraine. Die Revolution blieb friedlich und die Abspaltung von Russland schien endgültig gelungen. © Joe Klamar/AFP Wiktor Juschtschenko ,Präsident der Ukraine Als der Moskau kritisch gegenüberstehende Wiktor Juschtschenko im Januar 2005 Präsident der Ukraine wurde, hatte er bereits einen Giftanschlag mit einer Dioxinvariante überlebt, die nur in wenigen Ländern produziert wird – darunter Russland. Juschtschenko überlebte dank einer Behandlung in einem Wiener Krankenhaus. © Mladen Antonov/afp Tymoschenko Putin In den folgenden Jahren nach der Amtsübernahme hatte Juschtschenko vor allem mit Konflikten innerhalb des politischen Bündnisses zu kämpfen, das zuvor die demokratische Wahl in dem Land erzwungen hatte. Seine Partei „Unsere Ukraine“ zerstritt sich mit dem von Julija Tymoschenko geführten Parteienblock. Als Ministerpräsidentin der Ukraine hatte sie auch viel mit Wladimir Putin zu tun, so auch im April 2009 in Moskau. © Imago Das Bündnis zerbrach und Wiktor Janukowitsch nutzte bei der Präsidentschaftswahl 2010 seine Chance. Das Bündnis zerbrach und Wiktor Janukowytsch nutzte bei der Präsidentschaftswahl 2010 seine Chance. Er gewann die Wahl mit knappem Vorsprung vor Julija Tymoschenko. Amtsinhaber Wiktor Juschtschenko erhielt gerade mal fünf Prozent der abgegebenen Stimmen. © Yaroslav Debely/afp Proteste auf dem Maidan-Platz in Kiew, Ukraine, 2014 Präsident Wiktor Janukowytsch wollte die Ukraine wieder näher an Russland führen – auch aufgrund des wirtschaftlichen Drucks, den Russlands Präsident Wladimir Putin auf das Nachbarland ausüben ließ. Um die Ukraine wieder in den Einflussbereich Moskaus zu führen, setzte Janukowytsch im November 2013 das ein Jahr zuvor verhandelte Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union aus. © Sergey Dolzhenko/dpa Maidan-Proteste Ukraine Es folgten monatelange Massenproteste in vielen Teilen des Landes, deren Zentrum der Maidan-Platz in Kiew war. Organisiert wurden die Proteste von einem breiten Oppositionsbündnis, an dem neben Julija Tymoschenko auch die Partei des ehemaligen Boxweltmeisters und späteren Bürgermeisters von Kiew, Vitali Klitschko, beteiligt waren. © Sandro Maddalena/AFP Proteste auf dem Maidan-Platz in Kiew, der Hauptstadt der Ukraine Die Forderung der Menschen war eindeutig: Rücktritt der Regierung Janukowiysch und vorgezogene Neuwahlen um das Präsidentenamt. „Heute ist die ganze Ukraine gegen die Regierung aufgestanden, und wir werden bis zum Ende stehen“, so Vitali Klitschko damals. Die Protestbewegung errichtete mitten auf dem Maidan-Platz in Kiew ihr Lager. Janukowytsch schickte die Polizei, unterstützt von der gefürchteten Berkut-Spezialeinheit. Es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, die über mehrere Monate andauerten. © Sergey Dolzhenko/dpa Der Platz Euromaidan in Kiew, Hauptstadt der Ukraine, ist nach den Protesten verwüstet. Die monatelangen Straßenkämpfe rund um den Maidan-Platz in Kiew forderten mehr als 100 Todesopfer. Etwa 300 weitere Personen wurden teils schwer verletzt. Berichte über den Einsatz von Scharfschützen machten die Runde, die sowohl auf die Protestierenden als auch auf die Polizei gefeuert haben sollen. Wer sie schickte, ist bis heute nicht geklärt. Petro Poroschenko, Präsident der Ukraine von 2014 bis 2019, vertrat die These, Russland habe die Scharfschützen entsendet, um die Lage im Nachbarland weiter zu destabilisieren. Spricht man heute in der Ukraine über die Opfer des Maidan-Protests, nennt man sie ehrfürchtig „die Himmlischen Hundert“. © Sergey Dolzhenko/dpa Demonstranten posieren in der Villa von Viktor Janukowitsch, ehemaliger Präsident der Ukraine Nach rund drei Monaten erbittert geführter Kämpfe gelang dem Widerstand das kaum für möglich Gehaltene: Die Amtsenthebung Wiktor Janukowytschs. Der verhasste Präsident hatte zu diesem Zeitpunkt die UKraine bereits verlassen und war nach Russland geflohen. Die Menschen nutzten die Gelegenheit, um in der prunkvollen Residenz des Präsidenten für Erinnerungsfotos zu posieren. Am 26. Februar 2014 einigte sich der „Maidan-Rat“ auf eigene Kandidaten für ein Regierungskabinett. Präsidentschaftswahlen wurden für den 25. Mai anberaumt. Die Ukraine habe es geschafft, eine Diktatur zu stürzen, beschrieb zu diesem Zeitpunkt aus der Haft entlassene Julija Tymoschenko die historischen Ereignisse. © Sergey Dolzhenko/dpa Ein Mann stellt sich in Sewastopol, eine Stadt im Süden der Krim-Halbinsel, den Truppen Russlands entgegen. Doch der mutmaßliche Frieden hielt nicht lange. Vor allem im Osten der Ukraine blieb der Jubel über die Absetzung Janukowytschs aus. Gouverneure und Regionalabgeordnete im Donbass stellten die Autorität des Nationalparlaments in Kiew infrage. Wladimir Putin nannte den Umsturz „gut vorbereitet aus dem Ausland“. Am 1. März schickte Russlands Präsident dann seine Truppen in den Nachbarstaat. Wie Putin behauptete, um die russischstämmige Bevölkerung wie die auf der Krim stationierten eigenen Truppen zu schützen. In Sewastopol, ganz im Süden der Halbinsel gelegen, stellte sich ein unbewaffneter Mann den russischen Truppen entgegen. Aufhalten konnte er sie nicht. © Viktor Drachev/afp Bürgerkrieg in Donezk, eine Stadt im Donbas, dem Osten der Ukraine Am 18. März 2014 annektierte Russland die Halbinsel Krim. Kurz darauf brach im Donbass der Bürgerkrieg aus. Mit Russland verbündete und von Moskau ausgerüstete Separatisten kämpften gegen die Armee und Nationalgarde Kiews. Schauplatz der Schlachten waren vor allem die Großstädte im Osten der Ukraine wie Donezk (im Bild), Mariupol und Luhansk. © Chernyshev Aleksey/apf Prorussische Separatisten kämpfen im Donbas gegen Einheiten der Ukraine Der Bürgerkrieg erfasste nach und nach immer mehr Gebiete im Osten der Ukraine. Keine der Parteien konnte einen nachhaltigen Sieg erringen. Prorussische Separatisten errichteten Schützengräben, zum Beispiel nahe der Stadt Slawjansk. Bis November 2015 fielen den Kämpfen laut Zahlen der Vereinten Nationen 9100 Menschen zum Opfer, mehr als 20.000 wurden verletzt. Von 2016 an kamen internationalen Schätzungen zufolge jährlich bis zu 600 weitere Todesopfer dazu. © Michael Bunel/Imago Trümmer von Flug 17 Malaysian Airlines nach dem Abschuss nahe Donezk im Osten der Ukraine Aufmerksam auf den Bürgerkrieg im Osten der Ukraine wurde die internationale Staatengemeinschaft vor allem am 17. Juli 2014, als ein ziviles Passagierflugzeug über einem Dorf nahe Donezk abstürzte. Alle 298 Insassen kamen ums Leben. Die Maschine der Fluggesellschaft Malaysian Airlines war von einer Boden-Luft-Rakete getroffen worden. Abgefeuert hatte die Rakete laut internationalen Untersuchungen die 53. Flugabwehrbrigade der Russischen Föderation. In den Tagen zuvor waren bereits zwei Flugzeuge der ukrainischen Luftwaffe in der Region abgeschossen worden. © ITAR-TASS/Imago Russlands Präsident Putin (l.), Frankreichs Präsident Francois Hollande, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Petro Poroschenko in Minsk Die Ukraine wollte den Osten des eigenen Landes ebenso wenig aufgeben wie Russland seine Ansprüche darauf. Im September 2014 kamen deshalb auf internationalen Druck Russlands Präsident Putin (l.), Frankreichs Präsident François Hollande, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Petro Poroschenko in Minsk zusammen. In der belarussischen Hauptstadt unterzeichneten sie das „Minsker Abkommen“, das einen sofortigen Waffenstillstand und eine schrittweise Demilitarisierung des Donbass vorsah. Die OSZE sollte die Umsetzung überwachen, zudem sollten humanitäre Korridore errichtet werden. Der Waffenstillstand hielt jedoch nicht lange und schon im Januar 2015 wurden aus zahlreichen Gebieten wieder Kämpfe gemeldet. © Mykola Lazarenko/afp Wolodymyr Selenskyj feiert seinen Sieg bei der Präsidentschaftswahl in der Ukraine 2019 Während die Ukraine im Osten zu zerfallen drohte, ereignete sich in Kiew ein historischer Machtwechsel. Wolodymyr Selenskyj gewann 2019 die Präsidentschaftswahl und löste Petro Poroschenko an der Spitze des Staates ab. © Genya Savilov/afp Wolodymyr Selenskyj Selenskyj hatte sich bis dahin als Schauspieler und Komiker einen Namen gemacht. In der Comedy-Serie „Diener des Volkes“ spielte Selenskyj von 2015 bis 2017 bereits einen Lehrer, der zunächst Youtube-Star und schließlich Präsident der Ukraine wird. Zwei Jahre später wurde die Geschichte real. Selenskyj wurde am 20. Mai 2019 ins Amt eingeführt. Kurz darauf löste der bis dato parteilose Präsident das Parlament auf und kündigte Neuwahlen an. Seine neu gegründete Partei, die er nach seiner Fernsehserie benannte, erzielte die absolute Mehrheit. © Sergii Kharchenko/Imago Russische Separatisten in der Ost-Ukraine Selenskyj wollte nach seinem Wahlsieg die zahlreichen innenpolitischen Probleme der Ukraine angehen: vor allem die Bekämpfung der Korruption und die Entmachtung der Oligarchen. Doch den neuen, russland-kritischen Präsidenten der Ukraine holten die außenpolitischen Konflikte mit dem Nachbarn ein. © Alexander Ryumin/Imago Ukraine Militär Im Herbst 2021 begann Russland, seine Truppen in den von Separatisten kontrollierte Regionen in der Ost-Ukraine zu verstärken. Auch an der Grenze im Norden zog Putin immer mehr Militär zusammen. Selenskyj warnte im November 2021 vor einem Staatsstreich, den Moskau in der Ukraine plane. Auch die Nato schätzte die Lage an der Grenze als höchst kritisch ein. In der Ukraine wurden die Militärübungen forciert. © Sergei Supinsky/AFP Putin Noch drei Tage bis zum Krieg: Am 21. Februar 2022 unterzeichnet der russische Präsident Wladimir Putin verschiedene Dekrete zur Anerkennung der Unabhängigkeit der Volksrepubliken Donezk und Lugansk. © Alexey Nikolsky/AFP Explosion in Kiew nach Beginn des Ukraine-Kriegs mit Russland Am 24. Februar 2022 wurde der Ukraine-Konflikt endgültig zum Krieg. Russische Truppen überfielen das Land entlang der gesamten Grenze. Putins Plan sah eine kurze „militärische Spezialoperation“, wie die Invasion in Russland genannt wurde, vor. Die ukrainischen Streitkräfte sollten mit einem Blitzkrieg in die Knie gezwungen werden. Moskau konzentrierte die Attacken auf Kiew. Innerhalb weniger Tage sollte die Hauptstadt eingenommen und die Regierung Selenskyjs gestürzt werden. Doch der Plan scheiterte und nach Wochen intensiver Kämpfe und hoher Verluste in den eigenen Reihen musste sich die russische Armee aus dem Norden des Landes zurückziehen. Putin konzentrierte die eigene Streitmacht nun auf den Osten der Ukraine. © Ukrainian President‘s Office/Imago Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, bei einer Fernsehansprache aus Kiew Seit Februar 2022 tobt nun der Ukraine-Krieg. Gesicht des Widerstands gegen Russland wurde Präsident Wolodymyr Selenskyj, der sich zu Beginn des Konflikts weigerte, das Angebot der USA anzunehmen und das Land zu verlassen. „Ich brauche Munition, keine Mitfahrgelegenheit“, sagte Selenskyj. Die sollte er bekommen. Zahlreiche westliche Staaten lieferten Ausrüstung, Waffen und Kriegsgerät in die Ukraine. Hunderttausende Soldaten aus beiden Ländern sollen bereits gefallen sein, ebenso mehr als 10.000 Zivilpersonen. Ein Ende des Kriegs ist nach wie vor nicht in Sicht. © Ukraine Presidency/afp Die Opposition hat jedoch angekündigt, im Parlament gegen den Entwurf zu stimmen. Der Verteidigungsausschuss diskutiert seit vergangenem Donnerstag über den Entwurf. Viele Mitglieder des Ausschusses seien gegen den vorgelegten Entwurf. Der Menschenrechtsbeauftragte des Parlaments, Dmytro Lubynetz, kritisiere zuvor bereits öffentlich den Entwurf, da bestimmte Aspekte mit den Bestimmungen der Verfassung in Konflikt stehen würden, kritisierte er in der Ukrainska Pravda . (jek )