Annäherung an Putin
Verhandlungen über Ende des Ukraine-Kriegs: Trump bricht mit US-Tradition – und stürzt Europa in tiefe Krise
Trump versetzt die Welt in Aufruhr. Nicht nur die Ukraine äußert Kritik an den Gesprächen der USA mit Russland. Eine Wende, die Europa vor Herausforderungen stellt.
Washington D.C. – Angesichts der jüngsten Äußerungen von US-Präsident Donald Trump, scheinen Befürchtungen – Trump könnte sich auf die Seite Russlands schlagen und die Ukraine übergehen – Realität zu werden. Bereits das Telefonat mit Russlands Präsident Wladimir Putin und das darauffolgende Treffen mit russischen Delegationen in Saudi-Arabien haben Empörung – und in Europa Krisenstimmung ausgelöst. Nach dem Treffen seines Außenministers mit Kreml-Vertretern am Dienstag (18. Februar) zeigte sich Trump nun zuversichtlich, dass schon bald ein Friedensabkommen im Ukraine-Krieg erreicht werden kann.
Donald Trump beschuldigt die Ukraine nach Gesprächen mit Russland über Ende des Ukraine-Kriegs
„Russland will etwas tun“, behauptete Trump. Die Schuld dafür, dass der Krieg noch nicht beendet ist, gab der US-Präsident praktisch dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Der Krieg hätte längst enden sollen, mahnte er – und warf den Ukrainern Versäumnisse vor: „Ihr hättet es nie anfangen sollen. Ihr hättet einen Deal machen können.“ Es gebe in Kiew „eine Führung, die einen Krieg zugelassen hat, den es nie hätte geben dürfen“.
Die Trump-Dynastie: Alle Mitglieder und ihre Rollen in der „First Family“




Verhandlungen mit Putin: Trump bricht mit langer amerikanischer Tradition
Trumps Aussagen und die scheinbare Annäherung an Russland beschreibt die New York Times als eine „180-Grad-Wende, die Freunde und Feinde zwingen wird, sich grundlegend neu zu orientieren“. Trump bricht mit langer amerikanischer Tradition: Die Sowjetunion und später Russland als eine Macht zu betrachten, vor der man sich in Acht nehmen sollte. „Herr Trump erweckt den Anschein, als würde er Russland als Kollaborateur bei künftigen gemeinsamen Unternehmungen betrachten“, beschreibt die US-Zeitung den jüngsten außenpolitischen Wandel unter der Trump-Führung.
Im Gegensatz zum Kalten Krieg, erklärte Kori Schake, Direktorin für außen- und verteidigungspolitische Studien am American Enterprise Institute: „Jetzt legitimieren wir Aggressionen, um Einflusssphären zu schaffen. Jeder amerikanische Präsident der letzten 80 Jahre würde sich der Aussage von Präsident Trump widersetzen.“ Schake war Beraterin für nationale Sicherheit unter US-Präsident George W. Bush. „Es ist eine schändliche Umkehrung von 80 Jahren amerikanischer Außenpolitik“, führte sie gegenüber der Times weiter aus. Was die einen als Bruch einer langen außenpolitischen Tradition verstehen, wird in Trump-Kreisen dennoch gefeiert.
Trump-Lager feiert Gespräche mir Moskau über Ende des Ukraine-Kriegs
Es fühle sich an wie ein „Weihnachtsmorgen“ kommentierte Kari Lake, die den US-Auslandssender Voice of America (VOA) leiten soll, die jüngsten Schritte der Trump-Regierung. Trump wolle „Frieden für alle Nationen“. Um welchen Preis und auf wessen Kosten dieser Frieden geschaffen werden könnte, scheint hier egal. Die USA und Russland hatten am Dienstag in Riad Gespräche über ein Ende des Ukraine-Kriegs vereinbart. Die Regierungen wollen nun Unterhändler für Gespräche über ein Ende des Ukraine-Kriegs ernennen.
Der konservative Podcaster und Trump Unterstützer, Charlie Kirk, nannte die Debatte rund um die Gespräche über ein Ende des Ukraine-Kriegs „einen Atemzug frischer Luft“. Dass immer mehr Republikaner Trump auch in dieser Entscheidung den Rücken stärken, beschreibt die New York Times als einen Beweis für Trumps Fähigkeit, die Republikaner „in nahezu jedem Thema auf die Probe zu stellen, selbst in einem, das ihre zuvor aggressive Haltung gegenüber Russland auf den Kopf stellt“.
Ukraine-Verhandlungen: Trump kündigt Putin-Treffen „wahrscheinlich“ noch im Februar an
Nun kündigte Trump bereits ein „wahrscheinliches“ Treffen mit Putin noch vor Ende des Monats an. Auf Kritik der Ukraine, dass das Land zu den Gesprächen in Riad nicht eingeladen worden sei, hatte Trump zuvor spöttisch reagiert. „Ich habe heute gehört: Oh, wir waren nicht eingeladen“, sagte der Republikaner – und schob nach: „Nun, ihr seid seit drei Jahren dabei.“ Bei den Gesprächen war jedoch nicht nur die Ukraine nicht von der Partie – auch die europäischen Partner sind außen vor.
Ukraine-Krisentreffen in Paris: Trump stellt Europa vor Herausforderungen
Die Sorge wächst, dass Trump und Putin die Ukraine zu Zugeständnissen drängen könnten – und dass das angegriffene Land sowie Europa am Ende die Hauptlast einer möglichen Waffenruhe tragen müssen. Europa scheint sich der Herausforderung bewusst, vor die Trump und damit der Nato-Partner die Staaten stellt. So hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron für Mittwoch bereits das zweite Krisengespräch mit Staats- und Regierungschefs in Paris einberufen.
Doch in Europa scheint es derzeit in einigen Punkten an Einigkeit und auch an Führung zu fehlen. So wurde der erste Krisengipfel am Montag bereits überschattet von Uneinigkeiten über die mögliche Entsendung von Friedenstruppen zum Absichern eines etwaigen Friedensabkommens zwischen Kiew und Moskau. Macron hatte die mögliche Entsendung bereits vor rund einem Jahr ins Spiel gebracht und zuletzt Unterstützung aus Großbritannien erhalten.
Uneinigkeit über Friedenstruppen für die Ukraine: EU-Anfrage könnte Klarheit bringen
Bundeskanzler Olaf Scholz hingegen nannte die Debatte darüber völlig verfrüht. Angesichts der Bundestagswahl am Sonntag scheint jedoch möglich, dass es nicht mehr lange der SPD-Politiker sein wird, der darüber zu diskutieren hätte. Entscheidungen wurden bei den informellen Gesprächen in Paris am Montag nicht getroffen.
Auf die aktuelle Krise, heißt es in einem Text des Wall Street Journal, ist Europa nicht vorbereitet: „Es geht um Europas engsten Verbündeten, die USA, und einen Bereich, in dem Europa nie geeint war: die Außenpolitik.“ Europa müsse sich zusammenreißen, forderte der finnische Präsident Alexander Stubb am Montag in Paris. Auch andere Staats- und Regierungschefs betonen: Europa müsse nun Einigkeit beweisen. Ob das innerhalb der EU gelingen kann, könnte indessen auch eine Anfrage von EU-Ratspräsident António Costa zeigen.
Angesichts des drastischen Kurswechsels in der US-Ukrainepolitik erwägt Costa die Einberufung eines EU-Sondergipfels. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur hat der Ratspräsident den Staats- und Regierungschef der 27 EU-Staaten konkrete Fragen zur weiteren Unterstützung der Ukraine und zu möglichen Sicherheitsgarantien für das Land zukommen lassen. Wenn es eine gemeinsame Basis gibt, soll dann ein EU-Sondergipfel organisiert werden, um Entscheidungen zu treffen. Ein Treffen sei nur sinnvoll, wenn es eine solide Grundlage für eine gute Diskussion und ein relevantes Ergebnis gebe. (pav mit dpa)
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