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Atomenergiedebatte

„Schnellstmöglich“: Union bereitet Rückkehr zur Atomkraft vor

CDU und CSU streben eine Renaissance der Kernkraft an. Ein Antrag soll jetzt vorgebracht werden. Doch die Energiewirtschaft warnt vor dem Schritt.

Berlin – Die Union strebt offenbar eine Reaktivierung alter Atommeiler an. Das Vorhaben soll am Wochenende auf dem CSU-Parteitag vorgestellt werden und auch den Neubau von Reaktoren anstreben. Dabei glauben inzwischen nicht einmal mehr die Kraftwerksbetreiber an eine Rückkehr der Kernenergie in Deutschland.

Sollten CDU und CSU siegreich aus der Bundestagswahl hervorgehen, wollen sie rasch die zuletzt vom stillgelegten Meiler wieder ans Netz bringen. Das berichtet das Handelsblatt unter Berufung auf einen Antrag der Parteien. Man fordere „Weiternutzung und Weiterentwicklung der Kernenergie“ heiße es darin. Ein entsprechender Beschluss solle auf dem CSU-Parteitag in Augsburg gefasst werden; die Antragskommission habe hierfür bereits grünes Licht gegeben.

Die Union will zur Kernkraft zurückkehren – braucht die Wirtschaft in Deutschland Atomstrom?

Zwar seien inzwischen alle Kernkraftwerke stillgelegt, aber „der Rückbau hat aber noch nicht begonnen“, so der Vorsitzende der Mittelstandsunion der CSU, Sebastian Brehm, gegenüber der Zeitung. Auch die Machbarkeit habe er nach eigener Aussage schon überprüfen lassen. Fünf noch intakte Atommeiler könnten „unkompliziert reaktiviert und schnellstmöglich wieder ans Netz gehen“. Das habe Framatome, eine Tochter des französischen Energiekonzerns Areva, gegenüber Brehm bestätigt.

Die Union will zur Kernkraft zurückkehren. Ein sinnvolles Vorhaben?

Dem Vorsitzenden der CSU-Mittelstandsunion zufolge will man so vor allem der Industrie helfen, die auf „günstigen und grundlastfähigen“ Strom angewiesen sei. Man sei beim Wasserstoff aber „noch nicht so weit“ und daher gezwungen, auf Braunkohle zu setzen, so Brehm gegenüber dem Blatt. Um die Versorgung zu sichern, importiere man zudem Atomstrom von den europäischen Nachbarn.

Vorwurf der CDU/CSU-Fraktion an die Grünen – Wurde die Öffentlichkeit beim Atomausstieg getäuscht?

Gleichzeitig macht die Union auf Bundesebene Druck. Bereits im Juli hatte die CDU/CSU-Fraktion einen Untersuchungsausschuss beantragt, mit dem „die Umstände der Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke in der Bundesrepublik“ ergründet werden sollen. Dieser untersucht laut dem CSU-Bundestagsabgeordneten Andreas Lenz, „ob die Öffentlichkeit bei der Entscheidung zur Abschaltung der letzten drei Kernkraftwerke getäuscht wurde“. Immerhin bestehe der „begründete Verdacht, dass die versprochene ergebnisoffene Prüfung eines Weiterbetriebs nie erfolgte“, so Lenz im Juli gegenüber der Nachrichtenagentur dpa.

Konkret lautet der Vorwurf, dass Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken 2022 nicht neutral geprüft hätten. Stattdessen seien möglicherweise Einwände in ihren Ministerien ignoriert und eine ideologische Entscheidung getroffen worden.

Die Energiewirtschaft warnt vor einer Rückkehr zur Atomkraft – und setzt „klar“ auf die Erneuerbaren

Trotz des Vorstoßes der Union ist stark umstritten, ob die Rückkehr zur Kernenergie überhaupt sinnvoll ist. Kernenergie sei sehr kostenintensiv, warnte die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energiewirtschaft, Kerstin Andreae, bereits im Januar gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Stattdessen stünden für die Energiewirtschaft „klar“ die Erneuerbaren im Zentrum. Schwankungen wolle man so lange mit flexiblen flexible Gaskraftwerken ausgleichen, bis diese mit Wasserstoff betrieben werden könnten. Man dürfe „den Druck hinter dieser Kraftwerkstrategie nicht mindern, indem wir eine andere Option in den Raum stellen“, so König. Auch alle bisherigen Betreiber von Atomkraftwerken sagten damals, dass eine Reaktivierung der Meiler keine Option sei.

Ein Ort zwischen Kohle, Atomkraft – und Fossilien

Kohlekraftwerk Naughton bei Kemmerer Wyoming
Wer mit dem Auto aus Richtung Salt Lake City nach Kemmerer kommt, erblickt zuerst das riesige Kohlekraftwerk Naughton. © IPPEN.MEDIA
Ortschild City of Kemmerer Wyoming USA
Etwas mehr als 2400 Menschen leben aktuell in der Stadt Kemmerer – der Bau des Atomkraftwerkes könnte einen Einwohner-Boom auslösen.  © IPPEN.MEDIA
erste Laden der Modekette „JC Penney“ in Kemmerer, Wyoming
In seiner Gründungszeit war Kemmerer dank der Kohle ein Boomtown. Das brachte Geld in den Ort. Davon zeugt auch der erste Laden der Modekette „JC Penney“ – mittlerweile gibt es in den USA über 600 Filialen. © IPPEN.MEDIA
stock exchange bar kemmerer wyoming for sale
Im Ortskern von Kemmerer liegen Niedergang und Aufbruch nah beieinander: Die „Stock Exchange Bar“ sucht seit längerem einen Käufer... © IPPEN.MEDIA
„Fossil Fuel Coffee“ Kaffeehaus in kemmerer Wyoming usa
...nicht weit davon entfernt „Fossil Fuel Coffee“ – ein liebevoll eingerichtetes Kaffeehaus mit eigenem Merch. © IPPEN.MEDIA
Kohle Kraftwerk Naughton in Kemmerer (Wyoming)
Im Kraftwerk Naughton in Kemmerer (Wyoming) wird aus Kohle und Gas Energie gewonnen – doch das Ende der Anlage ist schon beschlossen. © IMAGO/Jim West
Kohlezug der Union Pacific Eisenbahn in kemmerer Wyoming
Tag und Nacht fahren schwere Kohlezüge durch Kemmerer: 60 Prozent der Kohle wird direkt verstromt, der Rest geht an die Trona-Minen, die den Brennstoff zur Herstellung von Natriumkarbonat benötigen.  © IPPEN.MEDIA
Visualisierung Atomkraftwerk in Kemmerer, Wyoming,
So soll das Atomkraftwerk in Kemmerer, Wyoming, eines Tages aussehen. Der Pilot-Reaktor benötigt weniger Platz als wassergekühlte AKWs. © Terra Power
Fossil Butte Monument near Kemmerer Wyoming
Die Landschaft um Kemmerer ist karg, aber atemberaubend weit. Im Boden verbirgt sich nicht nur Kohle. © IPPEN.MEDIA
Fossil Butte National Monument“ nahe Kemmerer Wyoming
„Fossil Butte National Monument“: In der Region um Kemmerer befand sich vor 50 Millionen eine riesige Seenlandschaft. Fossilien in gigantischer Anzahl zeugen bis heute davon. © IPPEN.MEDIA
Wolfsbarsch Priscacara serrata Fossil aus dem Eozän Fundort Kemmerer Wyoming
Typischer Fossilien-Fund aus der Region um Kemmerer: Ein Wolfsbarsch, der vor über 50 Millionen Jahren in der damaligen Seenlandschaft lebte. © Carola Vahldiek / imageBroker / Imago

„Fakt ist, dass sich der Bau von Atomkraftwerken sowohl zeitlich als auch ökonomisch in der Praxis völlig anders darstellt, als es versprochen wird“, so der scheidende Chef des Bundesamts für Sicherheit der nuklearen Entsorgung, Wolfram König, gegenüber der dpa. Phasen der großen Versprechungen der Kernenergie habe es immer wieder gegeben. Dass sie derzeit wieder so unkritisch übernommen würden, zeuge von einem rasanten Wissensverlust in Bevölkerung und Politik. Wer heute die Rückkehr zur Kernenergie anstrebe, blende alle Risiken aus, die die Unfälle in Tschernobyl und Fukushima gezeigt hätten. (tpn)

Rubriklistenbild: © IMAGO/Frank Hoermann / SVEN SIMON

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