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Völkerrechtsbruch per Unterschrift? Was Putins Donbass-Entscheidung wirklich bedeutet

Wladimir Putin, Präsident von Russland, unterzeichnet ein Dokument zur Anerkennung der Unabhängigkeit der Separatistengebiete in der Ostukraine.
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Wladimir Putin, Präsident von Russland, unterzeichnet ein Dokument zur Anerkennung der Unabhängigkeit der Separatistengebiete in der Ostukraine.

Auf Putins Rede am Montag folgten zahlreiche Statements. Oftmals ging es um den vorgeworfenen Bruch des Völkerrechts. Was dahinter steckt.

Moskau - Das Völkerrecht ist nach der Ostukraine-Ankündigung aus Russland ein viel zitierter Begriff. Wladimir Putin hatte am Montagabend (21. Februar) die selbst ernannten, sogenannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten* anerkannt. Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten.

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock* (Grüne) verurteilte den Schritt als „eklatanten Bruch des Völkerrechts“. Ähnlich Kanzler Olaf Scholz*: Seiner Meinung nach war es ein „schwerwiegender Bruch des Völkerrechts“. Laut dem kroatischen Ministerpräsidenten Andrej Plenkovic ist es eine „eine Verletzung des Völkerrechts und der territorialen Integrität der Ukraine“. Die Türkei rief alle Parteien dazu auf, sich an das Völkerrecht zu halten. All das sind nur einige ausgewählte Reaktionen.

Ukraine-Konflikt mit Russland: Zahlreiche Reaktionen aus der Politik

Scholz konkretisierte seine Aussage, indem er sagte, Putin breche mit seinem Vorgehen nicht nur das Minsker Abkommen*, sondern auch Grundprinzipien der Vereinten Nationen und „alle völkerrechtlichen Vereinbarungen“, die Russland in den vergangenen Jahrzehnten eingegangen sei. Doch was heißt das alles überhaupt?

Völkerrechtsbruch durch Russland? „Überstaatliche Rechtsordnung“

Kurzer Rückblick, was überhaupt geschehen war: Ungeachtet aller Warnungen des Westens hat Russlands Präsident Wladimir Putin die Unabhängigkeit der pro-russischen Separatisten-Gebiete in der Ostukraine anerkannt - völkerrechtlich gehören sie zur Ukraine. Nach einer Ansprache an die Nation unterzeichnete Putin Freundschaftsabkommen mit den selbst erklärten „Volksrepubliken“, schickte dann die russische Armee zum „Friedenserhalt“ in die Ostukraine und sorgte damit für eine weitere, dramatische Eskalation des Ukraine-Konflikts*. Der Westen wirft ihm nun also vor, damit gegen das Völkerrecht zu verstoßen.

Das Völkerrecht ist sozusagen eine überstaatliche Rechtsordnung. Es beschreibt die rechtliche Verantwortung, wie Staaten miteinander umgehen sollen. Dabei liegt eine große Themenbreite vor: Unter anderem geht es um Menschenrechte, internationale Kriminalität, Migration, den Umgang mit Gefangenen, den Einsatz von Gewalt und die Kriegsführung. Beim Völkerrecht sind Staaten prinzipiell an das gebunden, was sie für sich rechtlich binden anerkannt haben.

Charta der Vereinten Nationen: Putin breche „mit den Grundprinzipien“

Als eine Basis des Völkerrechts wird häufig die Charta der Vereinten Nationen gesehen. „Ihre universellen Ziele und Grundsätze bilden die Verfassung der Staatengemeinschaft, zu der sich alle inzwischen 193 Mitgliedstaaten bekennen“, heißt es auf der Webseite der UN. Dazu zählt auch Russland.

„Mit der Anerkennung bringt Russland seine Rechtsauffassung zum Ausdruck, dass die betreffenden Gebiete nicht (mehr) Teil der Ukraine sind“, erklärt Christian Walter, Professor am Lehrstuhl für Völkerrecht und Öffentliches Recht der LMU München auf Anfrage von Merkur.de*. „Verstoßen wird damit gegen die Grundsätze der territorialen Unversehrtheit und der Souveränität der Ukraine.“ Eine Einmischung von außen, insbesondere wenn sie unter Androhung oder gar dem Einsatz bewaffneter Gewalt erfolge, sei völkerrechtswidrig. Walter erklärt auch: „Die Anerkennung ist ein einseitiger Akt, der für andere Staaten keine unmittelbaren Rechtsfolgen zeitigt.“

Auch Olaf Scholz hielt am Dienstag fest: Putin breche „mit den Grundprinzipien, wie sie in der Charta der Vereinten Nationen zum friedlichen Zusammenleben der Völker verankert sind. Dazu gehören die Wahrung der territorialen Integrität und Souveränität der Staaten, der Verzicht auf Androhung und Anwendung von Gewalt und die Verpflichtung zur friedlichen Streitbeilegung“. Schon auf der Münchner Sicherheitskonferenz hatte Scholz gesagt: „Der Frieden in Europa kann nur gewahrt werden, wenn die Grenzen nicht mehr verschoben werden, wenn sie akzeptiert werden.“

Ukraine-Souveränität verletzt? Vorwurf auch von UN-Generalsekretär gegen Russland

Auch UN-Generalsekretär António Guterres erkennt einen Verstoß gegen die Charta. Russland habe damit die Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine verletzt. Dies ist ein seltener Vorwurf gegen eine Vetomacht, wie Russland sie ist.

„Die Organisation beruht auf dem Grundsatz der souveränen Gleichheit aller ihrer Mitglieder“, heißt es in der UN-Charta. Souveränität meint, Entscheidungen frei und unabhängig treffen zu können. Bei seiner Fernsehansprache hatte Putin am Montag jedoch erklärt, dass die Ukraine ihre Existenz dem russischen und dem kommunistischen Imperium der Sowjetunion zu verdanken habe. Er stellte auch die Staatlichkeit der Ex-Sowjetrepublik infrage. Wohlgemerkt: In der Erklärung zum Minsker Abkommen hatte Putin die uneingeschränkte Achtung der Souveränität und der territorialen Unversehrtheit der Ukraine noch bekräftigt.

Auch deshalb sei es „Unsinn“, zu sagen, dass die Ukraine kein eigener Staat sei, erklärte Pierre Thielbörger in einem Interview bei Tagesschau 24. Es sei völkerrechtlich anerkannt, dass ein Staat auf drei Elementen fuße: einem Staatsgebiet, einem Staatsvolk und einer Staatsgewalt. „Und all das hat die Ukraine, ganz klar“, so der Völkerrechtsexperte von der Universität in Bochum.

Ukraine-Russland-Konflikt: Selenskyj will kein Territorium aufgeben

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj* reagierte auf die russische Anerkennung der „Volksrepubliken“ zurückhaltend. „Wir sind dem friedlichen und diplomatischen Weg treu und werden nur auf diesem gehen“, sagte er. Auf Provokationen werde Kiew nicht reagieren - aber auch kein Territorium aufgeben. „Wir erwarten von unseren Partnern klare und wirkungsvolle Schritte der Unterstützung.“ Der Westen verkündete schon Sanktionen. Festgeschriebene Strafmaßnahmen, die automatisch eintreten, wenn gegen das Völkerrecht verstoßen wird, gibt es nicht. (cibo/AFP/dpa) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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