Trotz Erdogans harter Hand im eigenen Land
EU will am Flüchtlingspakt mit der Türkei festhalten
Brüssel - In der Türkei geht Präsident Recep Tayyip Erdoğan massiv gegen politische Gegner vor. Trotzdem haben die EU-Staats- und Regierungschefs bekräftigt, dass sie am Flüchtlingsabkommen mit Ankara festhalten wollen.
Der EU-Gipfel erklärte am Donnerstagabend, eine "vollständige" Umsetzung "aller Aspekte" der Vereinbarung vom März sei wichtig. In dem Flüchtlingsabkommen vom März hatte die Türkei zugesagt, alle neu auf den griechischen Inseln ankommenden Flüchtlinge zurückzunehmen. Dies führte zu einem drastischen Rückgang der Flüchtlingszahlen in Griechenland. Die Europäer hatten im Gegenzug unter anderem einen beschleunigten Fall des Visa-Zwangs für türkische Bürger und eine Ausweitung der Verhandlungen über einen EU-Beitritt Ankaras in Aussicht gestellt.
Ende Juni wurde darauf ein weiteres sogenanntes Verhandlungskapitel mit Ankara eröffnet, in denen die EU-Standards für einen EU-Beitritt festgelegt sind. Nach dem März-Beschluss sollte die Eröffnung weiterer Kapitel "in beschleunigtem Tempo" vorbereitet werden. Bisher sind im Fall der Türkei 16 von 35 Beitrittskapiteln eröffnet.
Ausweitungsstopp für Beitrittsgespräche
Die EU-Europaminister erklärten am Dienstag wegen der Lage in der Türkei überraschend einen Ausweitungsstopp für die Beitrittsgespräche. Es kann zwar weiter über begonnene Themenbereiche verhandelt werden, doch neue Verhandlungskapitel sollen nicht eröffnet werden. Nur Österreich trug eine entsprechende Erklärung nicht mit, weil es ein vollständiges Einfrieren der Beitrittsgespräche wollte. Für das Frühjahr 2017 stellt die EU der Türkei einen weiteren Flüchtlingsgipfel in Aussicht. Sollte sich die Türkei beim umstrittenen Thema der Visa-Liberalisierung auf die EU zubewegen, seien Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Ratspräsident Donald Tusk zu einem Gipfeltreffen mit Erdogan bereit, hieß es aus EU-Diplomatenkreisen
Erdogan: „Die EU hat uns bisher nichts gegeben“
Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan hat unterdessen alternative Pläne, sollte die EU
die Visafreiheit für türkische Staatsbürger doch nicht einführen. "Sollten Versprechen gebrochen werden, wird die Türkei ohne Zweifel einen Plan B und einen Plan C haben", warnte Erdogan am Donnerstag auf einer Pressekonferenz mit dem slowenischen Präsidenten Borut Pahor in Ankara. "Wir müssen nicht zu jeder Entscheidung über uns 'Ja' sagen. Die EU hat uns bisher nichts gegeben", fügte Erdogan hinzu. Näher äußerte er sich nicht.
AFP/doa
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