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Brandmauer nach rechts

Wieder Thüringen: CDU und AfD beim Gendern grundsätzlich einig, gemeinsame Abstimmung droht

Diesmal geht es nicht um Steuersenkungen, sondern um ein Verbot gegenderter Sprache. Ein Thema, das geradezu eine Einladung für die AfD ist.

Erfurt - Keine zwei Wochen ist es her, dass die CDU in Thüringen nur mithilfe der rechtsextremen AfD einen Gesetzentwurf durch das Erfurter Landesparlament gepeitscht und damit für ein politisches Erdbeben auch auf Bundesebene gesorgt hat. Diese parlamentarische Zusammenarbeit mit dem radikalsten Landesverband der AfD, der vom Erfurter Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestuft wird, brachte eine heiß diskutierte Frage auf: Wie hält es die größte Oppositionspartei in Thüringen und im Bund tatsächlich mit ihrer viel zitierten „Brandmauer nach rechts“?

Thüringen: Neues Desaster für die CDU kündigt sich an

Kaum sind die politischen Schockwellen der Erfurter Abstimmung vom 14. September abgeebbt, schon zeichnet sich eine mögliche Wiederholung dieses politischen Desasters an. Diesmal geht es nicht um ein Gesetz zur Senkung der Grunderwerbssteuer, das unter normalen Umständen niemanden außerhalb von Thüringen interessiert hätte. Zur Abstimmung im Landtag steht nun ein Gesetzentwurf der CDU-Fraktion an, der das Gendern verbieten soll - ein Thema, das sich wie kaum ein anderes für den parlamentarischen Kulturkampf eignet.

Mario Voigt, Landes- und Fraktionschef der Thüringer CDU, spricht im Plenarsaal des Thüringer Landtags.

Im Entwurf zum „Korrekte-Sprache-Gesetz“ heißt es, die Verwendung gegenderter Sprache verunsichere und überfordere die Menschen und führe zu „kulturellen Konflikten“, weil sie „das tradierte binäre Geschlechtersystem von Männern und Frauen infrage“ stelle, zitiert die Süddeutsche Zeitung (SZ) daraus. Übliche sprachliche Genderformen wie den „Gender-Stern“, den „Gender-Unterstrich“ oder einen „Doppelpunkt im Wortinneren“ will die Thüringer CDU daher verbieten, zumindest an Schulen und Behörden des Freistaates.

Gesetzentwurf der Thüringer CDU kommt einer Einladung an die AfD zum Kulturkampf gleich

Das „Korrekte-Sprache-Gesetz“ gegen den Willen der rot-rot-grünen Minderheitsregierung durch den Landtag bringen zu wollen, kommt praktisch einer Einladung an die AfD zum politischen Kulturkamp gleich. Es gilt als sicher, dass sie dem Gesetzentwurf ihre Stimme geben wird. Es käme einem Verrat an ihren rechten Überzeugungen und ihren Wählern gleich, nicht für ein Verbot des Genderns zu stimmen, gleichgültig wie umfassend es angelegt ist. An der Haltung zum Gendern wird auch deutlich, wie nahe sich CDU und AfD inhaltlich in manchen Dingen stehen.

Eine Abstimmung über das „Korrekte-Sprache-Gesetz“ wird im November erwartet. CDU und AfD könnten dann erneut gemeinsam für ein Gesetz abstimmen - und erneut die Frage aufkommen lassen, was die Brandmauer nach rechts eigentlich noch wert ist. Beteuerungen von Mario Voigt, Landes- und Fraktionschef der Thüringer CDU, dass der Abstimmung keine Absprachen mit der AfD vorausgingen, werden daran nicht viel ändern. Zumal einem für Populismus anfälligen Genderverbot nicht dieselbe Dringlichkeit zugeschrieben werden kann, wie einem Gesetz zu Steuersenkungen.

CDU-General Carsten Linnemann über Thüringer CDU: „Wir sollten keine Kulturkämpfe führen“

Die Reaktionen in der CDU fallen daher zwiespältig aus. Die Thüringer CDU-Landtagsfraktion ließ die Süddeutsche Zeitung wissen, dass man nicht vorhabe, den Gesetzentwurf für ein Genderverbot zurückzuziehen. Aus der Bundestagsfraktion von CDU/CSU kommt Unterstützung. Deren parlamentarischer Geschäftsführer Thorsten Frei nannte es am Dienstag (26. September) „sehr legitim“, dass die Thüringer CDU mit einer Klarstellung der Rechtschreibregeln eine Initiative zur Bildungspolitik vorlegen will, wie der Tagesspiegel berichtete. Die liege ja in der alleinigen Zuständigkeit der Bundesländer.

Andere CDU-Stimmen scheinen hingegen keine Lust auf eine Wiederholung des Erfurter Desasters von Mitte September zu haben. Generalsekretär Carsten Linnemann zeigt sich diesmal skeptischer. „Was das Gendern betrifft, finde ich, dass der Staat nicht vorschreiben sollte, wie jemand zu reden hat - aber wir sollten dieses Thema auch nicht überhöhen“, sagte er der SZ. „Wir sollten keine Kulturkämpfe führen, sondern uns mit den echten Problemen beschäftigen.“ Die gemeinsame Abstimmung von CDU und AfD im Thüringer Landtag zur Grunderwerbssteuer hatte er noch verteidigt.

Bekannte Konstellation kündigt sich an: Bundes-CDU gegen Ostverbände

Ähnlich äußerte sich die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Karin Prien. „Solch einen Antrag jetzt durchzubringen, wäre ein Fehler.“ Es gelte „maximalen Abstand zur AfD zu halten“, zitiert sie die SZ. Auch sie hatte das Verhalten der Thüringer CDU in Sachen Grunderwerbssteuer noch verteidigt, wie der Deutschlandfunk berichtete. Und auch Priens Bundesvorstandskollege Andreas Jung pflichtete ihr gegenüber dem Tagesspiegel bei. „Jetzt ein Antrag zum Gendern, der nur mit der AfD Aussicht auf eine Mehrheit hat – das wäre eine Überdrehung.“ 

Es kündigt sich also eine bekannte Konstellation innerhalb der CDU an. Mit einer Duldung durch die AfD liebäugelnde Ostverbände, denen der Bundesvorstand Einhalt zu gebieten versucht. Parteichef Friedrich Merz nannte eine Zusammenarbeit seiner Partei mit der AfD gegenüber der Augsburger Allgemeinen erst vor wenigen Tagen „unvorstellbar“ und fügte hinzu: „Die CDU würde ihre Seele verkaufen, wenn sie mit dieser Partei zusammenarbeiten würde.“

Laut Tagesspiegel steht ein Treffen des CDU-Präsidiums mit den ostdeutschen Parteiverbänden an. Man wird dort sicher einiges zu bereden haben.

Rubriklistenbild: © Martin Schutt/dpa

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