Während des Ramadan
IS ruft „einsame Wölfe“ zu Anschlägen auf Christen und Juden in Europa und den USA auf
IS-Terroristen kündigen weltweit Anschläge an – noch während des Ramadans. Laut Bundesregierung ist die Terrorgefahr in Deutschland derzeit „akut“.
München – Eine Woche nach dem Terroranschlag auf das Veranstaltungszentrum Crocus City Hall im Nordwesten von Moskau bekannte sich der Islamische Staat (IS) am Donnerstag (28. März) erneut zu der Attacke. In einer 40-minütigen Audiobotschaft kündigte der Sprecher der Terrormiliz, Abu Hudhaifah al-Ansari, weitere IS-Angriffe an und appellierte insbesondere an „einsame Wölfe“.
Islamischer Staat kündigt Angriffe auf Europa und USA während des Ramadans an
Der IS-Sprecher forderte „einsamen Wölfe“ der Bewegung auf, noch während des laufenden Fastenmonats Ramadan „Kreuzfahrer (Christen) und Juden überall anzugreifen und ins Visier zu nehmen“, insbesondere in Europa und den USA sowie im Herzen des jüdischen Staates und in Palästina. Der muslimische Fastenmonat Ramadan dauert in diesem Jahr vom 10. März bis 9. April. Als „einsame Wölfe“ gelten jene Terroristen, die ihre Anschläge im Alleingang planen. Der Terroranschlag in Moskau wird der Terrorgruppe Islamischer Staat Provinz Khorasan (ISPK) zugeschrieben.
Von dem mutmaßlich verantwortlichen IS-Ableger gehe „derzeit auch in Deutschland die größte islamistische Bedrohung aus“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) der Süddeutschen Zeitung. Laut Bundesregierung ist die Terrorgefahr in Deutschland derzeit „akut“. Terrorismusexperte Peter Neumann sieht ebenfalls eine „recht große“ Terrorgefahr in Deutschland und Westeuropa. Seit dem Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober gebe es eine riesige „Mobilmachung von Islamisten, von Dschihadisten überall in Westeuropa“, so Neumann am Montag im Deutschlandfunk.
IS-Zellen weiterhin aktiv: IS-Sprecher erinnert an Ausrufung des IS-Kalifats vor zehn Jahren
In seiner Audiobotschaft erinnerte IS-Sprecher Al-Ansari am Donnerstag auch an die Ausrufung des sogenannten IS-Kalifats vor zehn Jahren. Damals hatte die Terrormiliz große Gebiete des vom Bürgerkrieg zerrissenen Syrien und des benachbarten Iraks unter Kontrolle. Mittlerweile haben die Extremisten ihr Herrschaftsgebiet wieder verloren. IS-Zellen sind aber in beiden Ländern weiter aktiv. Die Ursprünge des Islamischen Staates gehen laut Bundeszentrale für politische Bildung auf die im Jahr 2003 gegründete Gruppe „al-Tawheed wa al-Jihad“ zurück. Zu Beginn war der IS Teil der islamistischen Terrororganisation Al Kaida.
Geheimdokumente aus dem Jahr 2014 hatten gezeigt, dass der Islamische Staat sich nicht nur so nennt, sondern tatsächlich wie ein Staat agiert und sehr gut organisiert ist. In einer Analyse kam der Bundesnachrichtendienst damals zu dem Schluss, dass dies zur Attraktivität der Terrormiliz beitrage und der IS „eine größere Herausforderung für die westliche Staatengemeinschaft“ darstelle als Al Kaida. Im Gegensatz zu Al Kaida bietet der IS ein Leben in einem Kalifat.
Neue terroristische Gefahr für Europa: Wachsende Bedrohung durch ISPK in Deutschland
Zur Gefahr durch den IS kommt nun laut Terrorismusexperte Peter Neumann zusätzlich „der ISPK, also dieser Ableger des Islamischen Staats in Afghanistan, Zentralasien“ dazu, der „sehr ambitioniert und aggressiv auch Anschläge im nichtmuslimischen Ausland versucht, darunter auch in Westeuropa“. Die ISPK hat ihren Ursprung in Afghanistan. Khorasan steht für eine historische Region in Zentralasien, die Teile von Afghanistan, Usbekistan, Turkmenistan und Tadschikistan sowie vom Iran umfasste.
Das seien einige Gefahren, die hier zusammenkämen, „wo ich sage, die größte, aktuelle terroristische Bedrohung in Deutschland, in Europa, ist jetzt wieder von der islamistischen, von der dschihadistischen Seite“, so Neumann weiter. Für die Politik sei es immer eine schwierige Balance, die Menschen darauf hinzuweisen, dass eine derartige Gefahr tatsächlich existiere und zugleich die Menschen nicht unnötig in Unruhe zu versetzen. Laut Neumann gehe die Bundesregierung dabei ausgewogen vor (bme/dpa).
