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Es ist sehr wahrscheinlich, dass Frankreich ab Mittwoch ohne Regierung dastehen wird. Die Konsequenzen könnten gravierend sein.
Paris – Nicht einmal drei Monate nach dem Antritt droht dem Kabinett von Michael Barnier das Aus. Seine französische Regierung steuert auf ein Misstrauensvotum zu. Der Grund: ein eskalierter Streit um Barniers geplanten Sparhaushalt.
Das Linksbündnis reichte den Antrag ein. Die Fraktionschefin der rechtsnationalen Rassemblement National (RN), Marine Le Pen, unterstützt ihn mit ihrer Partei. Die Abgeordneten der Nationalversammlung werden voraussichtlich am Mittwoch (4. Dezember) über den Misstrauensantrag abstimmen.
Barnier wollte Frankreich einen ungewohnten Sparkurs verordnen. Der Opposition von links und rechts passt das nicht – nicht auf die von Barnier gewollte Art und Weise jedenfalls. Daher nutzte Barnier die Verfassung: Der Premier brachte einen entscheidenden Teil seiner Pläne mit dem Sozialetat ohne Abstimmung durch das Parlament.
Frankreichs Premier Barnier nutzt Verfassung gegen Staatsverschuldung – Misstrauensantrag
Die aktuelle Situation und Frankreichs wachsende Staatsverschuldung hätten ihm keine Wahl gelassen, sagte Barnier im französischen Parlament: „In diesem Moment geht es darum, die Interessen unseres Landes zu verteidigen und seinen Einfluss in Europa und weltweit. Deshalb greife ich zum Artikel 49.“ Daraufhin stellte die linke Opposition den Misstrauensantrag.
Barniers Haushalt sollte ein großes Loch in den französischen Finanzen stopfen. Expertinnen und Experten sprachen von einer drohenden Finanzkrise für die zweitgrößte Volkswirtschaft in der Eurozone und von Angstgefühlen in der gesamten Eurozone, schreibt politico.eu. Laut Marine Le Pen, Vorsitzende der rechtspopulistischen Rassemblement Nationale, hätten die Franzosen jedoch genug davon, „geschlagen und misshandelt zu werden.“
Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zur Regierungskrise in Frankreich.
Marine Le Pen hat Frankreich-Wahl 2027 im Blick – trotz Ausschluss
Misstrauensvotum in Frankreich: Steht das Ergebnis bereits fest?
Es sieht danach aus. Expertinnen und Experten rechnen mit dem Sturz der Regierung nach dem Misstrauensantrag gegen Barnier. Die linke Opposition – Kommunisten, Grüne, Sozialisten und Linke – reichten den Antrag ein, daher gelten ihre Stimmen als relativ sicher. Die Rechtsnationalen um Le Pen kündigten an, dem Antrag gegen Barnier zuzustimmen. Gemeinsam würden die Oppositionsparteien die nötige absolute Mehrheit von 289 Stimmen erreichen.
Was passiert mit Macron nach Misstrauensantrag gegen Barnier?
Nein, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wäre bei einem Sturz von Premier Barnier nicht automatisch mit abgewählt. Das Misstrauensvotum gilt nur für die Regierung von Barnier. Macron ist nicht Teil des Kabinetts. Aber: Ein Regierungssturz würde Macron unter Druck setzen. Denn er hatte Barnier zum Premier ernannt – und sein Mitte-Lager regiert mit.
Die rechte und linke Opposition könnten darauf hoffen, Macron mit dem Regierungssturz zu einer vorgezogenen Präsidentschaftswahl zu bewegen. Diese stünde erst 2027 an. Nach zwei Amtszeiten würde Macron nicht erneut kandidieren können.
Steht Frankreich nun wieder vor neuen Wahlen?
Nein. Macron hatte die Nationalversammlung erst im Frühjahr aufgelöst und Neuwahlen einberufen. Neue Parlamentswahlen sind erst ein Jahr nach der zweiten Wahlrunde möglich. Daher wäre der frühste Wahltermin im Juli. Daran würde auch ein Regierungssturz nichts ändern. Zurzeit hat kein politisches Lager in Frankreich eine eigene Mehrheit in der Parlamentskammer. Weder die Mitte-Kräfte, das linke Lager noch die Rechtsnationalen mit ihren Verbündeten.
Zuletzt hatte Macron erklärt: Er werde Staatschef bis zum Ende seiner zweiten Amtszeit bleiben – also bis zur anstehenden Wahl 2027.
Hat Frankreich bald keine Regierung mehr?
Spricht eine Mehrheit sein Misstrauen gegen Barnier aus, muss dieser seinen Rücktritt und den Rücktritt seiner Regierung bei Macron einreichen. Die Minister dürfen Macron geschäftsführend im Amt lassen – bis es eine neue Regierung gibt. Sie könnten sich um wichtige laufende Aufgaben kümmern. Aber: keine neuen Initiativen starten.
Expertinnen und Experten sind sich einig: Eine gescheiterte Regierung würde Frankreich in eine politische Krise stürzen. Bereits im Sommer gestaltete sich die Regierungsfindung äußerst kompliziert. Mit der Barnier-Regierung fand Frankreich nur ein geduldetes Kabinett ohne eigene Mehrheit.
Die Situation dürfte nun nicht leichter werden. Hinzu kommt: Der Haushalt für das kommende Jahr ist noch nicht verabschiedet. Daher könnten die notwendigen Sparpläne scheitern.
Steuert die Eurozone auf eine Krise nach griechischem Vorbild zu?
Noch nicht, aber es könnte schnell schlimmer werden. Frankreich ist durch ein enormes Defizit geschwächt, das Barnier durch massive Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen eindämmen wollte. Der drohende Regierungszusammenbruch erschreckt laut politico.eu bereits jetzt die Finanzmärkte – so sehr, dass sie am Montag griechische Anleihen als kreditwürdiger einstuften als französische.
Beobachter warnen seit Wochen davor, dass sich Frankreichs politische Krise zu einer wirtschaftlichen Krise in der Eurozone ausweiten könnte. Frankreich hat die zweitgrößte Volkswirtschaft in der Eurozone.
Allerdings droht Frankreich kein Stillstand wie ein möglicher Shutdown in den USA. Denn: Barnier oder sein Nachfolger können sicherstellen, dass Frankreich einen Haushalt für das nächste Jahr hat – dank einiger Überbrückungsmechanismen. Beispielsweise könnten sie ein Sondergesetz vorlegen. Damit könnte der Vorjahreshaushalt für einige Monate übernommen werden, bis ein neuer Haushalt verabschiedet wird.
Das Problem: Das Parlament muss das Sondergesetz billigen. (Jan Wendt/Reuters)