Grüner Machtkampf
Streit um Führungsrollen bei den Grünen – Baerbock im Zentrum
Bei den Grünen wird um Posten gefeilscht. Baerbocks Zukunft ist unklar, Habeck zieht sich zurück. Wer die Fraktion führt, entscheidet sich bald.
Berlin – Für die Grünen war die vorgezogene Bundestagswahl eine Enttäuschung. Mit lediglich 11,6 Prozent der Wählerstimmen schnitt die Partei deutlich schlechter ab, als bei der vorherigen Wahl. Von den parteiinternen Veränderungen, die jetzt stattfinden sollen, ist nicht nur der gescheiterte Kanzlerkandidat Robert Habeck betroffen. Ein Geschacher um die besten Plätze hat begonnen – mit unklarem Ausgang.
Am Mittwoch (26. Februar) tagte die neue Grünen-Bundestagsfraktion zum ersten Mal. Ihren bisherigen Vorstand hat sie dabei bestätigt. Die bisherigen Vorsitzenden Britta Haßelmann und Katharina Dröge bleiben weiter geschäftsführend im Amt. Erst zu einem späteren Zeitpunkt soll ein neuer Vorstand gewählt werden.
Baerbocks Zukunft unklar: Außenministerin hält sich zu möglichen Ambitionen bedeckt
Für den jüngst geschlagenen Kanzlerkandidaten der Partei spielt das weniger eine Rolle. Nach dem schlechten Abschneiden bei der Bundestagswahl hatte Habeck angekündigt, keine Führungsposition mehr übernehmen zu wollen. Zunächst war überhaupt nicht sicher gewesen, ob er noch im politischen Geschäft verbleiben würde.
Für seine Fans war das aber offenbar ein schrecklicher Gedanke; inzwischen haben mehr 426.723 Menschen (Stand: 27. Februar) auf der Kampagnen-Plattform „weact“ von Campact eine Petition unterschrieben. Dieser Aufruf an den Grünen-Politiker, sich nicht aus der Politik zurückzuziehen, hatte Erfolg. Habeck hat inzwischen angekündigt, weiter Politik im Bundestag machen zu wollen, allerdings aus der zweiten Reihe.
Vom Machtpoker um die wenigen Posten, die es bei den Grünen zu vergeben gibt, hat der scheidende Wirtschaftsminister sich damit ausgenommen. Einige Augen richten sich daher auf Außenministerin Annalena Baerbock. Die ließ ihre politische Zukunft bislang zwar offen, einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge werden ihr aber schon seit längerer Zeit große Ambitionen nachgesagt.
Baerbock-Habeck-Ära vor dem Ende? Parteiinterne Rufe nach Neuanfang werden lauter
Dass sie diese in die Tat umsetzt, sei aber nicht im Sinne aller in der Partei. Einige würden sich ein Ende der Baerbock-Habeck-Ära wünschen; Dröge und Haßelmann seien ihnen zufolge bereits die ideale Besetzung für den Fraktionsvorsitz. Das schwache Abschneiden Baerbocks in ihrem Potsdamer Wahlkreis helfe auch nicht gerade.
Dröge sei eine als angesehene Wirtschaftspolitikerin vor allem beim linken Flügel der Partei angesehen. Ihre Kollegin Haßelmann sei dafür bei den Realos beliebt. Gleichzeitig sei sie aber eine enge Vertraute Baerbocks, wodurch ein Machtkampf zwischen den beiden Politikerinnen als unwahrscheinlich gelte.
Postenpoker bei den Grünen: Wer bekommt welchen Spitzenplatz in der Bundestagsfraktion?
Doch damit sei es noch nicht getan, so der Bericht. Erschwerend komme hinzu, dass es für diejenige, die weichen muss, einen adäquaten Ersatzposten geben müsse. Das sei für Haßelmann der der Bundestagsvizepräsidentin. Den hat allerdings Katrin Göring-Eckardt inne, die ihn auch gerne behalten wolle. Und auch Ex-Parteichef Omid Nouripour werde Faible für diese Stellung zugeschrieben. Somit gebe es nur zwei Posten zu vergeben, aber vier Kandidaten. Eine fast unlösbare Aufgabe für die Grünen.
Bevor die Grünen sich damit beschäftigen können, steht allerdings die nächste Wahl an. Hamburg wählt am Sonntag (02. Februar) eine neue Bürgerschaft. Am Freitag (28. Februar) werben die Grünen ab 17.00 Uhr auf dem Gänsemarkt mit Außenministerin Baerbock und der ehemaligen Parteivorsitzenden Ricarda Lang um Wählerstimmen. Ursprünglich war vorgesehen, dass Habeck die grüne Spitzenkandidatin und Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank unterstützt. Nach seinem Rückzug aus der ersten Reihe wurde dieser Plan jedoch geändert. (tpn mit agenturen)
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