Risse in Bayern?
Wirbel bei den Freien Wählern: Landräte stellen sich bei Schuldenpaket wohl gegen Aiwangers Linie
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hat sich gegen das Schuldenpaket von Union und SPD gestellt. Gegenwind kommt jetzt von den Landräten – auch aus der eigenen Partei.
München – Die andauernde Debatte über das geplante Schuldenpaket von Union und SPD sorgt auch in Bayern weiter für Aufsehen. Hubert Aiwanger, Wirtschaftsminister und Vorsitzender der bayerischen Freien Wähler, hatte für seine Partei eine klare Linie vorgegeben: In der jetzigen Form, wolle man dem Schuldenpaket im Bundesrat nicht zustimmen. Doch innerhalb der Partei zeigen sich am Donnerstag überraschend deutliche Risse auf – Aiwangers Vorgabe gerät in die Kritik.
Druck auf Aiwanger nimmt zu – Bayerns Landräte sprechen sich für Schuldenpaket
„Wir brauchen zügige Strukturreformen und das geplante Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Investitionen in unsere Infrastruktur. Nur durch entschlossene Maßnahmen kann eine wirtschaftlich starke und lebenswerte Zukunft für alle Bürgerinnen und Bürger gesichert werden. Der Wandel muss jetzt stattfinden“, sagte der Präsident des bayerischen Landkreistags, Landrat Thomas Karmasin (CSU). Hinter der Forderung stehen nach Angaben des Spitzenverbands alle 71 bayerischen Landräte. Demnach auch 13 Landräte von den Freien Wählern, die sich damit gegen Aiwangers Position stellen.
Für die Freien Wähler im bayerischen Landtag dürfte die Aufforderung der Landräte stark ins Gewicht fallen. Die Partei versteht sich seit jeher als in der Kommunalpolitik verwurzelt. Auch Aiwanger stilisiert sich im Wahlkampf als Kämpfer für die Rechte und Interessen der Landbevölkerung im bayerischen Landtag. Den Einzug in den Bundestag verpasste der Niederbayer jedoch.
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Freie-Wähler-Landräte auf Konfrontationskurs mit Aiwanger? Schweiger widerspricht Darstellung
Unter den 13 Landräten der Freien Wählern ist auch Tanja Schweiger. Die 46-Jährige ist seit 2014 Landrätin des Landkreises Regensburg und darüber hinaus auch die Lebensgefährtin von Aiwanger. Zusammen hat das Paar zwei Söhne.
Schweiger wies jedoch am Donnerstagabend gegenüber der dpa die Darstellung explizit zurück, sie stehe hinter der Forderung des Landkreistags. Mehr noch, in einer Stellungnahme distanzierte sie sich „ausdrücklich von der Interpretation“. Karmasin habe in der Sitzung seine Meinung zu den Beschlüssen dargelegt. „Ich habe sehr deutlich gemacht, dass es einen Reformwillen auf Bundesebene braucht. Diesen kann ich nicht erkennen“, sagte Schweiger.
Diese bestehenden Defizite durch neues Geld zu manifestieren, halte sie für falsch. „Außerdem halte ich es für fraglich, dass diejenigen, die das meiste initiiert haben, nämlich Union und SPD, jetzt alles richten sollen. (...) Einigkeit bestand heute darin, wenn Geld bereitgestellt wird, muss es vor allen Dingen zu den Kommunen.“
Sondervermögen für Infrastruktur – Aiwanger sieht „mehr Gefahr als Chance“
Die Kommunalpolitiker fordern angesichts der Diskussionen über die Pläne von Union und SPD alle Verantwortlichen zur Vernunft auf und warnen vor einem Scheitern der Regierungsbildung. Die Landräte hatten sich zuvor in einer gemeinsamen Ausschusssitzung über die Positionierung des kommunalen Spitzenverbandes abgestimmt. Dabei hätten sich auch die Freien Wähler ausdrücklich dafür ausgesprochen, am Ende wurde das Vorgehen einstimmig abgesegnet, hieß es.
Aiwanger hatte die ablehnende Haltung unter anderem damit begründet, dass die geplante Lockerung der Schuldenbremse „mehr Gefahr als Chance für die Stabilität unseres Landes“ bedeute. Auf Nachfrage erklärte Aiwanger aber, dass das letzte Wort noch nicht gefallen sei, da in Berlin noch an dem Entwurf von Union und SPD gearbeitet werde. „Wir werden uns in den nächsten Tagen mit der CSU zusammensetzen“, sagte er.
Aiwanger als Zünglein an der Waage? FW-Chef könnte Mehrheit im Bundesrat stürzen
Die Position der Freien Wähler kann für die Umsetzung das Gesetzesvorhaben am Ende entscheidend sein. Da für das Schuldenpaket eine Änderung des Grundgesetzes nötig ist, brauche Union und SPD sowohl im Bundestag, als auch im Bundesrat eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Sollten Aiwanger und die Freien Wähler jedoch bei ihrer Position bleiben, müsste Bayern und Ministerpräsident Markus Söder sich bei der Abstimmung im Bundesrat enthalten – die nötige Mehrheit wäre somit in Gefahr. Das in dem Finanzpaket eingeplante Geld für die Länder und Kommunen würden dann nicht fließen.
„Die kommunale Ebene steht vor existenziellen Herausforderungen, die kurzfristig nur durch frisches Geld beantwortet werden können“, gab Karmasin zu bedenken. Das betreffe etwa die notwendigen kommunalen Investitionen, beispielsweise in die Gesundheitsversorgung in ländlichen Gebieten. Die im Sondierungspapier auch für die Kommunen vorgesehenen 100 Milliarden Euro seien hierfür von entscheidender Bedeutung. (fd mit Material von dpa)
Rubriklistenbild: © Armin Weigel/dpa
