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Landtagswahlen in Ostdeutschland
SPD-Zoff über AfD-Verbot: Ostbeauftragter verdammt Eskens Vorstoß
Sozialdemokraten streiten: Parteichefin Esken möchte über ein AfD-Verbot sprechen. Ostbeauftragter Schneider will die Rechtsextremen inhaltlich stellen. Sachsens SPD droht eine krachende Wahlniederlage.
Berlin – Ein Streit über den richtigen Umgang mit der in Teilen rechtsextremen AfD entzweit die SPD. Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), hat sich gegen ein Verbotsverfahren ausgesprochen. Parteivorsitzende Saskia Esken dafür. Sächsische Sozialdemokraten sehen die Schuld für ein desaströses Umfrageergebnis bei der Bundesregierung ihres Parteifreundes Bundeskanzler Olaf Scholz. Am Dienstag (2. Januar) sagte Esken der Deutschen Presse-Agentur, es sei „wichtig, dass über ein AfD-Verbot gesprochen“ werde. Auch, damit „Wähler aufgerüttelt werden“.
SPD-Ostbeauftragter warnt vor „Kollateralschäden“ durch AfD-Verbotsantrag
Dem widersprach Schneider am Mittwoch in der Süddeutschen Zeitung: Die stärkste Kraft in den Umfragen zu verbieten, würde in Sachsen, Thüringen und Brandenburg, wo dieses Jahr gewählt wird, zu einer „noch größeren Solidarisierung“ mit der AfD führen. Schneider glaubt, das betreffe auch „Leute, die gar keine AfD-Sympathisanten oder -Wähler“ seien. Der Ostbeauftragte warnte vor sehr hohen „Kollateralschäden“. Der gelernte Bankkaufmann betonte, dass er die „juristischen Erfolgschancen“ eines Verbotsantrags gegen die AfD beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe als „gering“ einschätze.
SPD-Co-Chefin Esken forderte bereits im Sommer, die Prüfung eines Verbotsantrags. Unter dem Eindruck einer aktuellen Landtagswahl-Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für die Sächsische Zeitung erneuerte sie ihre Forderung. Die Demoskopen sehen die Sozialdemokraten im Freistaat in der Sonntagsfrage bei drei Prozent und damit nicht im Landtag. Der vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ eingestufte AfD-Landesverband war mit 37 Prozent klar stärkste Kraft. Die CDU von Ministerpräsident Michael Kretschmer lag bei 33 Prozent. FDP und Grüne würden fünf beziehungsweise sechs Prozent der Befragten wählen.
Esken: AfD-Verbot auf Bundesebene muss beantragt werden, wenn die „Partei als Ganzes“ als rechtsextrem gilt
All das sei „eine Warnung“ sagte Esken, käme die AfD an die Macht, so drohe ein „Bruch, und eine große Gefahr für die demokratische Kultur, für unser Gemeinwohl und unseren Wirtschaftsstandort“. Ein Verbot der AfD auf Bundesebene müsse beantragt werden, wenn die „Partei als Ganzes“ vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft werde. Das gilt aktuell für Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt, auf Bundesebene ist die Partei ein „Verdachtsfall“.
Carsten Schneider betonte, er wolle die AfD inhaltlich stellen und den Wählerinnen und Wähler verdeutlichen, „was die Konsequenzen ihrer inhaltlichen Positionen wären. Sie hat gegen den Mindestlohn gestimmt. Sie will die Erbschaftssteuer abschaffen, also weniger Umverteilung“, sagte Schneider. Die Partei pflege in der Sozialpolitik „das rückständige Gesellschaftsbild der 1950er-Jahre, das muss für viele ostdeutsche Frauen furchtbar sein“. Sein Amtsvorgänger Marco Wanderwitz (CDU) fordert seit Monaten vehement einen Verbotsantrag, als „Atempause für die Demokratie“, wie er der Frankfurter Rundschau sagte.
Miserable SPD-Umfragewerte in Sachsen „spiegeln Stimmung gegenüber der Ampel wider“
Die sächsische SPD macht derweil die Bundesregierung für ihre Misere verantwortlich: „Die Umfragewerte sind nicht landespolitisch zu begründen – aber sie spiegeln die Stimmung hier in Sachsen gegenüber der Ampel wider“, sagte die sächsische SPD-Spitzenkandidatin, Sozialministerin Petra Köpping, dem Tagesspiegel. In Sachsen verzeichnete die AfD zuletzt besonders prestigeträchtige Erfolge: So gewann der AfD-Kandidat Tim Lochner die Stichwahl zum Oberbürgermeister in Pirna.
Die AfD-Spitze im Wandel der Zeit: von Bernd Lucke bis Alice Weidel
Unter Meinungsforschern ist die Civey-Umfrage derweil nicht unumstritten: Der Chef des Instituts Forsa, Manfred Güllner, bezeichnete die Umfrage des Konkurrenten Civey als „unseriös“. Der Berliner Zeitung sagte Güllner: Die SPD werde in Sachsen „nicht in der Versenkung verschwinden“. Er sehe sieben bis acht Prozent als realistisch. Dass die sächsische SPD in der Civey-Umfrage innerhalb von vier Wochen von sieben auf drei Prozent geschrumpft sei, halte er allerdings für „vollkommen absurd“, sagte Güllner.
AfD in Thüringen und Sachsen nah an der Landtagsmehrheit – Schneider will mehr Engagement aus der „stillen Mitte“
Trotzdem droht in Sachsen ein Szenario, in dem die AfD nahe an eine Landtagsmehrheit käme. Würden Grüne, Liberale oder Sozialdemokraten nicht in den Landtag einziehen, so könnten etwa zehn Prozent der Stimmen, die auf demokratische Parteien entfielen, nach der Wahl im Landtag fehlen. Damit läge die Schwelle für eine absolute Mehrheit im Landtag bei 40 Prozent der Stimmen, drei Prozent über dem Umfrageergebnis der AfD. Ähnlich sehen die Kräfteverhältnisse in Thüringen aus. Dort sah eine Umfrage des Instituts INSA die AfD des offen völkisch-rechtsradikalen Landesvorsitzenden Björn Höcke am zweiten Weihnachtstag bei 36,5 Prozent.
Ostdeutschlandbeauftragter Schneider appellierte an die Bevölkerung, sich stärker zu engagieren: „Die stille Mitte muss sich erheben, um diese Demokratie zu erhalten. Da müssen alle mithelfen. Dieser Aufgabe können wir uns nicht einfach entledigen, indem wir die AfD verbieten. Da würden wir es uns zu einfach machen.“ Auch in Bayern radikalisierte sich die AfD zuletzt immer weiter. (dpa/afp/kb)