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In Krisenzeiten

„Sind gezwungen, in den USA zu kaufen“: Deutschland und Frankreich streiten um Flugabwehr

Auf der Konferenz zur europäischen Luftverteidigung in Paris musste der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius unangenehme Gespräche führen.

Das große Streitthema zwischen Frankreich und Deutschland bleibt die von Kanzler Olaf Scholz ins Leben gerufene European Sky Shield Initiative.

Dieser Artikel liegt IPPEN.MEDIA im Zuge einer Kooperation mit dem Europe.Table Professional Briefing vor – zuerst veröffentlicht hatte ihn Europe.Table am 20. Juni 2023.

Als „sehr schönes Beispiel souveräner europäischer Kooperation“ pries Macron schließlich die mit Belgien, Zypern, Ungarn und Estland unterzeichnete Absichtserklärung zur gemeinsamen Beschaffung von Mistral-Raketen.

Macron hatte Ende Mai auf dem Globsec-Forum in Bratislava die EU-Verteidigungsminister nach Paris eingeladen, um in der französischen Hauptstadt über eine gemeinsame europäische Luftverteidigung zu sprechen. Von Emmanuel Macron angesprochen gefühlt haben dürfte sich auch der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius, der am Ende doch nach Paris gereist war – ursprünglich sollte Staatssekretär Benedikt Zimmer ihn vertreten. Mit ihm auf der Konferenz, die teils am Rande der Luftfahrtmesse in Le Bourget, teils im Hotel des Invalides nahe des Grab Napoleons in Paris stattfand: Minister und Staatssekretäre aus 20 europäischen Ländern.

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Risse in der Freundschaft mit Frankreich

Der häufig genannte Vorwurf aus Frankreich: Deutschland kaufe lieber aus den USA, anstatt die europäische Rüstungsindustrie zu stärken. „Warum sind wir zu oft gezwungen, aus den USA zu kaufen?“, fragte Macron und antwortete selbst: „Weil die Amerikaner viel stärker standardisiert haben als wir. Und weil sie ihre Industrie subventionieren.“ Europa müsse stärker auf die eigene Industrie setzen, um nachhaltig unabhängig zu werden.

Dass man das im Bendlerblock in Berlin bisweilen anders sieht, ist einer der Gründe, weshalb die „tiefe Freundschaft“ mit Frankreich, wie sie in der vorige Woche vom Bundeskabinett verabschiedeten Nationalen Sicherheitsstrategie beschworen wird, Risse bekommen hat – zumindest, was Vorstellungen über eine gemeinsame europäische Verteidigungsstrategie anbelangt.

So hätte eigentlich schon am vergangenen Montag der französische Verteidigungsminister Sébastien Lecornu Berlin besuchen sollen, um mit Pistorius das stockende deutsch-französische Panzerprojekt Main Ground Combat System (MGCS) zu besprechen. Doch im Wochenplan des Ministers, den das französische Verteidigungsministerium regelmäßig verschickt, fehlte der Termin dann.

Streitthema European Sky Shield Initiative

Dass Boris Pistorius erst im letzten Moment seine Teilnahme in Paris bestätigte, dürfte auf die Irritationen zurückzuführen sein, die die von Bundeskanzler Olaf Scholz 2022 initiierte European Sky Shield Initiative (Essi) in Paris ausgelöst hat. Dem im vergangenen Oktober von Deutschland und 14 weiteren Staaten, darunter die Atommacht Großbritannien, unterzeichneten Essi-Gründungsabkommen schlossen sich später Dänemark und Schweden an – nicht dabei sind Frankreich, Italien und Polen.

Die Initiative soll helfen, bestehende Lücken im derzeitigen Nato-Schutzschirm für Europa zu schließen. Die Unterzeichner versprechen sich zudem geringere Kosten durch gemeinsame Beschaffung von Abwehrsystemen kurzer, mittlerer und großer Reichweite, um ihren Luftraum vor feindlichen Drohnen, Marschflugkörpern und ballistischen Raketen zu schützen. Das Projekt setze außerdem ein politisches Zeichen und sorge für verbesserte Interoperabilität, schreibt das Center for Strategic and International Studies (CSIS). 

Unabhängig von den USA in der Luft

Beim deutsch-französischen Streit um Essi geht es im Wesentlichen darum, wie Europa unabhängiger vom US-amerikanischen Einfluss operieren kann, sowohl bei der Rüstungsbeschaffung wie in Fragen von strategischer Verteidigung. Dass dafür der europäische Pfeiler der Nato gestärkt werden muss, darüber sind sich Deutschland und Frankreich einig. Macron nennt das „Strategische Autonomie“, in der deutschen Nationalen Sicherheitsstrategie spricht man von „Souveränität“.

Macron setzt zudem auf eine Stärkung der europäischen Rüstungsindustrie. Vergangene Woche aber bewilligte der Haushaltsausschuss des Bundestages mit 560 Millionen Euro eine erste Tranche für den Kauf des Raketenabwehrschirms Arrow 3 aus US-amerikanisch-israelischer Produktion. In Bratislava hatte Macron Ende Mai noch vor einem solchen Schritt gewarnt: „Wenn ich sehe, dass einige Länder ihre Verteidigungsausgaben erhöhen, um im großen Stil nichteuropäisch zu kaufen, sage ich klar: ,Ihr schafft euch die Probleme von morgen!‘“

„Initiative im Stil ein bisschen französisch“

Frankreich hat mit Italien das eingangs erwähnte landgestützte Luftverteidigungssystem Samp/T entwickelt, das wie das von Deutschland eingesetzte US-amerikanische Patriot-System eine Reichweite von rund 100 Kilometern hat. Rom und Paris fürchten außerdem, dass Essi das von Frankreich geführte Twister-Projekt (Timely Warning and Interception with Space-based Theater Surveillance) einiger EU-Staaten gefährden könnte, das unter anderem durch Weltraumüberwachung Hyperschallraketen identifizieren soll. Außerdem heißt es aus Paris, dass Essi nicht mit dem französischen Atombomben-Schutzschirm kompatibel sei, unter den Frankreich weitere Länder aufnehmen könnte.

Deutschland habe mit seinem Vorpreschen bei Essi keine Zeit gelassen, um Alternativen zu diskutieren, heißt es aus Paris – das sei das Tempo der Zeitenwende, sagt man in Berlin. „Die Franzosen empören sich jetzt über etwas, das eigentlich aus Paris schon lange gefordert wird, nämlich, dass die Bundesregierung mehr Verantwortung übernimmt und Initiative zeigt“, sagt Jacob Ross von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). „Die Sky Shield Initiative ist im Stil ein bisschen französisch. Die Partner werden überrumpelt, weil es vorher keine langwierige Abstimmung gab.“ (Von Gabriel Bub)

Rubriklistenbild: © Blondet Eliot/imago-images

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