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Nukleartaktik Russlands

Bricht Russland Freundschaft mit China? Was die geheimen Militärdokumente verraten

Klassifizierte russische Militärdokumente enthüllen Nuklearpläne. China ist überraschend auch Thema. Legt sich Putin mit Xi Jinping an?

Moskau – Klassifizierte russische Militärdokumente sollen zeigen, dass die Hemmschwelle Russlands für die Nutzung taktischer Nuklearwaffen deutlich geringer ist als bisher vermutet. In den 29 geheimen Militärdokumenten aus den Jahren 2008 bis 2014, die der Financial Times vorliegen, wird auch eine mögliche Reaktion auf eine Invasion durch China erörtert. Trotz der zur Schau getragenen Freundschaft mit Peking scheint Moskau dem Bruderstaat ein gewisses Misstrauen entgegenzubringen.

Unter anderem sollen sich in den Dokumenten Kriegsspiele und Präsentationen von Marineoffizieren befinden, die die Prinzipien für einen Atomwaffeneinsatz analysieren. Zusammenfassen ließen sich die Situationen, in denen die russischen Verluste „unwiderruflich zu einem Versagen, einen Großangriff des Feindes abzuwehren, führen würden“. Auch wenn die Dokumente bereits mindestens zehn Jahre alt sind, scheinen die Informationen laut Experten noch weiterhin relevant zu sein.

Russlands Kriterien: Nukleare Waffen wenn „durch konventionelle Mittel“ Ziele nicht erreicht

„Sie zeigen, dass die operative Hemmschwelle für den Gebrauch von nuklearen Waffen ziemlich niedrig ist, wenn das gewollte Ergebnis nicht durch konventionelle Mittel erreicht werden kann“, erklärte der Direktor des Carnegie Russia Eurasia Centers in Berlin der Financial Times.

Kriterien seien demnach für eine solche nukleare Reaktion unter anderem ein feindlicher Einmarsch auf russischem Territorium oder, eher spezifisch, die Zerstörung von 20 Prozent der russischen U-Boote mit stragischen ballistischen Raketen oder ein gleichzeitiger Schlag auf ein Haupt- und ein Reserveküstenkommandozentrum.

China und Russland eigentlich befreundet: Misstrauen überrascht

Besonders überraschend ist jedoch wohl der Verteidigungsplan gegen China, der tiefliegendes Misstrauen in Moskau gegenüber China zeigt. Wladimir Putin und Xi Jinping sind zwei Staatschefs, die eigentlich in ihrer Freundschaft, oder zumindest den gemeinsamen Feind der westlichen „Hegemonie“, wie China es nennt, geeint sind.

China und Russland rückten in den letzten Jahren vermehrt zueinander. Ob jetzt ein Bruch durch die Dokumente folgt?

Die beiden Staaten zeigten nicht erst mit der Amtsübernahme durch Xi Jinping in 2012, sondern auch schon zuvor erste Allianzbestrebungen, zum Beispiel mit dem Abkommen gegen einen nuklearen Erstschlag 2001. Der Ukraine-Krieg trug weiter zur Festigung dieser Beziehungen bei, denn auch dort rückte China nicht von Russlands Seite.

Die verschiedenen Szenarios in dem Trainingsmaterial würden zeigen, dass nukleare Waffen einen wichtigen Teil in der russischen Verteidigungspolitik darstellen. In einem der Szenarios mit China gebe der Oberbefehlshaber den Auftrag, nukleare Waffen zu nutzen, sobald der Feind Einheiten der zweiten Staffel einsetzt und weiter attackieren will.

Russland verstärkt östliche Front – China reagiert auf Russlands Abschreckungstaktik

„Russland fährt fort, seine nuklearfähigen Raketen im Fernen Osten nahe der Grenze zu China zu verstärken und zu trainieren. Viele dieser Systeme haben nur die Reichweite, um China zu treffen“, erklärte der Direktor für Strategie, Technologie und Waffenkontrolle an dem Internationalen Institut für Strategische Studien, William Alberque, gegenüber der Financial Times. Alberque ging davon aus, dass die Hemmschwelle Putins bei der Ukraine größer sei, weil diese deutlich weniger nukleare Kapazitäten oder Möglichkeiten zu einem invasiven Angriff habe.

„In einem Atomkrieg wird es keine Gewinner geben, und China ruft alle Parteien zur Zurückhaltung auf“, erklärte die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, Mao Ning, laut des osteuropäischen Senders Nexta. „Das Wichtigste ist, dass die Schwelle für den Einsatz von Atomwaffen absolut transparent ist und in der Doktrin genannt wird. Was die erwähnten Dokumente betrifft, so bezweifeln wir deren Echtheit stark“, erklärte ein Sprecher Putins laut der Financial Times.

Russland größte Atommacht der Welt – neben Abschreckung auch Bedrohung

Die Föderation amerikanischer Wissenschaftler schätzt 2023 das Inventar Russlands auf insgesamt 5.889 Atomwaffensprengköpfe, mit etwa 1674 einsetzbaren, strategischen Sprengköpfen. Damit ist Russland die größte Atommacht, sogar vor der USA, mit insgesamt 5244 Atomwaffensprengköpfe, davon etwa 1670 einsetzbar und strategisch.

Die Doktrin der nuklearen Drohung und Aufrüstung wird auch als „eskalieren, um zu deeskalieren“ zusammengefasst und ist aus dem Kalten Krieg auch vielen westlichen Staaten bekannt. Durch Abschreckung soll ein Krieg vermieden werden – eine Logik, die im Kalten Krieg effektiv zu dem Gefühl einer andauernden nuklearen Bedrohung führte und die erst durch eine gemeinsame Abrüstungspolitik Entspannung fand. (lismah)

Rubriklistenbild: © Alexander Zemlianichenko/dpa (Archivbild)

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