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Foreign Policy

Wie ein „ewiger Ukraine-Krieg“ Putin dient: Russland fällt in Totalitarismus zurück

Wladimir Putin
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Wladimir Putin. (Archivbild)

Zum Ukraine-Krieg schweigen reicht nicht mehr: Russland fordert von seinen Bürgern die Gleichschaltung mit dem Staat. Selbst Befürworter des Kriegs sind im Visier Putins.

  • Russland fällt in seine totalitäre Vergangenheit zurück.
  • Wladimir Putin fordert zusehends die totale Gleichschaltung des Einzelnen mit dem Staat.
  • Russlands Bevölkerung können durch geringsten Dissens in Ungnade fallen.
  • Dieser Artikel liegt erstmals in deutscher Sprache vor – zuerst veröffentlicht hatte ihn am 01. August 2023 das Magazin Foreign Policy.

Moskau – Einen Monat nach der gescheiterten Meuterei des Chefs der Wagner-Gruppe, Jewgeni Prigoschin, ist Russland auf dem besten Weg von autoritärer Kontrolle zu totalitärer Unterdrückung. Wie zu alten Sowjetzeiten kursieren in Moskau Gerüchte über Säuberungen in der Führungsspitze des Militärs. Auch andernorts dreht sich die Maschinerie der staatlichen Repression immer schneller. Die russischen Behörden werfen ein immer breiteres Netz nach vermeintlichen inneren Feinden aus.

Viele der lautstärksten Antikriegs-Aktivisten sind bereits tot, inhaftiert oder ins Exil gegangen. Die Sicherheitsdienste nehmen jetzt selbst leichte Anzeichen von Dissens ins Visier. Vergangene Woche verhafteten sie den marxistischen Akademiker Boris Kagarlitsky und beschuldigten ihn der „Förderung des Extremismus“.

Sein angebliches Verbrechen: In einem Telegram-Beitrag, den er im Oktober 2022 schrieb, nach dem ersten Angriff der Ukraine auf die Brücke über die Straße von Kertsch, die Russland mit der besetzten Krim verbindet, bezeichnete Kagarlitsky den Angriff als „verständlich“ aus rein militärischer Sicht. Selbst eine neutrale, objektive Bewertung ist also jetzt ein Verbrechen.

Lange Haftstrafen für unliebsame Äußerungen zum Ukraine-Krieg

Russen aus allen Gesellschaftsschichten sehen sich heute mit langen Gefängnisstrafen oder Zwangsarbeit für etwas so Triviales wie einen Beitrag in den sozialen Medien konfrontiert. Nikita Tushkanov, Geschichtslehrer in Mikun, einer Stadt in der nördlichen Republik Komi, wurde zu fünfeinhalb Jahren Arbeitslager verurteilt. Er hatte die Brückenexplosion als „Geburtstagsgeschenk für Putler“ bezeichnet und dabei ein in den sozialen Medien verbreitete Wortschöpfung aus „Putin“ und „Hitler“ verwendet.

Auch Privatgespräche sind verdächtig, wie der ehemalige Polizeibeamte Sergej Klokow feststellen musste, als er zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Er hatte mit ukrainischen Bekannten am Telefon über die Verbrechen der russischen Armee in der Ukraine gesprochen.

Gewöhnliche Russen konnten bisher ihre Meinung äußern – das ist vorbei

Unter Präsident Wladimir Putin ist Russland seit langem ein autoritärer Staat. Die Verfolgung konzentrierte sich jedoch hauptsächlich auf Oppositionspolitiker und Aktivisten, vom ermordeten Oppositionspolitiker Boris Nemzow bis zum inhaftierten Anti-Korruptions-Aktivisten Alexej Nawalny.

Selbst nach der Verabschiedung strenger neuer Zensurgesetze zu Beginn des Ukraine-Kriegs waren harte Gefängnisstrafen nicht sehr häufig. Sie wurden meist als exemplarische Strafen für prominente Dissidenten eingesetzt. Dazu gehörte Ilja Jaschin, ein Oppositionspolitiker, der das Massaker russischer Soldaten im ukrainischen Butscha in einer Reihe von Posts in den sozialen Medien verurteilte. Bisher hatten gewöhnliche Russen aber immer noch reichlich Gelegenheit, ihre Meinung zu äußern – unter sich, in den sozialen Medien oder bei gelegentlichen politischen Protesten in kleinem Rahmen.

Sogar das Senden eines Emojis kann in Russland gefährlich sein

Doch in letzter Zeit hat Russland seine totalitäre Maske abgelegt und toleriert immer weniger jede Art von Dissens. Nicht nur, dass die Verfolgung abweichender Meinungen jetzt offiziell ist – mit neuen Gesetzen, die ausdrücklich jede Kritik an der sogenannten militärischen Spezialoperation in der Ukraine verbieten. Sondern auch ihr Umfang hat sich beträchtlich ausgeweitet.

Zu den Opfern gehören immer mehr normale Russinnen und Russen, und das Vergehen kann so klein sein wie das Posten eines zustimmenden Emojis zu einem kriegskritischen Beitrag in den sozialen Medien. Ähnlich wie im europäischen Totalitarismus des 20. Jahrhunderts sind Kinder heute sowohl Spitzel des Staates als auch Opfer von Unterdrückung: Einige Kinder haben über ihre Lehrer und Eltern berichtet und wurden von ihren Mitschülern oder Lehrern denunziert. Einige wurden auch von ihren Eltern getrennt, die wegen politischen Aktivismus verhaftet wurden.

Russland fällt in kommunistische Vergangenheit zurück – Schulen militarisiert

In einem weiteren Rückfall in die kommunistische Vergangenheit werden die russischen Schulen militarisiert. Staatliche Medien berichteten kürzlich, dass Kinder bald mit einer militärischen Grundausbildung beginnen werden, einschließlich der Ausbildung zum Piloten unbemannter Luftfahrzeuge.

Es gibt sogar Berichte über Zwangsarbeit in Drohnenfabriken, bei der Schüler einer örtlichen technischen Schule in Alabuga (Tatarstan) eingesetzt werden. Die staatliche Propaganda rechtfertigt und idealisiert diese Art der militarisierten Kindheit mit Verweisen auf den Zweiten Weltkrieg, als sowjetische Kinder nach der Schule Artilleriegranaten zusammenbauten und so den Kriegseinsatz unterstützten.

Russland: Liste verbotener Organisationen wird immer länger

Wie in alten Zeiten werden Russen auch heute von der Außenwelt abgeschnitten. Ein neues Gesetz über die Wehrpflicht erschwert es Männern bis 30 Jahren, Russland zu verlassen. Auch der Umgang mit unabhängigen Medien wird beschnitten. Der Kreml begnügte sich nicht damit, die letzten kritischen Journalisten Russlands aus dem Land zu vertreiben. Er erklärte kürzlich auch TV Rain, einen unabhängigen russischen Nachrichtensender, der vom lettischen Exil aus operiert, als „unerwünscht“.

Für Russen ist es nun ein Verbrechen, Links zu Inhalten in sozialen Medien zu posten, von dem Sender stammen. Auch bei Medien wie Meduza, Novaya Gazeta und anderen, die auf der Liste der verbotenen Organisationen stehen, ist das der Fall, und die Liste wird von Woche zu Woche länger.

Russische Bevölkerung könnte bald vom globalen Internet isoliert sein

Russland führt auch Internetkontrollen nach chinesischem Vorbild ein, indem die staatlichen Zensurbehörden den russischen Internetanbietern immer ausgefeiltere Filterprotokolle aufzwingen. Dadurch wird es für Russinnen und Russen immer schwieriger, auf verbotene Websites über Umgehungslösungen wie virtuelle private Netzwerke zuzugreifen, auch bei Medien und sozialen Netzwerken außerhalb des Landes.

Die Aussicht auf eine vollständige Isolierung russischer Nutzer vom globalen Internet ist nun eine reale Möglichkeit, die noch auf einige Testläufe wartet. Als Putin die Idee 2014 erstmals in den Raum stellte, kam sie der Bevölkerung noch wie ein Fiebertraum vor.

Wie üblich wird die Repression von Sündenböcken begleitet. Putins Russland hat die LGBTQ+-Gemeinschaft, die ohnehin zu den am stärksten marginalisierten Gruppen gehört, zum Staatsfeind Nummer eins erklärt. Nicht nur jede Art von Aktivismus oder Selbstorganisation ist illegal, sondern auch das Leben von LGBTQ+-Russinnen und -Russen wird eingeschränkt.

Nicht einmal Befürworter des Ukraine-Kriegs sind in Russland mehr sicher

Da sich das Netz immer enger zieht, sind nicht einmal die glühendsten Befürworter des Ukraine-Kriegs sicher. Dazu gehören rechte Nationalisten, die per Crowdfunding Ausrüstung für die russische Armee finanzieren, eine möglichst harte Behandlung der Ukraine fordern und die russische Militärführung als schwach und unentschlossen beklagen.

Am 21. Juli verhaftete die russische Polizei den prominentesten dieser Stimmen, Igor „Strelkow“ Girkin – einen ehemaligen russischen Geheimdienstoffizier, der von Den Haag wegen Kriegsverbrechen gesucht wird. Ihm wird die Förderung des Extremismus vorgeworfen. Girkin hatte unter anderem auf seinem Telegram-Kanal gefordert, dass die für die Lohnrückstände der Soldaten verantwortlichen Bürokraten der russischen Armee hingerichtet werden sollten.

Die Schwere der Vorwürfe macht es sehr wahrscheinlich, dass Girkin die nächsten Jahre hinter Gittern verbringen wird. Bislang konnten sich die glühendsten nationalistischen Anhänger des Kremls relativ frei äußern und den Kriegseinsatz als nicht konsequent oder völkermordend genug kritisieren.

Totalitarismus in Russland: Zum Ukraine-Krieg einfach nur schweigen reicht nicht mehr

Diese Veränderung deutet auf einen grundlegenden Wandel im Wesen des Regimes selbst hin. Wenn es im Autoritarismus darum geht, die politische Opposition auszuschalten, erfordert der Totalitarismus die totale Gleichschaltung des Einzelnen mit dem Staat. Während man früher von den meisten einfachen Russen erwartete, dass sie sich nicht aktiv gegen die Politik des Staates stellten, reicht bloßes Schweigen nicht mehr aus. Heute wird eine aktive und offene Unterstützung des Krieges verlangt.

Wer sich weigert, an diesen Ritualen teilzunehmen, riskiert, schikaniert, bedroht, geächtet und aus seinem Job gedrängt zu werden. Das musste auch Ekaterina Mikryukova, eine Hausärztin in Moskau, erfahren. Sie hatte sich geweigert, an einer Spendenaktion teilzunehmen, die ihre Nachbarn für einen verwundeten russischen Soldaten organisiert hatten. Inzwischen hat sie Russland verlassen.

Wladimir Putin: Der Aufstieg von Russlands Machthabern in Bildern

Wladimir Putin ist seit dem 24. Februar 2022 auch Kriegsherr – auch wenn in Russland nach offizieller Lesart nur von einer militärischen „Spezialoperation“ in der Ukraine gesprochen wird.
Am 24. Februar 2022 befahl Wladimir Putin den Angriff russischer Truppen auf die Ukraine. Setdem ist er nicht nur Präsident Russlands, sondern Kriegsherr – auch wenn in Russland der Ukraine-Krieg nach offizieller Lesart nur eine militärische „Spezialoperation“ genannt wird. © Mikhail Klimentyev/Imago
Wladmir Putin mit Flottenchef Kurojedow
Von 1975 bis 1982 war der am 7. Oktober 1952 geborene Putin KGB-Offizier, von 1984 bis 1985 besuchte er die KGB-Hochschule in Moskau. Ab 1985 war er in der DDR tätig, hauptsächlich in Dresden. Danach ging es wieder zurück nach St. Petersburg. Vom 25. Juli 1998 bis August 1999 war Putin Direktor des Inlandsgeheimdienstes FSB. In dieser Eigenschaft traf er sich im November 1998 mit Flottenchef Wladmir Kurojedow (rechts). © Stringer/dpa
So sah Wladimir Putin im Alter von 40 Jahren aus, als er an der Eröffnung der Honda Motor Show 1992 in St. Petersburg teilnahm.
Eine Schwarz-Weiß-Aufnahme zeigt Wladimir Putin im Jahr 1992 im Alter von 40 Jahren, als er an der Eröffnung der Honda Motor Show 1992 in St. Petersburg teilnahm. Zwei Jahre später wurde er von einem der Vizebürgermeister zum ersten Vizebürgermeister der Stadt ernannt. Sein politischer Aufstieg nahm Formen an. © Russian Look/IMAGO
Dieses Foto zeigt den russischen Präsidenten Wladimir Putin im Jahr 1994 in seinem Büro. Damals war er 42 Jahre alt und Vizebürgermeister von St. Petersburg.
In seinem ersten Jahr als erster Vizebürgermeister der Stadt St. Petersburg im Jahr 1994 wurde Wladimir Putin in seinem Büro fotografiert. Damals war er 42 Jahre alt. Von körperlichen Beschwerden aus dieser Zeit ist nichts bekannt. Putin war zudem bereits seit seiner Jugend sportlich und ging unter anderem dem Kampfsport Judo nach, in dem er sich einen Schwarzen Gurt verdiente. © Russian Look/IMAGO
Drei Jahre später enstand dieses Foto von Wladimir Putin zusammen mit Anatoly Sobchak, ehemaliger Bürgermeister von St. Petersburg.
Dieses Foto entstand drei Jahre später, 1997, und zeigt Wladimir Putin – damals 45 Jahre alt – zusammen mit Anatoly Sobchak, dem ehemaligen Bürgermeister von St. Petersburg. © Russian Look/IMAGO
Wladimir Putin mit Boris Jelzin im Kreml.
Im Jahr 1999 übernahm Putin zum ersten Mal das Amt des Ministerpräsidenten – mit Option auf die Nachfolge von Präsident Boris Jelzin (links). Als Jelzin am 31. Dezember 1999 sein Amt niederlegte, übernahm Putin kommissarisch auch die Amtsgeschäfte des Präsidenten. Im Mai 2000 wurde Putin dann regulär zum Präsidenten Russlands gewählt. © dpa
Im Jahr 2000 wurde Putin zum ersten Mal Präsident der Russichen Föderation. Das Foto zeigt den damals 48-Jährigen zusammen mit Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder in Berlin.
Im Jahr 2000 wurde Wladimir Putin erstmals zum Präsidenten der Russischen Föderation gewählt. Das Foto zeigt den damals 48-Jährigen zusammen mit Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in Berlin. Die Beiden sollte im weiteren Verlauf eine innige Freundschaft verbinden, die auch über Schröders politische Karriere hinaus Bestand hatte. © Thomas Imo/IMAGO
Wladimir Putin während einer Trainingssession in Sotschi im Jahr 2019. Der russische Präsident gilt als großer Judo-Fan und hat im Jahr 2000 in Tokio den Titel des sechsten Dan des „Kodokan-Judo“ verliehen bekommen.
Wladimir Putin während einer Trainingssession in Sotschi im Jahr 2019. Der russische Präsident gilt als großer Judo-Fan und hat im Jahr 2000 in Tokio den Titel des sechsten Dan des „Kodokan-Judo“ verliehen bekommen. © Mikhail Metzel/Imago
Am 7. Mai 2000 legte Putin seinen Amtseid ab.
Am 7. Mai 2000 legte Putin unter den Augen von Boris Jelzin seinen Amtseid ab. Mit einer Ausnahme einer Zeit als Regierungschef von 2008 bis 2012 hat Putin seither das Amt des Präsidenten der Russischen Föderation inne.  © Imago
Wladimir Putin und Bill Clinton bei der Unterzeichnung eines Vertrages in New York.
Im September 2000 führte Putin der Weg in die USA. Bill Clinton (rechts) war der erste US-Präsident, mit dem er es in den kommenden Jahren zu tun bekam. in seiner Mit dem damals noch amtierenden US-Präsidenten B © Imago
Mit einer Umarmung begrüßen sich Gerhard Schröder und Wladmir Putin im Foyer des Taschenbergpalais in Dresden.
Als Russlands Präsident reiste Putin im September 2001 zu einem dreitägigen Staatsbesuch nach Deutschland. Im Foyer des Taschenbergpalais in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden begrüßte ihn auch der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (links). Die beiden verstanden sich offensichtlich schon damals ausnehmend gut. Die Freundschaft hat auch heute noch Bestand. © Jan-Peter Kasper/dpa
Der schwarze Labrador von Wladimir Putin läuft beim Treffen seines Herrchens mit Angela Merkel durchs Zimmer.
Putin spielt gerne psychologische Spielchen – so auch 2007 mit Kanzlerin Angela Merkel. Bei ihrem Treffen in Sotschi am Schwarzen Meer ließ Putin während einer gemeinsamen Pressekonferenz eine Labradorhündin ohne Leine herumlaufen. Merkel, einst in ihrer Jugend von einem Hund gebissen worden, fühlte sich sichtlich unwohl.  © Dmitry Astakhov/dpa
George Bush und Wladimir Putin spazieren auf dem Gelände von Putins Sommerresidenz Bocharov Ruchei.
George W. Bush (rechts) war der zweite US-Präsident, mit dem es Putin zu tun bekam. Im April 2008 trafen sich beiden Staatschefs auf dem Gelände von Putins Sommerresidenz Bocharov Ruchei. © Imago
Wladimir Putin neuer russischer Regierungschef.
Am 7. Mai 2008 löste Dmitri Medwedew nach zwei Amtszeiten Putin im Amt des russischen Präsidenten ab. Einen Tag danach wählte die Duma Putin auf Vorschlag des neuen Präsidenten zum neuen Regierungschef. Putin blieb auch in dieser Position der starke Mann. © dpa
Im Jahr 2009 ließ sich Putin mit freiem Oberkörper auf einem Pferd sitzend zur Demonstration von Macht fotografieren, als er durch die südsibirische Republik Tuwa ritt.
Im Jahr 2009 ließ sich Wladimir Putin mit freiem Oberkörper auf einem Pferd sitzend fotografieren, als er durch die südsibirische Republik Tuwa ritt. Mit solchen Fotos pflegte Putin sein Macho-Image. Er wollte er laut Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ Wirkung in der russischen Bevölkerung erzielen und auch international demonstrieren, dass er ein starker Gegner ist. © epa Alexey Druzhinyn
Bekleidet mit olivgrüner Jagdhose und einem dazu passenden Sonnenhut präsentiert sich Wladimir Putin beim Angeln in den sibirischen Bergen im Jahr 2017. Geht es nach dem russischen Präsidenten, hat der Oberkörper aber freizubleiben.
Bekleidet mit olivgrüner Jagdhose und einem dazu passenden Sonnenhut präsentiert sich Wladimir Putin beim Angeln in den sibirischen Bergen im Jahr 2017. Geht es nach dem russischen Präsidenten, hat der Oberkörper aber freizubleiben. Das gilt für Reiten wie offenbar auch fürs Angeln. © Aleksey Nikolskyi/Imago
Putin und Obama stoßen miteinander an.
Am 7. Mai 2012 wurde Putin erneut zum Präsidenten gewählt. Sein Verhältnis zu US-Präsident Barack Obama war von Distanz geprägt. Das war auch im September 2015 bei einer Veranstaltung der Vereinten Nationen in New York der Fall.  © Amanda Voisard/dpa
Wladimir Putin in einem camouflage-farbendem Tauchanzug während eines Ausflugs in der russischen Republik Tuwa in Sibirien im Jahr 2017. Das Foto zeigt den russischen Präsidenten während einer Verschnaufpause.
Wladimir Putin in einem camouflage-farbendem Tauchanzug während eines Ausflugs in der russischen Republik Tuwa in Sibirien im Jahr 2017. Das Foto zeigt den russischen Präsidenten während einer Verschnaufpause. © Alexei Nikolsky/Imago
Putin trifft Trump beim Apec-Gipfel in Vietnam.
Als Donald Trump die US-Wahl 2016 gegen Hillary Clinton gewann, hatte Russland wohl seine Hände mit im Spiel. Putin hatte sicher seinen Grund. Mit Donald Trump kam er jedenfalls gut zurecht. Im November 2017 begrüßten sie sich Familienfoto im Rahmen des Gipfeltreffens der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (Apec) in Da Nang (Vietnam) herzlich.  © Mikhail Klimentyev/dpa
Der chinesische Präsident Xi Jinping (r) und der russische Präsident Wladimir Putin (l) geben sich am 04.07.2017 im Kreml in Moskau (Russland) bei einem Gespräch die Hände
Unter Putin sind sich Russland und China zuletzt immer nähergekommen. Ein wichtiger Termin war der 4. Juli 2017, als der chinesische Präsident Xi Jiping im Kreml in Moskau zu Besuch war. Damals wurden mehrere Verträge und Wirtschaftsabkommen unterzeichnet. © Sergei Ilnitsky/dpa
Wladimir Putin und Olaf Scholz am Tisch im Kreml.
So pflegt Putin inzwischen seine Gäste zu empfangen – vor allem die aus dem Westen. Am 15. Februar 2022 reiste Kanzler Olaf Scholz nach Moskau. Damals hatte der Ukraine-Krieg noch nicht begonnen. Putin ließ sich von Scholz aber nicht beeindrucken. © Kremlin Pool/Imago
Wladimir Putin im Kreml.
Putin forcierte in seiner dritten Amtszeit die kriegerischen Auseinandersetzungen. Seit dem 21. März 2014 betrachtet Russland die Krim als Teil des eigenen Staatsgebiets, seit September 2015 unterstützt die russische Luftwaffe im Militäreinsatz in Syrien den syrischen Präsidenten Assad im dortigen Bürgerkrieg.  © Sergei Ilnitsky/dpa
Wladimir Putin (links) und Joe Biden schütteln sich bei ihrem Treffen in der „Villa la Grange“ die Hand.
Anlässlich der Genfer Gipfelkonferenz traf sich Putin am 16. Juni 2021 mit US-Präsident Joe Biden zu einem Gespräch. Schon damals waren die russischen Truppenaufmärsche an der Grenze zur Ukraine ein Thema. © Denis Balibouse/dpa
Wladimir Putin lacht
Genutzt hat das Gipfelgespräch wenig. Am 24. Februar 2022 begann mit dem Einmarsch der russischen Truppen ins Nachbarland der Ukraine-Krieg. Putin wusste es wohl schon in Genf.  © Denis Balibouse/dpa
Selbst wenn sich der Kreml-Chef nahe den Gewässern Russlands erholt, sind die Kameras der russischen Staatspresse nicht weit entfernt. Schnappschüsse von einem schwimmenden Wladimir Putin, wie hier im Jahr 2017, würde ihnen sonst glatt entgehen.
Selbst wenn sich der Kreml-Chef nahe den Gewässern Russlands erholt, sind die Kameras der russischen Staatspresse nicht weit entfernt. Schnappschüsse von einem schwimmenden Wladimir Putin, wie hier im Jahr 2017, würde ihnen sonst glatt entgehen. © Alexei Nikolsky/Imago

Auch russisches Militär wird von Abweichlern gesäubert

Die Unterdrückung im Krieg ist ein nützlicher Deckmantel, nicht nur um lautstarke Gegner loszuwerden, sondern auch um sich die Loyalität der russischen Elite zu sichern. Dazu gehören nicht nur diejenigen, die die Invasion nicht deutlich genug unterstützen, sondern auch diejenigen, die die Invasion wegen ihrer angeblich mangelnden Härte und Rücksichtslosigkeit gegenüber den Ukrainern kritisieren.

In ähnlicher Weise wird auch das russische Militär selbst von tatsächlichen und potenziellen Abweichlern gesäubert. Mehrere wichtige Militärs, die möglicherweise mit Prigoschin befreundet waren, darunter der Oberbefehlshaber der russischen Luft- und Raumfahrtkräfte, Sergej Surowikin, sind aus der Öffentlichkeit verschwunden. Andere wurden von ihren Posten entfernt oder degradiert.

Präsidentschaftswahlen in Russland verschärfen die Lage

Die verstärkte Repression ist auch ein Zeichen für die Nervosität des Regimes im Hinblick auf die für März 2024 angesetzten Präsidentschaftswahlen. Auch wenn die russischen Wahlen offensichtlich gefälscht sind und kein Zweifel daran besteht, dass Putin an der Macht bleiben wird, bringen sie dennoch eine gewisse Unsicherheit in das System.

Die Wahlen im nächsten Jahr werden ein spektakuläres, komplexes Stück politischer Choreografie sein, bei dem auf dem Weg zu der vom Kreml als Mindestziel gesetzten 80-Prozent-Mehrheit für Putin vieles schiefgehen kann. Hier kommt die Verhaftung von Girkin ins Spiel: Wütende Nationalisten, die mit der Art und Weise, wie die militärische Führung den Krieg führt, unzufrieden sind, stellen einen unberechenbaren Faktor dar. In den nächsten Monaten ist damit zu rechnen, dass noch mehr von ihnen verhaftet werden.

Ewiger Krieg in der Ukraine bietet Putin unbegrenzte Möglichkeiten

Das harte Durchgreifen deutet auch darauf hin, dass sich das Regime auf einen längeren Krieg in der Ukraine einstellt. Angesichts mehrfacher militärischer Misserfolge und ohne realistische Aussicht auf einen Sieg scheint sich Putin für die nächstbeste Möglichkeit entschieden zu haben, seine Macht zu festigen. Ein ewiger Krieg in der Ukraine, der den Russen als existenzieller Kampf um die Zukunft ihrer Nation präsentiert wird, bietet nahezu unbegrenzte Möglichkeiten, abweichende Meinungen zu unterdrücken, die Russen hinter dem Regime zu versammeln und auch den leisesten Hauch von Opposition auszurotten.

Zum Autor

Alexey Kovalev ist ein in Berlin lebender Investigativjournalist. Twitter (X): @Alexey__Kovalev

Wir testen zurzeit maschinelle Übersetzungen. Dieser Artikel wurde aus dem Englischen automatisiert ins Deutsche übersetzt.

Dieser Artikel war zuerst am 01.August 2023 in englischer Sprache im Magazin „ForeignPolicy.com“ erschienen – im Zuge einer Kooperation steht er nun in Übersetzung auch den Lesern der IPPEN.MEDIA-Portale zur Verfügung.

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