Ukraine-Krieg
Rückzug in Kursk: Hat Trump Putins Offensive bewusst unterstützt?
Trump stoppt die Unterstützung für die Ukraine. Putin gewinnt in Kursk an Einfluss. Kritiker vermuten im Ukraine-Krieg jetzt ein manipuliertes Spiel.
Kiew – Russlands Erfolg gegen die ukrainischen Truppen in Kursk kommt für den russischen Präsidenten Wladimir Putin gelegen. Bei den Verhandlungen, die auf Bestreben von US-Präsident Donald Trump hin bald stattfinden könnten, fehlt der Ukraine so ein wichtiges Druckmittel. Die plötzliche Glückssträhne Putins wurde erst durch das Aussetzen der Weitergabe von Geheimdienstinformationen an die Ukraine seitens der USA möglich – und nährt einen brisanten Verdacht.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Region Kursk lange als entscheidenden Hebel bei künftigen Friedensgesprächen mit Russland betrachtet. Sein ursprüngliches Ziel war es, Teile des Gebiets Kursk gegen besetztes ukrainisches Land einzutauschen. „Wir werden ein Gebiet gegen ein anderes tauschen“, sagte Selenskyj letzten Monat dem britischen Guardian.
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Doch die neuste Entwicklung könnte diesem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung gemacht haben. Am Samstag (15. März) bestätigte der Generalstab in Kiew den Rückzug ukrainischer Truppen aus der Stadt Sudscha. Und bereits am Donnerstag (13. März) hatte das russische Verteidigungsministerium mitgeteilt, dass russische Streitkräfte die Kleinstadt zurückerobert hätten.
Möglich wurde das einem Bericht des Time Magazine zufolge vor allem, weil die USA die Weitergabe militärischer Geheimdienstinformationen an die Ukraine eingestellt hat – kurz nachdem Selenskyj und Trump Ende Februar im Oval Office aneinandergeraten waren. Seitdem sei es den Russen gelungen, die ukrainischen Versorgungslinien in die Region mehr und mehr abzuschneiden. Auch habe das Ausbleiben von US-Geheimdienstinformationen die Fähigkeit der ukrainischen Streitkräfte beeinträchtigt, Angriffe gegen russische Ziele zu starten. Insgesamt sei die Bilanz für die Ukraine verheerend. Das Vorgehen der USA habe zum Tod von Hunderten ukrainischer Soldaten geführt, vor allem in Kursk.
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Für den ukrainischen Ökonomen Roman Sheremeta ist die Sache klar. Durch das Einstellen der Informations-Weitergabe und von Waffenlieferungen im richtigen Zeitpunkt lähme Trump die Ukraine absichtlich, so sein Vorwurf in einem Beitrag für die Kyiv Post. Vor einem halben Jahr habe er bereits vorausgesagt, dass der US-Präsident bei einer Wiederwahl drei Schritte in puncto Ukraine unternehmen werde: das Blockieren des Nato-Beitritts, die Einstellung der Militärhilfen sowie das Einfrieren der Frontlinie, um die Ukraine zur Aufgabe von Gebieten zu zwingen. Während die ersten beiden Ziele erreicht worden seien, gestalte sich das dritte als schwieriger, so der Ökonom. Schließlich habe Putin kein Interesse daran, eigene Gebiete an die Ukraine zu verlieren.
Sobald Trump das „ukrainische Problem“ beseitigt habe, könne er die Beziehungen zwischen den USA und Russland neu aufbauen, so Sheremeta. Die jüngsten Ereignisse hätten seine Vermutung bestätigt, dass der US-Präsident Putin bei der Rückeroberung von Kursk unterstütze. Ihm zufolge haben ukrainische Soldaten berichtet, dass „die russischen Streitkräfte in Kursk plötzlich über äußerst präzise Koordinaten“ der Standorte ukrainischer Truppen sowie ihrer Logistik und Munitionsdepots verfügen. Sie seien der festen Überzeugung, dass dies „kein Zufall sein“ könne und dass „Trumps Regierung versucht, Kursk an Russland zu übergeben, bevor die Verhandlungen im Rahmen eines geheimen Abkommens mit Russland beginnen“.
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Zu einer ähnlichen Einschätzung gelangt der ehemalige britische Elitesoldat und Militäranalyst Robin Edward Horsfall. Die Ukraine habe Kursk nur halten können, weil US-Geheimdienste hochwertige Informationen über russische Truppenbewegungen und Artilleriepositionen geliefert hätten, schreibt Horsfall auf Substack. Diese wichtigen Informationen hätten es der Ukraine ermöglicht, die russischen Streitkräfte „festzunageln“. Ein Vorrücken Russlands sei so unmöglich gewesen.
Am 27. Februar habe ein russischer General in Kursk einem seiner Obersten mitgeteilt, dass ihre Offensive darauf warte, dass die ukrainische Überwachung ausfalle. Der Oberst habe dies an seine Frau weitergegeben, „die es dann ihrer besten Freundin erzählte, die es an meine Quelle in Osteuropa weitergab. Wenn dies zutrifft, deutet dies darauf hin, dass Russland wusste, dass Trump die nachrichtendienstliche Unterstützung vor seiner offiziellen Ankündigung am 3. März einstellen würde. Die Quelle ist echt, aber die Personen in der Kommunikationskette riskieren ihr Leben, wenn ihre Identität aufgedeckt wird“, so der ehemalige Soldat. Das beweise zwar nichts, eine genaue Prüfung von Europas Verbündeten sei jedoch angeraten. (tpn)
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