AfD
Falsche Vorwürfe gegen Medien – Höcke verbreitet Fake-News über Proteste gegen Rechts
Über eine Million Demonstrierende gegen Rechts: Das passt nicht ins Narrativ des AfD-Politikers Björn Höcke. Im Netz verbreitet er deshalb „Fake News“ – und wird prompt korrigiert.
Hamburg – Über eine Million Menschen gingen nach Veranstalterangaben am Wochenende in Deutschland gegen Rechtsextremismus auf die Straße. Anlass waren die Enthüllungen über ein Geheimtreffen von AfD-Funktionären mit Nazis im vergangenen November. Die AfD bekommt Gegenwind, doch das will der rechtsextreme AfD-Politiker Björn Höcke offenbar nicht wahrhaben. Auf der Plattform X (vormals Twitter) verbreitete der AfD-Politiker zunächst Framing und am Samstag (20. Januar) dann Falschbehauptungen über ein Foto der Hamburger Kundgebung.
Rechtsextremer AfD-Politiker Björn Höcke verbreitet Fake-News – und wird von X korrigiert
Das von der Deutschen Presse-Agentur (dpa) aufgenommene Foto zeigt Demonstranten in Hamburg, die über eine Brücke laufen. „Bestellte Massen demonstrieren gegen die AfD“, kommentierte Höcke das Geschehen und unterstellte den Protestierenden damit, keine eigenen Überzeugungen zu haben, sondern nur eine „Auftragsarbeit“ zu erfüllen. „Doch bei den in den Medien veröffentlichten Bildern fallen inzwischen zahlreiche Fälle von Bildmanipulation auf“, behauptet der Politiker weiter. Im Beitrag des Vorsitzenden der AfD-Fraktion im Thüringer Landtag ist ein weiß umrandetes Rechteck zu sehen, das Demonstrierende zeigen soll, die „in der Alster“ stehen. Dies soll auf eine Bildbearbeitung hindeuten. „Wo bleibt der Faktencheck?“, fordert Höcke auf X.
Die Korrektur im Netz folgte prompt. Denn alles ist nur eine Frage der Perspektive: „Das Bild in obigem Post zeigt keine Hinweise für eine Manipulation. Es wurde aus einem niedrigeren Blickwinkel geschossen, wodurch die Wasserfläche von der Menschenmenge verdeckt wird“, lautet der von X zur Verfügung gestellte Kontext zur Aufnahme. Bei dem Bild handele es sich um ein Original-dpa-Foto, „an dem selbstverständlich nichts manipuliert wurde“, bestätigte zudem die dpa in einer Stellungnahme. „Herr Höcke entdeckt die Geheimnisse der Perspektive. Das ist für ihn etwas schwieriger, denn bisher kannte er nur die eigene“, kommentierte ein Nutzer ironisch unter die Gegendarstellung der Nachrichtenagentur.
Bestellte Massen demonstrieren gegen die AfD. Doch bei den in den Medien veröffentlichten Bildern fallen inzwischen zahlreiche Fälle von Bildmanipulationen auf. Warum haben sie das nötig? pic.twitter.com/3EPOLcDgVc
— Björn Höcke (@BjoernHoecke) January 20, 2024
Björn Höcke versucht sich offenbar wachsende Medienskepsis zunutze zu machen
Höcke setzt mit seinen populistischen Äußerungen auf X auch auf die zunehmende Skepsis in der Gesellschaft gegenüber Medien. Im Jahr 2022 sank das Vertrauen der deutschen Bevölkerung in die Medien leicht, wie die Langzeitstudie zum Medienvertrauen der Universität Mainz ergab. Besonders das Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sei gefallen und befände sich auf dem niedrigsten Stand seit Beginn der Studie im Jahr 2015, hieß es. Doch Fakten sind Fakten: In zahlreichen Drohnenvideos aus verschiedenen Quellen lassen sich die Menschenmengen gut erkennen, wie etwa der Blog Volksverpetzer auf X zeigt.
In Deutschland gehen inzwischen über eine Million auf die Straße gegen die AfD. #AfD-Fans wollen es nicht wahrhaben & leugnen die Bilder. Hier die Faktenchecks als Video: Egal ob #Köln oder #Hamburg, Drohnen-Aufnahmen belegen, dass das "Volk" wirklich gegen die #fckAfD ist. pic.twitter.com/GTIlwHrJ7d
— Volksverpetzer (@Volksverpetzer) January 21, 2024
In Hamburg war der Andrang so groß, dass die Proteste aus Sicherheitsgründen abgebrochen werden musste. Zusammen mit den Demonstrationen am Freitag und Samstag errechneten die Organisatoren eine Gesamtzahl von 1,4 Millionen Teilnehmenden. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte in einer Videobotschaft zu den Demonstrationen: „Diese Menschen machen uns allen Mut.“ Sie verteidigen „unsere Republik und unser Grundgesetz gegen seine Feinde.“
Sachsen, Thüringen, Brandenburg: AfD überholt in Umfragen teils regierende Parteien
Die AfD kommt besonders in den Ost-Bundesländern Sachsen, Thüringen und Brandenburg auf hohe Umfragewerte, wie das Trendbarometer der Sender RTL und ntv Mitte Januar ergab. Demzufolge liegt die Partei in Thüringen derzeit bei 36 Prozent, in Sachsen bei 34 Prozent sowie in Brandenburg bei 32 Prozent– und damit zum Teil deutlich vor den regierenden Parteien. Sowohl in Thüringen als auch in Sachsen wird die AfD vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft.
Sollte die AfD über 40 Prozent der Stimmen erhalten, könnte AfD-Landeschef Björn Höcke tatsächlich rein rechnerisch Ministerpräsident werden – vorausgesetzt, sowohl die FDP als auch die Grünen würden die Fünf-Prozent-Hürde nicht schaffen. Welche Pläne die AfD für Deutschland hat, sickerte in den jüngsten Recherchen von Correctiv durch: Bei dem Geheimtreffen im November berieten unter anderem Mitglieder der AfD und der Werteunion über Pläne zur Abschiebung von Millionen Menschen mit Migrationshintergrund – auch mit deutschem Pass.