„Hinter feindlichen Linien“
Pokrowsk: Ukraine greift zu riskanter „Sniper“-Methode
Seit Monaten verteidigen die Ukrainer erfolgreich Pokrowsk im Donbass gegen einen russischen Ansturm. Scharfschützen sollen eine Rolle spielen.
Pokrowsk - Die Stadt Pokrowsk im Donbass sollte die nächste Trophäe für Kreml-Herrscher Wladimir Putin im Ukraine-Krieg sein. Doch: Russland hat eben jenes Pokrowsk auch nach Monaten noch nicht eingenommen.
Ukraine-Krieg: Russland kann Pokrowsk im Donbass nicht einnehmen
Pokrowsk ist aus mehreren Gründen strategisch wichtig. Zum einen ist es ein Verkehrsknotenpunkt für die Logistik an diesem schwer umkämpften Frontabschnitt. Zum anderen ist die Kleinstadt mit vormals 60.000 Einwohnerinnen und Einwohnern wichtig für die Stahlproduktion der Ukraine. Denn: Der Abbau von Kokskohle lief trotz der intensiven Kämpfe in Pokrowsk lange weiter.
Wohl auch für die ukrainische Rüstungsindustrie. Kiew will die Stadt jedenfalls für einen hohen Preis gegen die Aggression des Moskau-Regimes verteidigen. Zumindest, so lange es geht. Und so wendet die ukrainische Armee hier wohl eine für die Soldaten hochriskante „Sniper“-Taktik hinter „den feindlichen Linien“ an.
Verluste für Wladimir Putin: Ukrainische „Sniper“ jagen russische Soldaten
„Kampfhandlungen hinter feindlichen Linien“ würden darauf „abzielen, die Invasoren zu vernichten und ihre Logistikrouten abzuschneiden“, teilte der ukrainische Militärgeheimdienst HUR mit. Besagte Kampfhandlungen würden andauern, hieß es weiter. Gemeint sind laut amerikanischem Nachrichtenmagazin Newsweek „Sniper“-Einsätze. Also Kommandoaktionen von Scharfschützen. Der HUR teilte in Sozialen Netzwerken, unter anderem bei X, Videos mutmaßlicher Wärmebildkameras davon, wie die ukrainischen Scharfschützen kleine Gruppen russischer Soldaten ins Visier nehmen - und dann regelrecht abschießen.
Und zwar in schneller Schussfolge, was auf Selbstlade-Scharfschützengewehre mit größeren Munitionsmagazinen schließen lässt. Die Aufnahmen lassen sich zwar nicht unabhängig verifizieren. Sie sehen aber derart authentisch und vor allem brutal aus, sodass auf eine Darstellung des Videos in diesem Artikel verzichtet wird. In dem Video geht es um wohl sechs getötete und/oder verwundete russische Soldaten. Doch: Auch der Einsatz der ukrainischen „Sniper“ ist hochgradig gefährlich.
Donbass-Front in der Ukraine: Schwere Kämpfe rund um Pokrowsk
Denn: Sie müssen recht nah ran, operieren im durch den Feind besetzten Gebiet. Erst am Sonntag (12. Januar) hatten russische Militärblogger ein Drohnen-Video geteilt, das belegen soll, wie Moskaus Soldaten über den Dächern der Siedlung Schewtschenko die russische Flagge hissen. Die Siedlung heißt nicht nur wie der ehemalige Weltklasse-Fußballer Andrij Schewtschenko (Dynamo Kiew, AC Mailand und FC Chelsea). Sie liegt nur rund 3,5 Kilometer südwestlich der Stadtgrenze von Pokrowsk. Und genau darin liegt ein Problem.
Denn: Die russischen Angreifer umgehen die ukrainischen Verteidiger in Pokrowsk derzeit einfach. Offenbar mit dem Ziel, sie irgendwann einkreisen oder zumindest vom Nachschub abschneiden zu können. Laut Generalstab in Kiew haben die Ukrainer zwar die russische Kommandozentrale für den Pokrowsk-Frontabschnitt am Wochenende bombardiert. Und zwar offenbar mit einem Luftschlag per Kampfjet und Tiefschlagmunition. Aber: Mittlerweile wurden wohl dennoch umfangreiche Evakuierungen über die noch offene Europastraße 50 aus der Stadt heraus eingeleitet.
Wegen russischem Vormarsch: Ukraine leitet Evakuierung aus Pokrowsk-Mine ein
So hat die Ukraine laut Nachrichtenagentur Reuters die Produktion im letzten Kokskohle-Bergwerk des Landes in Pokrowsk aufgrund des russischen Vormarschs eingestellt. Eine Evakuierung sei im Gange, hieß es weiter. Wie der ukrainische Militär-Analyse-Blog DeepState berichtete, befand sich die russische Armee am Montag (13. Januar) nur noch weniger als zwei Kilometer von einem der Minenschächte entfernt. So sollen die russischen Truppen laut derselben Quelle in die Dörfer Kotlyne und Udachne vorgerückt sein. Trotz ukrainischer „Sniper“. (pm)
Rubriklistenbild: © Screenshot X@DI_Ukraine

