Schiff ließ wohl Anker schleifen
„Dunkler Vorfall“ auf Putins Befehl? So soll China-Frachter Ostsee-Kabel zerstört haben
Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass ein Schiff aus China in der Ostsee Sabotage betrieben hat. Die Vor-Ort-Ermittlungen sind abgeschlossen.
Stockholm/Helsinki – Ein chinesischer Sabotageakt in der Ostsee: Immer mehr deutet darauf hin, dass der Frachter „Yi Peng 3“ die Untersee-Datenkabel absichtlich durchtrennt hat. Er war aus Russland kommend unterwegs. Über die neuesten Erkenntnisse der Ermittler berichtet das Wall Street Journal. Demnach hat das 225 Meter lange und 32 Meter breite Schiff aus Fernost seinen Anker über 160 Kilometer über den Meeresboden der Ostsee gezogen.
„Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass der Kapitän nicht bemerkt hätte, dass sein Schiff seinen Anker warf und hinter sich her schleifte, stundenlang an Geschwindigkeit verlor und unterwegs Kabel durchtrennte“, heißt es in dem Bericht. Die Besatzung des mit russischem Dünger beladenen Schiffes habe also wohl absichtlich gehandelt. Auch die Analyse-Firma Kpler sagte dem Wirtschaftsmedium: „Angesichts des milden Wetters und der überschaubaren Wellen ist die Wahrscheinlichkeit eines versehentlichen Ankerschleifens minimal“. Das Unternehmen erstellt Echtzeit-Daten zur internationalen Schifffahrt.
Sabotage in der Ostsee: Transponder des Schiffes „Yi Peng 3“ abgeschaltet
Laut mit Ermittlern vertrauten Personen soll das Schiff am 17. November gegen 21 Uhr Ortszeit in schwedischen Gewässern den Anker geworfen, anschließend aber weitergefahren sein. Der Schleppanker durchtrennte kurz darauf das erste Kabel zwischen Schweden und Litauen, so zwei mit den Ermittlungen vertraute Personen. Während dieser Zeit schaltete sich der Transponder des Schiffs ab, der seine Bewegungen im sogenannten automatischen Identifikationssystem aufzeichnet, was im Schiffsverkehrsjargon als „Dunkler Vorfall“ bezeichnet wird. Das Schiff fuhr dann weiter, obwohl der Schleppanker seine Geschwindigkeit stark verringerte, wie aus Satelliten- und anderen Daten hervorgeht, die von den Ermittlern ausgewertet wurden.
Die Ermittler sagten dem WSJ weiter, dass die Yi Peng 3 am folgenden Tag gegen 3 Uhr morgens, nachdem sie etwa 179 Kilometer zurückgelegt hatte, das zweite Kabel zwischen Deutschland und Finnland durchtrennte. Kurz darauf begann das Schiff im Zickzack zu fahren, lichtete den Anker und fuhr weiter. Anschließend machten sich Schiffe der dänischen Marine auf, die Yi Peng 3 zu verfolgen und abzufangen, wodurch sie schließlich gezwungen wurde, im Kattegat vor Anker zu gehen, das die Ostsee mit der Nordsee verbindet.
Seekabel in der Ostsee durchtrennt – Ermittler gehen von Sabotageakt der „Yi Peng 3“ aus
Verschiedene Behörden aus Finnland und Schweden, ebenfalls seit Kurzem Nato-Mitglied, teilten zuletzt mit, dass die Tatortuntersuchungen an den beiden beschädigten Kommunikationskabeln in der Ostsee abgeschlossen seien. Auch hier sprachen die Ermittler davon, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Internet-Kabel absichtlich beschädigt worden seien. Derzeit werde der Tatbestand daher nach wie vor als Sabotage eingestuft. Die Analyse des vor Ort gesammelten Materials laufe, hieß es unter anderem von der schwedischen Polizei.
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Innerhalb kurzer Zeit waren vor knapp anderthalb Wochen in der Ostsee Schäden an zwei Kabeln zwischen dem finnischen Helsinki und Rostock sowie zwischen Schweden und Litauen festgestellt worden. Beide Fälle ereigneten sich in der ausschließlichen Wirtschaftszone Schwedens, die Ursache für sie ist bislang ungeklärt. Finnland, Schweden und Litauen haben dazu eine gemeinsame Ermittlungsgruppe eingerichtet.
Sabotage auf Putins Befehl?„Yi Peng 3“ war von russischem Hafen aus in der Ostsee unterwegs
Der Frachter Yi Peng 3 soll die Kabelbrüche aus einem russischen Hafen kommend zu den jeweiligen Zeitpunkten passiert haben. Das Schiff befindet sich seit Tagen unverändert im Kattegat zwischen Dänemark und Schweden, während Patrouillenschiffe aus Deutschland und anderen Nato-Staaten bei ihm sind. In den Angaben der Behörden wurde der Frachter nicht namentlich erwähnt. Der chinesische Schiffseigner Ningbo Yipeng Shipping kooperiert mit den Ermittlungen und hat zugelassen, dass das Schiff in internationalen Gewässern angehalten wurde, so mit den Ermittlungen vertraute Personen.
Auch bei einem Treffen nordisch-baltischer Regierungschefs in Schweden waren die Kabelschäden Thema. Eingeladen war auch der polnische Ministerpräsident Donald Tusk. „Ich bin nicht hier, um zu beurteilen, wer für diese Tat verantwortlich ist“, sagte Tusk auf einer gemeinsamen Pressekonferenz auf die Frage, ob Russland und Wladimir Putin für die Aktionen des Schiffs verantwortlich sein könnte. „Meine private Meinung ist – aber es ist meine private Meinung – dass wenn etwas wie Sabotage aussieht, dann ist es Sabotage.“ Russland bestreitet indes, involviert zu sein: „Das sind absurde, unbegründete Anschuldigungen“, sagte die Pressestelle des Kremls dem Wall Street Journal.
Deutsches Schiff „Bamberg“ hilft mit Unterwasserdrohnen bei Ostsee-Ermittlung
Die deutsche Polizei entsandte auch das Patrouillenschiff Bamberg, um einen der Vorfälle mit Unterwasserdrohnen zu untersuchen. Schwedische und dänische Schiffe haben die Standorte auf dem Meeresboden ebenfalls untersucht. Der Grünen-Geheimdienstexperte Konstantin von Notz forderte jüngst, dass sich Deutschland besser für den Umgang mit Sabotageakten aufstellt. „Es gibt zahlreiche einschlägige Verdachtsfälle“, sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) vom Donnerstag. „Auf jeden Fall haben die Sabotage- und Spionageaktionen gegen Deutschland massiv zugenommen.“ (cgsc mit dpa)
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