Gefahr sogar für die FPÖ?
Österreichs Kommunisten wollen in den Nationalrat – und geben dafür „CSU“-Konstrukt auf
Die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) überwindet formell ihre Spaltung. Kann sie sogar der FPÖ bei der Österreich-Wahl gefährlich werden?
Graz – 2024 ist in Österreich „Superwahljahr“. Umfragen sahen zuletzt die rechtspopulistischen FPÖ in Front, noch vor der konservativen ÖVP und der sozialdemokratischen SPÖ – aber die KPÖ, die Kommunistische Partei Österreichs, will nun ebenfalls mitmischen. Dabei flog die Partei schon vor Langem – im Jahr 1959 – aus dem österreichischen Parlament. Dort will sie jetzt wieder hin. Ihr Spitzenmann dabei ist Tobias Schweiger, Jahrgang 1990.
Ihren Nationalratswahl-Kandidaten Schweiger gab die KPÖ bei einer Parteikonferenz in Graz bekannt – es war die erste gemeinsame Konferenz der Landes- und der Bundes-KPÖ seit 20 Jahren. Damals hatte sich die KPÖ in der Steiermark ein eigenes Programm gegeben. Das Verhältnis der Bundesfraktion zu dieser Regionalgruppe erinnerte seither „ein bisschen an jenes zwischen CDU und CSU“, befand der österreichische Standard.
Bayerns Ministerpräsidenten seit 1945




Kommunisten feiern Erfolge vor Österreich-Wahl 2024
Zuletzt feierte die KPÖ wieder Erfolge: Seit der Salzburg-Wahl sind die Kommunisten dort zweistellig im Landtag, Elke Kahr ist seit zwei Jahren erste kommunistische Bürgermeisterin in Graz. „Ausgerechnet in den reichen bürgerlichen Städten Salzburg und Graz ist eine Partei erfolgreich, die in Österreich längst vergessen war“, staunte der Cicero schon im Frühjahr über die „kommunistischen Kümmerer“.
Schließlich hätten Salzburg und Graz zwar Industrie und eine Arbeiterschaft, aber auch viel Bürgertum. „Interessanterweise dürften in beiden Städten auch die ein oder anderen Wähler ebendieser Gruppe ihr Kreuz bei den Kommunisten gesetzt haben“, glaubte das Magazin. Der Standard geht davon aus, dass vor allem SPÖ und Grüne Stimmen an die KPÖ verlieren könnten. Aber auch die FPÖ könne Stimmen verlieren, urteilte das Blatt unter Verweis auf Wählerwanderungsanalysen aus Graz und Salzburg.
KPÖ-Kandidat für Nationalratswahl war einst Hausbesetzer
Zur Person Schweiger: Der gebürtige Grazer war früher in der Hausbesetzer-Szene aktiv. „Österreich attestiere ich eine mangelnde Protestkultur“, sagte er als 21-Jähriger dem Standard. Das war 2011, und Schweiger noch Bundessprecher der Jungen Grünen. Die warfen ihn und andere 2017 raus, woraufhin sich die Geschassten zusammentaten und im Folgejahr die Jungen Linken gründete, die mit der KPÖ eng zusammenarbeitete.
Wohnen und Soziales waren und sind Schweigers Themen. Trotz Kritik an der Bundes-KPÖ in diesen Fragen ist er seit 2021 ihr Sprecher. Auf Platz zwei nach Schweiger tritt Bettina Prochaska bei der Nationalratswahl 2024 für die KPÖ an.
Spannungen bei Österreichs Kommunisten wegen Israel-Krieg
Bei der Pressekonferenz mit dem Spitzenduo am Wochenende in Graz war auch der Krieg in Israel Thema. „Es geht nicht darum, auf welche Seite man sich stellt. (…) Es ist grauenhaft, wie auf beiden Seiten gestorben wird“, zitierte die Junge Welt Schweiger von dem Termin. Dass Schweiger die „israelischen Kriegsverbrechen in Gaza“ nicht explizit verurteilte, habe jedoch zu Spannungen mit der Jugendorganisation Kommunistische Jugend Österreich (KJÖ) geführt, berichtete die marxistische deutsche Tageszeitung weiter.
Die KPÖ Steiermark hatte den Terror der Hamas zuvor mehrmals verurteilt. Schweiger forderte nun erneut eine „aktive Neutralitätspolitik“, womit er meint, dass Österreich die Konfliktparteien für eine Friedenslösung an einen Tisch bekommen müsse. Es habe allerdings Empörung in anderen Parteien des Grazer Gemeinderates gegeben, weil sich die KPÖ enthielt, als das Hissen der israelischen Flagge am Rathaus beschlossen wurde, berichtete der Standard. (frs)