Um Ihnen ein besseres Nutzererlebnis zu bieten, verwenden wir Cookies.
Durch Nutzung unserer Dienste stimmen Sie unserer Verwendung von Cookies zu.
Weitere Informationen
Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.
Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für
. Danach können Sie gratis weiterlesen.
Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.
„Angst und Unsicherheit schüren“
Neutralität Österreichs bedroht? FPÖ stimmt schrille Töne an und fordert Verfassungsänderung
Die Neutralität Österreichs ist in Gefahr, unter anderem wegen des Ukraine-Kriegs, behauptet die FPÖ. Die Regierung beklagt eine Scheindebatte.
Wien – Österreich ist zu „immerwährender Neutralität“ verpflichtet, so steht es seit 1955 in einem Verfassungsgesetz. Doch die rechtspopulistische Partei FPÖ sieht diese Neutralität bedroht – und hat das Parlament nun mit einem Antrag zu einer Sondersitzung zu dem Thema gezwungen. Die schwarz-grüne Regierung kritisiert, die FPÖ zettele damit eine Scheindebatte an, mit dem Ziel „Angst und Unsicherheit zu schüren“.
Anlässlich des österreichischen Nationalfeiertags am 26. Oktober hatte die rechtspopulistische FPÖ einen 16-seitigen Antrag eingereicht, mit dem sich der Nationalrat am Mittwochabend (25. Oktober) befasste. „Sie haben die Neutralität und Souveränität Österreichs zertrümmert und verraten. Sie sind die Täter, und die österreichische Bevölkerung ist Ihr Opfer“, griff FPÖ-Chef Herbert Kickl die schwarz-grüne Regierung dabei in gewohnt populistischer Manier an. Das berichtet unter anderem die österreichische Tageszeitung Der Standard.
FPÖ fordert Änderung der Verfassung in Österreich – Auch Souveränität sei bedroht
Die FPÖ forderte in ihrem Antrag nichts Geringeres als eine Änderung von Artikel 1 der österreichischen Verfassung. Wie aus der Homepage des österreichischen Parlaments hervorgeht, verlangten die Rechtspopulisten, die Neutralität Österreichs zu einem Verfassungsprinzip aufzuwerten, anstatt sie wie bisher per Verfassungsgesetz zu regeln.
Statt „Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus“ solle Artikel 1 künftig lauten: „Österreich ist eine demokratische, wehrhafte, immerwährend neutrale souveräne Republik. Ihr Recht geht vom österreichischen Bundesvolk aus.“
Neutralitätsverpflichtung Österreichs
Um den Hintergrund der Debatte zu verstehen, ist es wichtig, Österreichs Neutralitätsverpflichtung zu kennen: Nach dem Zweiten Weltkrieg teilten die alliierten Siegermächte Österreich in vier Besatzungszonen ein. Um eine lang andauernde Teilung zu verhindern, einigten sich die USA, die Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich später dann auf eine „permanente Neutralität“ des Landes. 1955 beschloss der österreichische Nationalrat, dass Österreich keinen militärischen Bündnissen wie der Nato beitritt und nicht zulässt, dass andere Staaten auf seinem Territorium Militär-Stützpunkte errichten.
Als Beispiel für die angebliche Verletzung der Neutralität Österreichs führte Kickl die Unterstützung der Regierung der Ukraine an. Österreich sei im Ukraine-Krieg für einen „Wirtschaftskrieg“ unter Führung der USA eingespannt worden, so der scharfe Vorwurf. Österreich müsse aus der „neutralitätszersetzenden und wirtschaftlich ruinösen“ Sanktionspolitik gegen Russland sowie aus der „militärischen Unterstützung der Kriegspartei Ukraine“ aussteigen, verlangte die FPÖ laut der Internetseite des Parlaments.
Gleichzeitig sei die Souveränität des Landes sei durch verschiedenste EU-Vorschriften bedroht, argumentierte die FPÖ in ihrem Antrag. Plädiert wird für ein Veto gegen jede Verordnung, die angeblich nationales Handeln einschränke. Die FPÖ nennt hier vor allem die „sogenannte Klimapolitik“, die Asyl-, Gesundheits- und Währungspolitik. Auch die UN-Entwicklungsziele und die Pläne der WHO zur Pandemiebekämpfung gefährden nach Meinung der FPÖ die Souveränität des Landes.
Neutralität Österreichs stehe „absolut nicht zur Debatte“
Der FPÖ-Antrag lehnten alle anderen Parteien am Mittwoch ab – und betonten, dass es in Österreich anders als von der FPÖ behauptet ein breites Bekenntnis zur Neutralität gebe. Man diskutierte über etwas, „das selbstverständlich ist“, erklärte Staatssekretärin Claudia Plakolm, die den österreichischen Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) vertrat, der nach Israel gereist war.
Die Abschaffung der Neutralität stehe „absolut nicht zur Debatte“. Die FPÖ verfolge mit der Scheindebatte nur ein Ziel: „Man will Angst und Unsicherheit schüren, wo es absolut keine Grundlage für Angst und Verunsicherung gibt.“
FPÖ-Konter: Einhaltung des Völkerrechts auch für Österreich „rote Linie“
Dass Österreich militärisch neutral sei, bedeute nicht, dass man sich nicht auf eine Seite stelle, so Plakolm. Man sei immer auf der Seite derer, die angegriffen würden. Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hatte im Februar 2023 erklärt: „Militärische Neutralität bedeutet für uns nicht gleich politische Neutralität.“ Man werde nicht schweigen, „wenn die Souveränität, territoriale Integrität und Unabhängigkeit eines Staates angegriffen wird“.
Die Einhaltung des Völkerrechts sei auch für Österreich „eine rote Linie“ sowie Grundlage für die österreichische Unterstützung der Ukraine, erläuterte Schallenberg. Österreich gerät jedoch wegen seiner trotz der EU-Sanktionen florierenden Wirtschaftsbeziehungen mit Russland zunehmend in die Kritik.
Die Nato wächst und kämpft: Alle Mitgliedstaaten und Einsätze des Bündnisses
Österreich nicht neutral genug? „Wie unglaubwürdig kann man sein?“
Auch die sozialdemokratische SPÖ kritisierte den aktuellen FPÖ-Vorstoß scharf. „Wie unglaubwürdig kann man eigentlich sein?“, fragte der SPÖ-Abgeordnete Jörg Leichtfried laut Der Standard. Die FPÖ selbst habe in der Vergangenheit immer wieder einen Beitritt zur Nato gefordert.
Beispielsweise 1998, wie aus der Homepage des Parlaments hervorgeht: Der ehemalige FPÖ-Chef Jörg Haider forderte in diesem Antrag „die umgehende Aufnahme von Verhandlungen über einen Nato-Beitritt zum frühestmöglichen Zeitpunkt“ – und zwar, weil die Neutralität „Österreich keinerlei Schutz“ geben könne. (smu)
Putins Angriff hält Europa in Atem: Die wichtigsten Neuigkeiten und Analysen zu Russland und dem Ukraine-Krieg jetzt im Newsletter von Merkur.de.