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Mehr Abgeordnete im Parlament

Nun droht der größte Bundestag aller Zeiten

Neue Stühle: Die Handwerker im Bundestag dürften bald wieder ausrücken. Am 24. September wählen die Deutschen den 19. Deutschen Bundestag.
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Neue Stühle: Die Handwerker im Bundestag dürften bald wieder ausrücken. Am 24. September wählen die Deutschen den 19. Deutschen Bundestag.

Das komplexe Wahlrecht reformieren? Das haben Union und SPD mit Erfolg vertrödelt. Nun droht der größte Bundestag aller Zeiten. Schräg: Joachim Herrmann könnte als Spitzenkandidat der CSU ohne Sitz bleiben.

München – Momentan ist keine Stelle ausgeschrieben, aber die Saaldiener des Bundestags dürften ab Oktober nichts gegen zusätzliche Unterstützung haben. Zuletzt betreuten die befrackten Damen und Herren 630 Abgeordnete, deren Namen sie jederzeit parat haben sollten. Nun spricht viel dafür, dass die Saaldiener ihr Namensgedächtnis ab Herbst noch mehr strapazieren müssen.

„Ich rechne mit 660 bis 670 Abgeordneten im nächsten Bundestag“, sagt Joachim Behnke, Professor für Politikwissenschaft in Friedrichshafen. „Es könnte der größte Bundestag aller Zeiten werden.“ Der bisherige Höchstwert liegt bei 672 Abgeordneten, nach der Bundestagswahl 1994.

Bundestagswahl 2017: Warum gibt es im Herbst so viele Abgeordnete?

Der Grund für die erwartete Vergrößerung ist das komplizierte Wahlrecht. Eigentlich soll das Parlament aus 598 Abgeordneten bestehen. 299 Direktkandidaten über die Erststimmen, 299 Listenkandidaten über die Zweitstimmen. Allerdings gibt es seit Beginn der Bundesrepublik sogenannte Überhangmandate. Sie entstehen, wenn eine Partei mehr Direktkandidaten über die Erststimme ins Parlament bringt, als ihr nach der Verteilung der Zweitstimmen zusteht. Auch um diese Verzerrung auszugleichen, gibt es seit 2013 sogenannte Ausgleichsmandate. Eine Übersicht, welche Parteien zur Bundestagswahl 2017 antreten, finden Sie hier.

Das ist gut gemeint, aber genau hier beginnt das Problem, das selbst manchen Politiker an die Grenze seiner mathematischen Fähigkeiten bringt. Denn ein Überhangmandat bedeutet mehrere Ausgleichsmandate. Schätzungen zufolge dürfte die CDU am 23. September gut 20 Überhangmandate erringen, die wiederum gut 60 Ausgleichsmandate nach sich ziehen würden.

Verschwendung von Steuermitteln

Wahlrecht-Experte Behnke sieht ein größeres Parlament kritisch. „Der Bundestag wird durch zusätzliche Abgeordnete nicht besser. Er wird nur teurer. Und das ist natürlich eine Verschwendung von Steuermitteln.“ Ein Mandat soll Schätzungen zufolge pro Legislaturperiode zwei Millionen Euro kosten.

Auch deshalb ploppte das Thema in den vergangenen Jahren immer wieder auf. Der noch amtierende Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) erklärte, nicht einmal eine Handvoll Abgeordnete könne die Mandatsberechnung „unfallfrei“ erklären. Er plädierte für eine grundsätzliche Deckelung auf 630 Abgeordnete. Weil davon aber vor allem die Union profitiert hätte, stellte sich die SPD quer. Mit eigenen Vorschlägen hielten sich die Genossen dagegen zurück. Um schließlich in Gestalt der Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht im März mitzuteilen, dass man gegen Schnellschüsse sei.

Auch eine vom Bund der Steuerzahler initiierte Petition mit gut 114.000 Unterschriften blieb ergebnislos. Politologe Behnke warnt nun: „Ein aufgeblähter Bundestag beschädigt die Glaubwürdigkeit des Parlaments. Das müssten die Parteien eigentlich auch wissen.“

Müsste, hätte, eigentlich. Offenbar wollten sich Union und SPD nicht um zusätzliche Mandate durch die Hintertür bringen. Zumal diese ohnehin nicht verhindern dürften, dass die Fraktionen der beiden Parteien schrumpfen. In einem Sechs-Parteien-Parlament könnte allein die CDU rund 50 Mandate verlieren, wenn die derzeitigen Umfragewerte stimmen.

Eine weitere Tücke des Wahlrechts könnte in gut drei Wochen bei der CSU für lange Gesichter sorgen. Gewinnt die Partei wie zuletzt alle Direktmandate, bleibt aber bei den Zweitstimmen unter 47 Prozent, dürften keine Listenkandidaten der Partei zum Zuge kommen. Das würde ausgerechnet den prominentesten Kandidaten treffen. Der als Bundesinnenminister gehandelte Joachim Herrmann thront zwar auf Listenplatz eins – bliebe aber ohne Abgeordnetenmandat.

Wahlhilfe: Hier finden Sie den Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl 2017

Der 18. Deutsche Bundestag in Zahlen und Fakten

VORAUSSICHTLICH DRITTE DEZEMBERWOCHE: Vereidigung des Kabinetts.
Dem 18. Deutschen Bundestag gehören 631 Abgeordnete an. © dpa
Landtagswahl Bayern 2013 in Zahlen und Fakten
Nach dem amtlichen Endergebnis des Bundeswahlleiters bildet die CDU/CSU mit 311 Sitzen die stärkste Fraktion, gefolgt von der SPD mit 193 Sitzen. Die Linke bekommt 64 Sitze, die Grünen schicken 63 Abgeordnete in den Bundestag. © picture alliance / dpa
Bereits bei der bislang letzten großen Koalition hatten Union und SPD jeweils zwei Posten im Präsidium des Bundestages.
Im neuen Bundestag sitzen 402 Männer und 229 Frauen. Der Frauenanteil liegt mit 36,3 Prozent etwas höher als vor vier Jahren. 2009 zogen 204 Frauen und 418 Männer in den Bundestag ein (Frauenanteil: 32,8 Prozent). © dpa
Drehstühle und Tische werden am 17.10.2013 im Plenarsaal des Bundestages in Berlin montiert
401 Parlamentarier wurden wiedergewählt, 230 sind neu ins Parlament eingezogen. © dpa
Der jüngste Abgeordnete ist Mahmut Özdemir von der SPD, geboren am 23. Juni 1987. Die jüngste weibliche Abgeordnete ist Emmi Zeulner von der CSU, sie wurde am 27. März 1987 geboren.
Der jüngste Abgeordnete ist Mahmut Özdemir von der SPD, geboren am 23. Juni 1987. Die jüngste weibliche Abgeordnete ist Emmi Zeulner von der CSU, sie wurde am 27. März 1987 geboren. © dpa
Der älteste Abgeordnete ist Heinz Riesenhuber von der CDU, geboren am 1. Dezember 1935. Er hat als Alterspräsident die konstituierende Sitzung mit der Wahl des Bundestagspräsidenten und seiner Stellvertreter geleitet.
Der älteste Abgeordnete ist Heinz Riesenhuber von der CDU, geboren am 1. Dezember 1935. Er hat als Alterspräsident die konstituierende Sitzung mit der Wahl des Bundestagspräsidenten und seiner Stellvertreter geleitet. © dpa
Die jüngste Fraktion stellen die Grünen, ihre Abgeordneten waren am Tag der Bundestagswahl (22. September) im Schnitt 46,32 Jahre alt. Die älteste Fraktion bildet die Linke mit 50,61 Jahren. Es folgen die Fraktionen der CDU (50,29), der SPD (49,98) und der CSU (47,46). Der Altersschnitt aller Abgeordneten lag am Wahltag bei 49,58 Jahren.
Die jüngste Fraktion stellen die Grünen, ihre Abgeordneten waren am Tag der Bundestagswahl (22. September) im Schnitt 46,32 Jahre alt. Die älteste Fraktion bildet die Linke mit 50,61 Jahren. Es folgen die Fraktionen der CDU (50,29), der SPD (49,98) und der CSU (47,46). Der Altersschnitt aller Abgeordneten lag am Wahltag bei 49,58 Jahren. © dpa
Rangliste der vertrauenswürdigsten Berufe
Die mit Abstand größte Berufsgruppe sind die Dienstleister: 576 der 631 Abgeordneten zählen dazu, darunter 343, die der Bundeswahlleiter als „Abgeordnete, administrativ entscheidende Berufstätige“ zusammenfasst. Auch Berufe im Rechts- und Vollstreckungswesen - etwa Richter oder Notare - sind mit 54 stark vertreten. © picture-alliance/ dpa
Wenig repräsentiert sind dagegen technischen Berufe wie Ingenieure oder Mathematiker (20), Berufe in der Land-, Tier- und Forstwirtschaft sowie im Gartenbau (zusammen 11) und die Fertigungsberufe, zu denen auch Handwerker zählen (6). Im Bundestag sitzen außerdem 2 Bergleute.
Wenig repräsentiert sind dagegen technischen Berufe wie Ingenieure oder Mathematiker (20), Berufe in der Land-, Tier- und Forstwirtschaft sowie im Gartenbau (zusammen 11) und die Fertigungsberufe, zu denen auch Handwerker zählen (6). Im Bundestag sitzen außerdem 2 Bergleute. © picture alliance / dpa
Die Zahl der Abgeordneten aus Einwandererfamilien ist nach Angaben des Mediendienstes Integration von 21 auf 34 gestiegen. Das entspricht einem Anteil von rund 5,4 Prozent an der Gesamtzahl der 631 Abgeordneten (2009: rund 3,4 Prozent).
Die Zahl der Abgeordneten aus Einwandererfamilien ist nach Angaben des Mediendienstes Integration von 21 auf 34 gestiegen. Das entspricht einem Anteil von rund 5,4 Prozent an der Gesamtzahl der 631 Abgeordneten (2009: rund 3,4 Prozent). © dpa (Symbolbild)

Von Maximilian Heim

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