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Berichte über immense Verluste

Nordkoreaner im Ukraine-Krieg: Berichte über immense Verluste

Nordkoreanische Truppen sind seit kurzem im Ukraine-Krieg involviert. Viele scheinen tot oder verletzt zu sein, aber sie lassen die Gegenseite staunen.

Kursk – Sie kämpfen am anderen Ende eines Nachbarlandes für einen fremden Machthaber. Weil es sich bei diesem um einen wichtigen Verbündeten ihres Oberbefehlshabers handelt. Und zahlen dafür offenbar einen hohen Preis, in nicht wenigen Fällen mit ihrem Leben.

Seit Nordkorea-Soldaten von Staatsoberhaupt Kim Jong-un in den Ukraine-Krieg entsandt wurden, um an der Seite der Truppen von Kreml-Chef Wladimir Putin Blut zu vergießen, sollen sie schon immense Verluste zu beklagen haben. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nannte bei einem Treffen der wichtigsten Unterstützer seines Landes auf dem US-Luftwaffenstützpunkt in Ramstein am 9. Januar die Zahl 4000.

Nordkorea-Soldaten im Ukraine-Krieg: Ein Drittel sollen tot oder verwundet sein

Wenige Tage später gab die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap an, mindestens 300 Nordkorea-Soldaten seien bereits in dem Krieg gefallen, weitere 2700 verwundet worden. Die Informationen hätte der Nachrichtendienst NIS während einer nichtöffentlichen Sitzung des parlamentarischen Geheimdienstausschusses laut dem Abgeordneten Lee Seong-kweun mit den Gesetzgebern geteilt.

Derweil äußerte sich auch Oberst Ants Kiviselg zu den Verlusten unter Nordkoreas Soldaten. Der Leiter des Geheimdienstzentrums der estnischen Streitkräfte sagte laut dem öffentlich-rechtlichen Rundfunksender ERR auf einer Pressekonferenz des Verteidigungsministeriums: „Die Situation in Kursk wird auch durch die Behauptungen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj veranschaulicht, wonach ein Drittel des 12.000 Mann starken nordkoreanischen Kontingents, das in die Oblast Kursk geschickt wurde – bis zu 3800 Mann – bereits getötet oder verwundet wurde, ohne dass Russland einen militärischen Erfolg erreicht hat.“

In der vor einigen Monaten von ukrainischen Streitkräften eroberten russischen Grenzregion soll Putin seit einigen Wochen auf die Hilfe aus Fernost bauen. Doch Kiews Einheiten starteten in Kursk Anfang des Jahres einen erneuten Vorstoß. Dabei wurden nach Angaben der Armee gerade erst 27 russische Soldaten gefangen genommen.

Kriegsgefangene: Diese beiden nordkoreanischen Soldaten wurden von den ukrainischen Streitkräften aufgegriffen.

Verluste unter Nordkoreas Soldaten: Selenskyj macht erste Gefangennahmen bekannt

Einige Tage zuvor hatte Selenskyj mitgeteilt, dass seinen Truppen zwei verletzte Nordkoreaner in die Hände gefallen seien. Auch Aufnahmen von den beiden Männern – einer mit verbundenen Händen, der andere mit einem Verband um den Kopf – verbreitete er auf dem Twitter-Nachfolger X.

Zudem zeigte er sich überzeugt, dass weitere Gefangennahmen von Kims Landsleuten folgen werden: „Es ist nur eine Frage der Zeit, ehe unsere Truppen weitere ergreifen.“ Die beiden Nordkoreaner würden befragt werden, um mehr über ihren Einsatz im Namen Putins zu erfahren. Journalisten sollen Zugang zu ihnen erhalten, denn: „Die Welt muss die Wahrheit darüber erfahren, was passiert.“

Zugleich erwähnte Selenskyj auch, wie schwierig es sei, nordkoreanische Soldaten zu fassen. „Russische Streitkräfte und nordkoreanisches Militärpersonal exekutieren normalerweise ihre Verwundeten, um jegliche Beweise für Nordkoreas Beteiligung am Krieg gegen die Ukraine auszulöschen“, betonte der 46-Jährige.

Nordkorea – Kim Jong-uns abgeschottete Diktatur

Menschen an der Grenze zwischen Nord- und Südkorea
Nordkorea ist das wohl geheimnisvollste Land der Erde: eine totalitäre Diktatur, in der der Einzelne nichts zählt, ohne Freiheiten und Menschenrechte, abgeschottet vom Rest der Welt. Schätzungsweise 26 Millionen Menschen leben in dem Land, das im Norden an China und Russland grenzt und im Süden an das freiheitliche, demokratische Südkorea. Nordkoreas Grenzen sind für die meisten Menschen unüberwindbar – kaum einer kommt rein, noch weniger Menschen kommen raus.  © Ed Jones/afp
Die Skyline von Pjöngjang
Hauptstadt sowie kulturelles und wirtschaftliches Zentrum des Landes ist Pjöngjang. Rund drei Millionen Menschen leben in der nordkoreanischen Metropole, die so anders ist als die anderen Mega-Städte Asiens. Pjöngjang ist grau, geprägt von Hochhäusern, gesichtslosen Wohnblöcken und gigantischen Monumenten, die der herrschenden Kim-Familie huldigen sollen. Wer in der Hauptstadt leben darf, ist privilegiert: Hier ist die Stromversorgung besser als auf dem Land, die Regale der Geschäfte sind voller, es gibt Freizeitparks, Kinos, Theater. © Olaf Schuelke/Imago
Kim Jong-un auf einem Pferd
Beherrscht wird Nordkorea seit 2011 von Kim Jong-un, einem Diktator, der skrupellos vor allem ein Ziel verfolgt: den eigenen Machterhalt und den seiner Sippe. Nordkorea ist das einzige kommunistische Land der Welt mit einer Erb-Monarchie, in der die politische Macht vom Vater auf den Sohn übergeht. Die sogenannte „Paektu-Blutlinie“ kontrolliert das Land seit dessen Gründung im Jahr 1948. Die Macht der Kims ist unanfechtbar, Aufstände gab es nie, dafür sorgt die lückenlose Überwachung und Kontrolle der gesamten Gesellschaft. © KCNA via KNS/afp
Sowjetische Soldaten in Pjöngjang
Korea war über Jahrhunderte ein geeintes Land. Die Geschichte der Teilung beginnt erst im 20. Jahrhundert: Von 1910 bis 1945 ist Korea eine japanische Kolonie, nach der Niederlage der Japaner besetzen sowjetische Truppen den Norden des Landes, der Süden wird von amerikanischen Truppen besetzt. Weil Verhandlungen über eine Vereinigung der beiden Landesteile scheitern, gründen sich 1948 auf der koreanischen Halbinsel zwei Staaten. © Jacob Gudkov/Imago
Szene des Koreakriegs
Zwei Jahre später dann die Tragödie: Der Korea-Krieg bricht aus. Kim Il-sung, Machthaber im Norden, schickt seine Truppen in den Südteil des Landes, um Korea mit Gewalt zu vereinen. Wenige Wochen später greifen die UN-Truppen unter Führung der USA den Norden an, stoßen bis an die chinesische Grenze vor. Das beunruhigt Peking – das nun auf der Seite von Nordkorea in den Krieg eingreift. 1953 wird ein Waffenstillstand verhandelt, das Land bleibt entlang des 38. Breitengrades geteilt. Ein Friedensvertrag wurde bis heute nicht unterzeichnet. © Imago
Familie Kim
Kim Il-sung, der Gründer und erste Präsident Nordkoreas, ist ein Machthaber von Stalins Gnaden. Geboren 1912, ist er als junger Mann im Widerstand gegen die japanische Besatzungsmacht aktiv. 1940 geht er ins Exil in die Sowjetunion, wo er schließlich zum späteren Machthaber Nordkoreas aufgebaut wird. Ab 1948 etabliert Kim einen auf ihn zugeschnittenen Personenkult. Mit brutalen Säuberungsaktionen entledigt er sich seiner Gegner. Politisch pendelt sein Land zwischen China und der Sowjetunion, vor allem, nachdem sich die beiden kommunistischen Führungsmächte ab Ende der 50er-Jahre zunehmend voneinander entfremden. © Imago
Kim Il-sung und Kim Jong-il
Schon in den 1970ern beginnt Kim Il-sung, seinen Sohn Jong-il zu seinem Nachfolger aufzubauen. Als er 1994 stirbt, übergibt er Kim Jong-il ein verarmtes Land. Mit dem Untergang der Sowjetunion wenige Jahre zuvor hat Nordkorea seinen wichtigsten und engsten Partner verloren, es stürzt in eine wirtschaftliche Krise, auf die eine fatale Hungersnot folgt. Hunderttausende Menschen verhungern. Unter Kim Jong-il, der 1941 oder 1942 geboren wurde, verschlechtern sich die Beziehungen zwischen Nordkorea und dem Rest der Welt, das Land schottet sich immer mehr ab. Vor allem die USA sowie Südkorea – das sich seit den 80ern zur Demokratie gewandelt hat – werden zu Feindbildern. © KCNA via KNS/afp
Fernsehbilder vom ersten nordkoreanischen Atomtest 2006
Unter Kim Jong-il beginnt die beispiellose Aufrüstung des bettelarmen Landes. Wichtigstes Ziel Kims ist es, Nordkorea zur Atommacht zu machen. 2006 gelingt ihm das, Nordkorea testet erstmals eine Atombombe. Die Welt ist geschockt, die Vereinten Nationen erlassen Strafmaßnahmen, denen insgesamt neun weitere Sanktionsrunden folgen. Heute ist Nordkorea eine Atommacht, die wohl Dutzende Sprengkörper besitzt. © Jung Yeon-Je/afp
Kim Jong-un beobachtet einen Raketentest
Zudem testet das Land regelmäßig ballistische Raketen, auf denen die nuklearen Sprengköpfe montiert werden können. So kann das Regime mit seinen Atomwaffen sogar die USA erreichen – zumindest in der Theorie, denn noch ist unklar, wie leistungsfähig die Raketen tatsächlich sind. © KCNA via KNS/afp
Donald Trump und Kim Jong-un an der Grenze zwischen Nord- und Südkorea
Kim Jong-il stirbt 2011. Ihm folgt einer seiner Söhne nach: Kim Jong-un. Der treibt das Raketen- und Nuklearprogramm seines Vaters weiter voran. Als Hauptfeinde hat er Südkorea und die USA ausgemacht, die sein Regime regelmäßig mit drastischen Beleidigungen überzieht. Unter US-Präsident Donald Trump sieht es für einen kurzen Moment so aus, als könnten sich die Spannungen zwischen Nordkorea und dem Westen abkühlen – dreimal treffen sich Kim und Trump, auch Südkoreas damaliger Präsident kommt mit Kim zu einem Gipfeltreffen zusammen. © Brendan Smialowski/afp
Passanten in Pjöngjang währen der Corona-Pandemie
Doch die diplomatischen Initiativen scheitern 2019. Ein Jahr später sucht die Corona-Pandemie die Welt heim. Auch Nordkorea schließt seine Grenzen – und schottet sich gegen das Virus so hermetisch ab wie kein anderer Staat weltweit. Trotzdem meldet das Regime im Mai 2022 erste Corona-Fälle. Auch nach dem Ende der Pandemie bleibt Nordkorea ein international isoliertes Land. © Imago
Putin und Kim in Russland
Enge Beziehungen unterhält das Regime in Pjöngjang heute vor allem zu seinen beiden nördlichen Nachbarn China und Russland. Zu Wladimir Putin pflegt Kim ein besonders gutes Verhältnis, denn Russlands Präsident benötigt Nordkoreas Unterstützung für seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine – als Lieferant von Waffen und Munition. Im Herbst 2023 treffen Putin und Kim in Russlands Fernem Osten zusammen, es ist Kims erste Auslandsreise seit der Pandemie. © KCNA via KNS/afp
Kim Jong-un und seine Tochter Ju-ae
Kim Jong-un wurde 1982, 1983 oder 1984 geboren, hat also möglicherweise noch viele Jahre vor sich. Nordkoreas Diktator ist allerdings bei schlechter Gesundheit. Er gilt als Kettenraucher und Alkoholiker und ist sichtbar übergewichtig. Was, wenn er stirbt? Experten glauben, dass Kim seine Tochter Ju-ae zu seiner Nachfolgerin aufbauen will. Seit November 2022 zeigen Staatsmedien das Mädchen, das wohl 2012 oder 2013 zur Welt gekommen ist, regelmäßig an der Seite ihres mächtigen Vaters. © KCNA via KNS/afp
Kim Yo-jong
Aber auch Kims Schwester Kim Yo-jong gilt als mögliche Erbin auf den Thron. Die Macht, die die Kims seit bald 80 Jahren innehaben, dürften sie jedenfalls so schnell nicht aus der Hand geben. © Jorge Silva/afp

Tote und Verwundete unter Nordkorea-Soldaten: „Stürmen über die Leichen hinweg“

Wolodymyr Demtschenko, ein ukrainischer Filmemacher und Soldat, gab auf X ebenfalls zu bedenken, dass die nordkoreanischen Soldaten „total abgehärtete Typen“ seien, die „im Falle einer Verwundung einem Muster folgen: zieh den Stift, halte dir die Granate an den Kopf und gute Nacht“. Ihr Leben ist folglich weniger Wert als die Geheimhaltung der Mission.

Wer nicht dazu fähig sei, sich auf diese Weise vom Leben zu verabschieden, werde „von den eigenen Kräften beseitigt. 100 Prozent. Sie kümmern sich nicht um die Verwundeten und Toten – sie stürmen einfach voran und steigen über die Leichen ihrer Kameraden hinweg.“

Er erwähnt allerdings auch, dass die nordkoreanischen Soldaten gut trainiert seien – insbesondere die Treffsicherheit hebt Demtschenko hervor. Zudem seien sie sehr widerstandsfähig. Drohnen würden ausgeschaltet, indem sich ein Nordkoreaner als Köder hergebe und zwei seiner Kameraden das Objekt ins Visier nehmen würden.

Der Machthaber und seine Truppe: Diese nichtdatierte Aufnahme soll Kim Jong-un während einer Übung im Kreis seiner Soldaten zeigen.

Nordkoreas Verluste im Ukraine-Krieg: „Ihr Leben der Zerstörung des Westens gewidmet“

Es sei unklar, wie groß die Verluste unter den Soldaten aus Nordkorea seien. Ebenso, inwiefern sie Verstärkung erhalten. „Aber sie haben ihr ganzes Leben einer Sache gewidmet: den Westen zu zerstören! Veteranen dieses Krieges werden bald nach Hause zurückkehren, um ihre gesammelten Erfahrungen weiterzugeben“, warnt Demtschenko.

Seiner Meinung nach würden die Nato-Ausbilder den ukrainischen Rekruten unrealistische Kampfstrategien beibringen. Vielmehr sei es an der Zeit, dass die Ukrainer ihre Erfahrungen aus dem Krieg gegen Russland und Kims Soldaten mit den Verbündeten der Nato teilen.

„Hört auf, jenen Experten zuzuhören, die euch mit ‚guten‘ Nachrichten trösten“, schreibt er: „Vor Monaten haben sie gesagt: Koreaner würden in der ersten Woche zerstört werden, weil sie nicht wissen, wie man kämpft. Sie wissen das! Und es gibt Millionen von ihnen. Leider sind wir diejenigen, die nicht wissen, wie moderne Kriegsführung funktioniert.“

Seine Botschaft ist unmissverständlich: Auch wenn die Nordkoreaner offenbar bereits einen heftigen Blutzoll zu beklagen haben, sollte sie niemand unterschätzen. Sie haben ihre Rolle im Ukraine-Krieg augenscheinlich gefunden. Womöglich genau jene, die Putin ihnen zugedacht hat. (mg)

Rubriklistenbild: © Twitter/@ZelenskyyUa

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