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Vermeintliche Wiederaufbauhilfe
Allianz mit Russland: Nordkorea schickt laut Bericht Soldaten in die Ukraine
Jüngst schlossen Putin und Kim Jong-un ein Verteidigungsabkommen. Schon im Juli will der nordkoreanische Machthaber angeblich Pioniere in die Ukraine schicken.
Moskau/Pjöngjang – Nachdem Wladimir Putin und Kim Jong-un am 19. Juni ein neues Verteidigungsabkommen unterzeichnet hatten, könnte Militärhilfe aus Nordkorea für den Ukraine-Krieg schneller als gedacht ankommen. Schon im Juli sollen die ersten Armee-Pioniere in der russisch-kontrollierten Volksrepublik Donezk eintreffen, berichtet der südkoreanische Nachrichtensender TV Chosun unter Berufung auf Regierungsquellen.
Artikel 4 des Abkommens, das Kreml-Herrscher Putin mit seinem asiatischen Autokraten-Freund schloss, verpflichte der staatlich-nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA zufolge im Kriegsfall beide Parteien dazu, alle verfügbaren Mittel einzusetzen, um militärische und andere Unterstützung zu leisten. Ein südkoreanischer Regierungsbeamter sagte TV Chosun zur Zielsetzung der angeblich bevorstehenden Entsendung: „Der Zweck besteht darin, die durch die Schlacht zerstörte Stadt [Donezk, Red.] wieder aufzubauen.“
Nordkorea soll Soldaten in die russisch-besetzte Ostukraine entsenden
Bereits kurz nachdem Nordkorea im Juli 2022 die Unabhängigkeit der Volksrepublik Donezk anerkannt hatte, führte sein Botschafter in Russland offizielle Gespräche mit Repräsentanten der Donbass-Separatisten. Er tat die grundsätzliche Bereitschaft seines Landes kund, Arbeiter für den Wiederaufbau in die besetzte Ost-Ukraine zu entsenden. Der Unterschied: Es war nicht die Rede von Militärangehörigen.
Wie damals dürfte auch heute der monetäre Anreiz für Kim Jong-uns potenzielles Engagement in der Ukraine maßgeblich sein. Laut dem auf Nordkorea spezialisierten Nachrichtenportal NK News liegt das monatliche Durchschnittsgehalt in der Diktatur bei 5–10.000 nordkoreanischen Won. Das entspricht etwa fünf bis zehn Euro. Was ein Einsatz in der Ukraine verspricht, liegt weit darüber: „Soldaten der entsandten Pioniereinheiten werden ein Einkommen von etwa 800 US-Dollar pro Monat verdienen“, so ein südkoreanischer Regierungsbeamter gegenüber TV Chosun.
Von dem für nordkoreanische Verhältnisse hohen Lohn bliebe wenig
Man könnte nun meinen, hier liege eine ähnliche Situation wie in Russland vor, wo Putin schlecht bezahlte Provinzbürger aus Krasnojarsk oder Dagestan mit vergleichsweise fürstlichen Militär-Gehältern an die Front in der Ukraine lockt. Die für nordkoreanische Verhältnisse exorbitant hohen Pionier-Löhne dürften den Soldaten allerdings nicht bleiben, sondern vom Staat einkassiert werden.
Das ist eine altbekannte Praxis, denn „aus nordkoreanischer Sicht ist es auch eine Möglichkeit, Devisen zu verdienen“, sagte der Regierungsbeamte aus Südkorea weiter. Devisen sind Geldreserven in Fremdwährungen, deren Umfang mit als Indiz für die Wirtschaftskraft eines Landes dient. Außerdem, und das dürfte wichtiger für Kim sein, lassen sich damit ausländische Importwaren bezahlen.
Kim Jong-un exportiert Arbeitskräfte und Soldaten, um Devisen zu erhalten
Üblicherweise erhält Nordkorea Devisen im Gegenzug für Waren, die es exportiert. Nach Angaben der deutschen Außenwirtschaftsagentur (GTAI) war China zwischen 2016 und 2022 sein mit Abstand größter Handelspartner und Devisenlieferant. Da umfangreiche Sanktionen es währenddessen vielen Staaten der westlichen Welt verbieten, mit der Diktatur zu handeln, entsendet Diktator Kim Bürger seines Landes ins Ausland, um dort zu arbeiten – und das Gros ihres Lohns als Devisen einzustreichen.
Solche Import-Arbeitskräfte waren in der Vergangenheit unter anderem in Tschechien und Polen im Einsatz, bis ein neues Sanktionsregime 2017 die UN-Mitgliedsländer dazu verpflichtete, alle nordkoreanischen Arbeiter auf ihrem Boden auszuweisen. In China gab es hingegen erst im vergangenen Januar bei gewaltsamen Protesten nordkoreanischer Arbeiter einen Toten und drei Schwerverletzte. Anlass soll neben schlechten Arbeitsbedingungen die Praxis gewesen sein, ihre Gehälter ohne ihr Wissen direkt an Kims Partei in Pjöngjang weiterzuleiten.
Einblicke ins Reich von Kim Jong-un: Alltag in Nordkorea
UN-Sicherheitsrat: 100.000 Nordkoreaner arbeiten im Ausland für Kim
Nach einer Schätzung des dem UN-Sicherheitsrat beigeordneten Expertenrates arbeiteten 2023 etwa 100.000 Nordkoreaner in 40 Staaten und brachten dem Regime ungefähr 500 Millionen US-Dollar ein. Radio Free Asia berichtete unter Berufung auf anonyme Quellen, dass es in Russland und China jeweils bereits Zehntausende Arbeiter aus Nordkorea gebe.
Die mutmaßliche Entsendung von Armee-Pionieren in die russisch-kontrollierte Separatistenrepublik Donezk stellt die neueste Entwicklungsstufe dieses Geschäftsmodells dar. Getarnt als zivil-wirtschaftliche Arbeiter sollen nordkoreanische Pioniere schon lange im Ausland gearbeitet haben, zum Beispiel in Qatar bei der Errichtung der Gebäude für die Fußballweltmeisterschaft 2022. Das jüngste Verteidigungsabkommen mit Putin gibt Kim nun die Gelegenheit, offen zu handhaben, was er sowieso tut.
Entgegen der Berichte über eine Entsendung nordkoreanischer Truppen in die Ukraine betont das gemeinnützige Forschungsinstitut „Institute for the Study of War“ (ISW) jedoch: „Es gibt derzeit keine Beweise, die die jüngsten Berichte stützen, dass Nordkorea technische Kräfte in besetzte ukrainische Gebiete entsenden könnte.“ Das Institut habe bislang keine Bestätigung von Nordkorea für die Behauptungen finden können.